Einstellung lebenserhaltender Maßnahmen - Genehmigung ...
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Einstellung lebenserhaltender Maßnahmen - Genehmigung ...
Patientenautonomie am Lebensende
Mitteilung der Pressestelle des Bundesgerichtshofes Nr. 144/2014 vom 16.10.2014
Genehmigung des Betreuungsgerichts bei Einstellung lebenserhaltender Maßnahmen
Der u.a. für Betreuungssachen zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte die Frage zu beantworten, unter welchen Voraussetzungen das Betreuungsgericht den Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen genehmigen muss.
Die 1963 geborene Betroffene erlitt im Jahr 2009 eine Gehirnblutung mit der Folge eines apallischen Syndroms im Sinne eines Wachkomas. Sie wird über eine Magensonde ernährt; eine Kontaktaufnahme mit ihr ist nicht möglich. Der Ehemann und die Tochter der Betroffenen, die zu ihren Betreuern bestellt sind, haben beim Betreuungsgericht beantragt, den Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen zu genehmigen. Hilfsweise haben sie die Feststellung beantragt, dass die Einstellung der künstlichen Ernährung nicht genehmigungsbedürftig sei. Sie stützen ihren Antrag darauf, dass sich die Betroffene vor ihrer Erkrankung gegenüber Familienangehörigen und Freunden gegen eine Inanspruchnahme von lebenserhaltenden Maßnahmen für den Fall einer schweren Krankheit ausgesprochen habe.
Das Amtsgericht hat den Antrag und den Hilfsantrag abgewiesen, das Landgericht die Beschwerde der Betreuer zurückgewiesen. Die vom Landgericht zugelassene Rechtsbeschwerde der Betreuer war erfolgreich. Sie führt zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.
Nach § 1904 Abs. 2 BGB bedarf die Nichteinwilligung oder der Widerruf der Einwilligung des Betreuers in eine Heilbehandlung oder einen ärztlichen Eingriff der Genehmigung des Betreuungsgerichts, wenn die Maßnahme medizinisch angezeigt ist und die begründete Gefahr besteht, dass der Betroffene auf Grund des Unterbleibens bzw. des Abbruchs der lebenserhaltenden Maßnahme stirbt. Eine solche betreuungsgerichtliche Genehmigung nach § 1904 Abs. 2 BGB ist jedoch dann nicht erforderlich, wenn der Betroffene einen entsprechenden eigenen Willen bereits in einer bindenden Patientenverfügung nach § 1901 a Abs. 1 BGB niedergelegt hat und diese auf die konkret eingetretene Lebens- und Behandlungssituation zutrifft. Liegt dagegen keine wirksame Patientenverfügung vor, hat der Betreuer die Behandlungswünsche oder den mutmaßlichen Willen des Betreuten festzustellen (§ 1901 a Abs. 2 BGB). Die hierauf beruhende Entscheidung des Betreuers bedarf dann nicht der betreuungsgerichtlichen Genehmigung, wenn zwischen ihm und dem behandelnden Arzt Einvernehmen darüber besteht, dass die Nichterteilung oder der Widerruf der Einwilligung dem festgestellten Willen des Betroffenen entspricht (§ 1904 Abs. 4 BGB).
In den verbleibenden Fällen, in denen eine betreuungsgerichtliche Genehmigung erforderlich ist, ist diese gemäß § 1904 Abs. 3 BGB vom Betreuungsgericht zu erteilen, wenn die Nichteinwilligung oder der Widerruf der Einwilligung dem Willen des Betroffenen entspricht. Das Betreuungsgericht hat bei dieser Prüfung nach § 1901 a Abs. 2 BGB zwischen den Behandlungswünschen einerseits und dem mutmaßlichen Willen des Betroffenen andererseits zu unterscheiden. Behandlungswünsche können etwa alle Äußerungen eines Betroffenen sein, die Festlegungen für eine konkrete Lebens- und Behandlungssituation enthalten, aber den Anforderungen an eine Patientenverfügung im Sinne des § 1901 a Abs. 1 BGB nicht genügen. Auf den mutmaßlichen Willen des Betroffenen ist nur abzustellen, wenn sich ein erklärter Wille des Betroffenen nicht feststellen lässt.
Für die Feststellung des behandlungsbezogenen Patientenwillens gelten strenge Beweismaßstäbe, die der hohen Bedeutung der betroffenen Rechtsgüter – dem Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen einerseits und dem Schutz des Lebens andererseits – Rechnung zu tragen haben. Die bei der Ermittlung und der Annahme eines Behandlungswunsches oder des mutmaßlichen Willens zu stellenden strengen Anforderungen gelten nach § 1901 a Abs. 3 BGB unabhängig davon, ob der Tod des Betroffenen unmittelbar bevorsteht oder nicht.
