Warum das eigene Quartier so wichtig für das Älterwerden ist
„Der Großteil der Aktivitäten, die ältere Menschen außer Haus unternehmen, findet im eigenen Stadtteil statt. Dabei ist das eigene Quartier im hohen Alter nicht nur wichtig für die Selbständigkeit, sondern auch für die Teilhabe am Leben, den sozialen Austausch und das eigene Wohlbefinden“, so fasst Prof. Dr. Frank Oswald, Alternsforscher an der Goethe-Universität ein wichtiges Ergebnis einer umfangreichen Feldstudie in drei Frankfurter Stadtteilen zusammen. Details seiner Untersuchung präsentierte Oswald heute gemeinsam mit der BHF-BANK-Stiftung, die nicht nur seine Professur für Interdisziplinäre Alternswissenschaft finanziert, sondern auch diese Studie.
Das Thema Wohnen im Alter ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen und bewegt in Frankfurt die älter werdenden Bürger ebenso wie die Verantwortlichen in Verbänden und der Kommune, unterstrich Dietmar Schmid, Vorsitzender des Vorstands der BHF-BANK-Stiftung. Forschung zum Altern im Quartier sei wichtig für eine zukunftsorientierte Kommunalpolitik, die sich vermehrt auf die aktive Beteiligung der älteren Menschen stützen werde, betonte Oswald und fügte hinzu: „Auch unser Ansatz von Alternsforschung ist partizipativ und praxisnah ausgerichtet und bietet gute Anknüpfungspunkte für die Akteure auf diesem Feld.“ Von April 2010 bis September 2012 haben die Forscher in den Stadtteilen Bockenheim, Schwanheim und Nordweststadt fast 600 Frauen und Männer im Alter von 70 bis 89 Jahren „vis-a-vis“ zu ihrer Lebens- und Wohnsituation befragt und sie gebeten, in Tagebücher alle Aktivitäten außer Haus zu notieren. „Die Stadtteile sind so gewählt, dass sich die Erkenntnisse unserer Studie auf vergleichbare Stadtteile in Frankfurt und auch auf andere Städte übertragen lassen“, konstatiert Oswald.
Was hat das interdisziplinäre Team von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern herausgefunden, wie lassen sich die Ergebnisse in konkrete Maßnahmen auf Stadtteilebene umsetzen? Dafür einige Beispiele:
Ältere Menschen sind häufig zu Fuß an zentralen Orten im Stadtteil unterwegs und das ist unabhängig davon, wie weit sie von diesen Zentren entfernt wohnen. Die Tagebücher geben Auskunft über mehr als 10.000 Wege an über 7.000 Tagen und zeigen, dass 54 Prozent aller Wege zu Fuß zurückgelegt werden, bei den 80- bis 89-Jährigen sind es sogar 58 Prozent. Die Befragten aus Bockenheim sind am meisten zu Fuß unterwegs, am wenigsten die Schwanheimer. Insgesamt dienen 37 Prozent der Wege dem Einkaufen, 26 Prozent der Erholung, 14 Prozent der Gesundheit, 13 Prozent dem sozialen Austausch und 7 Prozent kulturellen Aktivitäten. „Daraus lässt sich ableiten, dass Einrichtungen, z.B. kleine Läden und Cafés in den Stadtteilzentren, gefahrlos, barrierefrei und zu Fuß erreichbar sein müssen. Dies ist nicht immer der Fall, besonders viele Hindernisse haben die älteren Menschen in der Nordweststadt zu überwinden“, ergänzt der Alternsforscher.
Ältere Menschen sind beständige und kritische Nutzer sowie Kenner ihres Quartiers. Sie wohnen im Durchschnitt seit über 45 Jahren im Stadtteil (am längsten in Schwanheim). Veränderungen im Stadtteil bewerten sie sehr differenziert, und keinesfalls war „früher alles nur besser“. Die Mobilitätsinfrastruktur hat sich nach Einschätzung der Befragten besonders in Bockenheim verschlechtert. Während sich in der Nordweststadt positive und negative Urteile über die Versorgungssituation die Waage halten, beklagen die Bockenheimer und Schwanheimer eher eine Verschlechterung. „Ältere Menschen wissen und beobachten sehr genau, was im Stadtteil vor sich geht und haben auch eine klare Meinung dazu. Diese Kompetenz gilt es in Zukunft besser zu nutzen, wenn es um die Weiterentwicklung in den Stadtteilen geht. Deshalb sollten älteren Menschen auch im Folgeprojekt nun aktiv in die Planung von Maßnahmen einbezogen werden“, so Oswald.