Auf der Grundlage dieser zum 1. September 2009 in Kraft getretenen gesetzlichen Regelungen hat der Bundesgerichtshof die angefochtene Entscheidung aufgehoben. Das Landgericht ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass hier wegen des nicht unmittelbar bevorstehenden Todes der Betroffenen noch strengere Beweisanforderungen für die Feststellung des mutmaßlichen Patientenwillens gelten, als in anderen Fällen. Bei seiner erneuten Prüfung wird das Landgericht etwaige geäußerte Behandlungswünsche der Betroffenen unter Anlegung des zutreffenden Prüfungsmaßstabs neu zu ermitteln haben.
Die maßgeblichen Normen lauten wie folgt:
§ 1901 a BGB Patientenverfügung
(1) Hat ein einwilligungsfähiger Volljähriger für den Fall seiner Einwilligungsunfähigkeit schriftlich festgelegt, ob er in bestimmte, zum Zeitpunkt der Festlegung noch nicht unmittelbar bevorstehende Untersuchungen seines Gesundheitszustands, Heilbehandlungen oder ärztliche Eingriffe einwilligt oder sie untersagt (Patientenverfügung), prüft der Betreuer, ob diese Festlegungen auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation zutreffen. Ist dies der Fall, hat der Betreuer dem Willen des Betreuten Ausdruck und Geltung zu verschaffen. Eine Patientenverfügung kann jederzeit formlos widerrufen werden.
(2) Liegt keine Patientenverfügung vor oder treffen die Festlegungen einer Patientenverfügung nicht auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation zu, hat der Betreuer die Behandlungswünsche oder den mutmaßlichen Willen des Betreuten festzustellen und auf dieser Grundlage zu entscheiden, ob er in eine ärztliche Maßnahme nach Absatz 1 einwilligt oder sie untersagt. Der mutmaßliche Wille ist aufgrund konkreter Anhaltspunkte zu ermitteln. Zu berücksichtigen sind insbesondere frühere mündliche oder schriftliche Äußerungen, ethische oder religiöse Überzeugungen und sonstige persönliche Wertvorstellungen des Betreuten.
(3) Die Absätze 1 und 2 gelten unabhängig von Art und Stadium einer Erkrankung des Betreuten.
(4) Niemand kann zur Errichtung einer Patientenverfügung verpflichtet werden. Die Errichtung oder Vorlage einer Patientenverfügung darf nicht zur Bedingung eines Vertragsschlusses gemacht werden.
(5) Die Absätze 1 bis 3 gelten für Bevollmächtigte entsprechend.
§ 1901 b Gespräch zur Feststellung des Patientenwillens
1) Der behandelnde Arzt prüft, welche ärztliche Maßnahme im Hinblick auf den Gesamtzustand und die Prognose des Patienten indiziert ist. Er und der Betreuer erörtern diese Maßnahme unter Berücksichtigung des Patientenwillens als Grundlage für die nach § 1901a zu treffende Entscheidung.
(2) Bei der Feststellung des Patientenwillens nach § 1901a Absatz 1 oder der Behandlungswünsche oder des mutmaßlichen Willens nach § 1901a Absatz 2 soll nahen Angehörigen und sonstigen Vertrauenspersonen des Betreuten Gelegenheit zur Äußerung gegeben werden, sofern dies ohne erhebliche Verzögerung möglich ist.
(3) Die Absätze 1 und 2 gelten für Bevollmächtigte entsprechend.
§ 1904 BGB Genehmigung des Betreuungsgerichts bei ärztlichen Maßnahmen
(1) Die Einwilligung des Betreuers in eine Untersuchung des Gesundheitszustands, eine Heilbehandlung oder einen ärztlichen Eingriff bedarf der Genehmigung des Betreuungsgerichts, wenn die begründete Gefahr besteht, dass der Betreute auf Grund der Maßnahme stirbt oder einen schweren und länger dauernden gesundheitlichen Schaden erleidet. Ohne die Genehmigung darf die Maßnahme nur durchgeführt werden, wenn mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist.
(2) Die Nichteinwilligung oder der Widerruf der Einwilligung des Betreuers in eine Untersuchung des Gesundheitszustands, eine Heilbehandlung oder einen ärztlichen Eingriff bedarf der Genehmigung des Betreuungsgerichts, wenn die Maßnahme medizinisch angezeigt ist und die begründete Gefahr besteht, dass der Betreute auf Grund des Unterbleibens oder des Abbruchs der Maßnahme stirbt oder einen schweren und länger dauernden gesundheitlichen Schaden erleidet.