Stadtteilverbundenheit ist wichtig für das Wohlbefinden im Alter; Ältere Menschen sind Liebhaber ihres Quartiers. Die Befragungen zeigen: Sie fühlen sich mit ihrem Quartier tief verbunden und blicken optimistisch in die eigene Zukunft in ihrem Stadtteil. Die Verbundenheit ist in Schwanheim besonders eng, in der Nordweststadt enger als in Bockenheim. Die Älteren nutzen nicht nur zentrale Orte und Plätze ihres Stadtteils für Besorgungen, hier erleben sie auch Verbundenheit mit anderen Menschen und bekannten Orten. „Neu daran ist der Nachweis, dass diese Verbundenheit einen bedeutsamen Einfluss auf das eigene Wohlbefinden und auf die Erwartung hat, auch in fünf Jahren noch im Stadtteil zu wohnen – und zwar unabhängig vom Gesundheitszustand und von Barrieren in der Umwelt“, sagt der Frankfurter Alternsforscher und ergänzt: „Es kommt also nicht nur darauf an, dass Ältere sich in ihrem Stadtteil versorgt und sicher fühlen, sondern dass sie sich auch von dem Umfeld anregen lassen, sich aufgehoben und zuhause fühlen. Die Gestaltung von zentralen Wegen und Plätzen – ähnlich wie Dorfbrunnen in Südeuropa – bieten die besten Chancen, viele ältere Menschen zu erreichen.“
Wer alt ist, muss nicht einsam sein; Teilhabe am Leben im Stadtteil und sozialer Austausch sind wichtig. Mit dem Alter wächst das Einsamkeitsrisiko, insbesondere für Alleinlebende. Überraschend ist aber, dass sich hochbetagte Befragte (80 bis 89 Jahre) in Frankfurt – anders als in vielen Studien andernorts – nicht einsamer fühlen als jüngere Befragte (70 bis 79 Jahre). Wichtig ist es – so zeigt die Studie, dass sich die alten Menschen als Teil der Nachbarschaft fühlen: Es trägt zu ihrem Wohlbefinden bei, wenn sie mitbekommen, was passiert und sie sich selbst aktiv in der Nachbarschaft einbringen können. Hier unterscheiden sich die drei Stadtteile mit klaren Vorteilen für Schwanheim und die Nordweststadt. „So kann gerade im sehr hohen Alter der negative Einfluss, den die schlechte Gesundheit auf das Wohlbefinden hat, durch das Erleben von Verbundenheit und Zusammengehörigkeit abgefedert werden“, sagt Oswald.
Bei der Präsentation der Studienergebnisse unterstrich Dietmar Schmid, Vorsitzender des Vorstands der BHF-BANK-Stiftung, noch einmal das zentrale Ziel der Stiftung: „Wir möchten mit unserer Wissenschaftsförderung vor allem interdisziplinäre Forschungsansätze zum Alter stärken. Wir haben bereits von 2003 bis 2008 eine Professur für Gerontopsychiatrie an der Goethe-Universität finanziert und ab 2009 die Stiftungsprofessur für Interdisziplinäre Alternswissenschaften ermöglicht.“ Diese Professur, die Frank Oswald inne hat, vernetzt und bündelt kultur-, sozial- und lebenswissenschaftliche Forschung und soll zukünftig an der Universität noch weiter ausgebaut werden.
Informationen: Prof. Dr. Frank Oswald, Interdisziplinäre Alternswissenschaft, Fachbereich Erziehungswissenschaften, Campus Westend, Tel: (069)798-36398, oswald@em.uni-frankfurt.de
Quelle: Pressemitteilung vom 06.03.2013
Ulrike Jaspers
Marketing und Kommunikation
Goethe-Universität Frankfurt am Main
http://idw-online.de/de/news522482
Warum das eigene Quartier so wichtig für das Älterwerden ist
Moderator: WernerSchell
Alleinlebende Pflegebedürftige in Krisensituationen
Alleinlebende Pflegebedürftige in Krisensituationen häufig auf sich gestellt / Eine aktuelle Studie des ZQP verdeutlicht soziale Unterschiede in der häuslichen Pflege
Berlin (ots) - Die meisten Deutschen wollen in den eigenen vier Wänden altern und gepflegt werden. Aber die Grenzen häuslicher Pflege werden immer dann deutlich, wenn verschiedene Risikofaktoren wie beispielsweise ausgeprägte Pflegebedürftigkeit, soziale Isolation oder geringes Einkommen zusammenkommen. Davon sind alleinlebende Pflegebedürftige besonders betroffen, wie eine repräsentative Studie der Stiftung Zentrum für Qualität in der Pflege (ZQP) zeigt. Ein Forscherteam des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) untersuchte im Auftrag des ZQP insbesondere die Frage, wie Pflegebedürftige ihre Versorgung im eigenen zu Hause organisieren und welche Faktoren die Gestaltung der häuslichen Pflege maßgeblich beeinflussen. Die vorliegenden Ergebnisse gehen über die Routinedaten der aktuellen Pflegestatistik weit hinaus. Datengrundlage ist das Sozioökonomische Panel (SOEP) des DIW mit mehr als 20.000 Personen in fast 13.000 Haushalten.
"Da sich im letzten Jahrzehnt die Zahl der alleinlebenden Pflegebedürftigen verdoppelt hat, wird die Frage nach einer angemessenen Unterstützung dieser stark wachsenden Gruppe immer wichtiger. Die künftige Pflegereform muss dieser Entwicklung viel mehr Rechnung tragen", erklärt Dr. Ralf Suhr, Vorstandsvorsitzender des ZQP.
Insgesamt leben 44 Prozent der Pflegebedürftigen allein, 42 Prozent in einem Zweipersonenhaushalt und lediglich 14 Prozent in Haushalten mit mindestens drei Personen. Dabei gibt fast jeder fünfte alleinlebende Pflegebedürftige an, keine Vertrauensperson zu haben. Neben den emotionalen Konsequenzen dieser Einsamkeit, bedeutet dies auch, dass diese Personengruppe im Fall von gesundheitlichen Krisen oder bei Behördengängen niemanden hat, dem sie vertrauen und auf den sie sich wirklich verlassen kann.
Zudem verdeutlicht die ZQP-Studie, dass alleinlebende Pflegebedürftige auch finanziell am stärksten durch Pflege belastet sind. Mehr als die Hälfte muss monatlich durchschnittlich 400 Euro aufwenden, während größere Haushalte mit rund 230 Euro deutlich weniger Geld für die Pflege aufbringen müssen. Insgesamt betrachtet verwendet etwa die Hälfte aller Pflegehaushalte in Deutschland durchschnittlich 20 Prozent des Nettohaushaltseinkommens, um die Pflege zuhause organisieren zu können. Überdies bestehen bei den meisten Haushalten kaum finanzielle Reserven.Die Folge: Fast jeder fünfte Pflegebedürftige kann seinen Lebensstandard nicht aufrechterhalten und den Alltag nicht den eigenen Vorstellungen entsprechend gestalten. "Der Wunsch zuhause gepflegt zu werden, darf aber keine Frage des Geldes sein. Wir brauchen in diesem Bereich viel mehr Unterstützungsangebote, auch durch die Einbindung ehrenamtlicher Strukturen", fordert Suhr.
Wie und von wem eine Person gepflegt wird, hängt in hohem Maße von der Familie, der Haushaltskonstellation und der Qualität des informellen Netzwerkes aus Freunden, Nachbarn und weiteren Bezugspersonen ab. In der Gesamtschau werden 60 Prozent der Pflegebedürftigen ausschließlich in ihrem sozialen Umfeld gepflegt, während 10 Prozent hingegen gänzlich von professionellen Diensten versorgt werden.
Die Inanspruchnahme pflegerischer Unterstützung variiert dabei zwischen den Haushaltsgrößen deutlich: Während von den Alleinlebenden 46 Prozent ausschließlich informell gepflegt werden, trifft dies bereits auf 73 Prozent der Zweipersonenhaushalte und 88 Prozent der Haushalte mit mindestens drei Personen zu. Umgekehrt kombinieren 55 Prozent der Alleinlebenden informelle mit formeller Hilfe bzw.
verlassen sich vollständig auf formelle Pflege, während dies nur auf
27 Prozent der Zweipersonenhaushalte und 12 Prozent der Mehrpersonenhaushalte zutrifft.
Mehr zur ZQP-Studie unter http://www.zqp.de.
Quelle: Pressemitteilung vom 07.05.2014 Stiftung Zentrum für Qualität in der Pflege
Pressekontakt: Torben Lenz
Tel.: 030 275 93 95 -15
E-Mail: Torben.Lenz@zqp.de
Berlin (ots) - Die meisten Deutschen wollen in den eigenen vier Wänden altern und gepflegt werden. Aber die Grenzen häuslicher Pflege werden immer dann deutlich, wenn verschiedene Risikofaktoren wie beispielsweise ausgeprägte Pflegebedürftigkeit, soziale Isolation oder geringes Einkommen zusammenkommen. Davon sind alleinlebende Pflegebedürftige besonders betroffen, wie eine repräsentative Studie der Stiftung Zentrum für Qualität in der Pflege (ZQP) zeigt. Ein Forscherteam des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) untersuchte im Auftrag des ZQP insbesondere die Frage, wie Pflegebedürftige ihre Versorgung im eigenen zu Hause organisieren und welche Faktoren die Gestaltung der häuslichen Pflege maßgeblich beeinflussen. Die vorliegenden Ergebnisse gehen über die Routinedaten der aktuellen Pflegestatistik weit hinaus. Datengrundlage ist das Sozioökonomische Panel (SOEP) des DIW mit mehr als 20.000 Personen in fast 13.000 Haushalten.
"Da sich im letzten Jahrzehnt die Zahl der alleinlebenden Pflegebedürftigen verdoppelt hat, wird die Frage nach einer angemessenen Unterstützung dieser stark wachsenden Gruppe immer wichtiger. Die künftige Pflegereform muss dieser Entwicklung viel mehr Rechnung tragen", erklärt Dr. Ralf Suhr, Vorstandsvorsitzender des ZQP.
Insgesamt leben 44 Prozent der Pflegebedürftigen allein, 42 Prozent in einem Zweipersonenhaushalt und lediglich 14 Prozent in Haushalten mit mindestens drei Personen. Dabei gibt fast jeder fünfte alleinlebende Pflegebedürftige an, keine Vertrauensperson zu haben. Neben den emotionalen Konsequenzen dieser Einsamkeit, bedeutet dies auch, dass diese Personengruppe im Fall von gesundheitlichen Krisen oder bei Behördengängen niemanden hat, dem sie vertrauen und auf den sie sich wirklich verlassen kann.
Zudem verdeutlicht die ZQP-Studie, dass alleinlebende Pflegebedürftige auch finanziell am stärksten durch Pflege belastet sind. Mehr als die Hälfte muss monatlich durchschnittlich 400 Euro aufwenden, während größere Haushalte mit rund 230 Euro deutlich weniger Geld für die Pflege aufbringen müssen. Insgesamt betrachtet verwendet etwa die Hälfte aller Pflegehaushalte in Deutschland durchschnittlich 20 Prozent des Nettohaushaltseinkommens, um die Pflege zuhause organisieren zu können. Überdies bestehen bei den meisten Haushalten kaum finanzielle Reserven.Die Folge: Fast jeder fünfte Pflegebedürftige kann seinen Lebensstandard nicht aufrechterhalten und den Alltag nicht den eigenen Vorstellungen entsprechend gestalten. "Der Wunsch zuhause gepflegt zu werden, darf aber keine Frage des Geldes sein. Wir brauchen in diesem Bereich viel mehr Unterstützungsangebote, auch durch die Einbindung ehrenamtlicher Strukturen", fordert Suhr.
Wie und von wem eine Person gepflegt wird, hängt in hohem Maße von der Familie, der Haushaltskonstellation und der Qualität des informellen Netzwerkes aus Freunden, Nachbarn und weiteren Bezugspersonen ab. In der Gesamtschau werden 60 Prozent der Pflegebedürftigen ausschließlich in ihrem sozialen Umfeld gepflegt, während 10 Prozent hingegen gänzlich von professionellen Diensten versorgt werden.
Die Inanspruchnahme pflegerischer Unterstützung variiert dabei zwischen den Haushaltsgrößen deutlich: Während von den Alleinlebenden 46 Prozent ausschließlich informell gepflegt werden, trifft dies bereits auf 73 Prozent der Zweipersonenhaushalte und 88 Prozent der Haushalte mit mindestens drei Personen zu. Umgekehrt kombinieren 55 Prozent der Alleinlebenden informelle mit formeller Hilfe bzw.
verlassen sich vollständig auf formelle Pflege, während dies nur auf
27 Prozent der Zweipersonenhaushalte und 12 Prozent der Mehrpersonenhaushalte zutrifft.
Mehr zur ZQP-Studie unter http://www.zqp.de.
Quelle: Pressemitteilung vom 07.05.2014 Stiftung Zentrum für Qualität in der Pflege
Pressekontakt: Torben Lenz
Tel.: 030 275 93 95 -15
E-Mail: Torben.Lenz@zqp.de