(3) Die Genehmigung nach den Absätzen 1 und 2 ist zu erteilen, wenn die Einwilligung, die Nichteinwilligung oder der Widerruf der Einwilligung dem Willen des Betreuten entspricht.
(4) Eine Genehmigung nach den Absätzen 1 und 2 ist nicht erforderlich, wenn zwischen Betreuer und behandelndem Arzt Einvernehmen darüber besteht, dass die Erteilung, die Nichterteilung oder der Widerruf der Einwilligung dem nach § 1901a festgestellten Willen des Betreuten entspricht.
(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten auch für einen Bevollmächtigten. Er kann in eine der in Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 2 genannten Maßnahmen nur einwilligen, nicht einwilligen oder die Einwilligung widerrufen, wenn die Vollmacht diese Maßnahmen ausdrücklich umfasst und schriftlich erteilt ist.
Beschluss des Bundesgerichtshofes vom 17. September 2014 – XII ZB 202/13
AG Stollberg - 1 XVII 280/09 – Beschluss vom 22. März 2012
LG Chemnitz – 3 T 205/12 – Beschluss vom 11. März 2013
Karlsruhe, den 16. Oktober 2014
Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501
+++
Beschlusstext unter >>> http://openjur.de/u/740963.html - Die Leitsätze:
a) Der Abbruch einer lebenserhaltenden Maßnahme bedarf dann nicht der betreuungsgerichtlichen Genehmigung nach § 1904 Abs. 2 BGB, wenn der Betroffene einen entsprechenden eigenen Willen bereits in einer wirksamen Patientenverfügung (§ 1901 a Abs. 1 BGB) niedergelegt hat und diese auf die konkret eingetretene Lebens- und Behandlungssituation zutrifft. Im Übrigen differenziert § 1901 a Abs. 2 Satz 1 BGB zwischen den Behandlungswünschen einerseits und dem mutmaßlichen Willen des Betroffenen andererseits.
b) Das Vorliegen einer Grunderkrankung mit einem "irreversibel tödlichen Verlauf" ist nicht Voraussetzung für den zulässigen Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen. Für die Verbindlichkeit des tatsächlichen oder mutmaßlichen Willens eines aktuell einwilligungsunfähigen Betroffenen kommt es nicht auf die Art und das Stadium der Erkrankung an (§ 1901 a Abs. 3 BGB).
c) Für die Feststellung des behandlungsbezogenen Patientenwillens gelten strenge Beweismaßstäbe, die der hohen Bedeutung der betroffenen Rechtsgüter Rechnung zu tragen haben. Dabei ist nicht danach zu differenzieren, ob der Tod des Betroffenen unmittelbar bevorsteht oder nicht (Abgrenzung zu Senatsbeschluss BGHZ 154, 205 = FamRZ 2003, 748).
Weitere Hinweise unter >>> BGH prüft mutmaßlichen Sterbewunsch einer Komapatientin
https://beck-aktuell.beck.de/news/bgh-p ... apatientin
+++
Das Thema "Einstellung lebenserhaltender Maßnahmen" wird sicherlich auch beim Pflegetreff am 22.10.2014
in Neuss-Erfttal anzusprechen sein..
Dann geht es nämlich um die Themen:
Schwere Krankheit - Sterben - Tod - Welche Möglichkeiten der Hilfe und Unterstützung gibt es?
Welche Art des Beistandes macht Sinn? Welche Entscheidungen kann ich für Krisensituationen
vorbereiten (vorsorgliche Verfügungen)? Welche Möglichkeiten der Sterbehilfe bestehen? Sind
Verfügungen möglich, die bestimmte Therapien ausschließen (künstliche Beatmung, künstliche
Ernährung)?...
Näheres dazu >>> viewtopic.php?f=7&t=20451
Mitteilung der Pressestelle des Bundesgerichtshofes Nr. 144/2014 vom 16.10.2014
Genehmigung des Betreuungsgerichts bei Einstellung lebenserhaltender Maßnahmen
Der u.a. für Betreuungssachen zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte die Frage zu beantworten, unter welchen Voraussetzungen das Betreuungsgericht den Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen genehmigen muss.
Die 1963 geborene Betroffene erlitt im Jahr 2009 eine Gehirnblutung mit der Folge eines apallischen Syndroms im Sinne eines Wachkomas. Sie wird über eine Magensonde ernährt; eine Kontaktaufnahme mit ihr ist nicht möglich. Der Ehemann und die Tochter der Betroffenen, die zu ihren Betreuern bestellt sind, haben beim Betreuungsgericht beantragt, den Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen zu genehmigen. Hilfsweise haben sie die Feststellung beantragt, dass die Einstellung der künstlichen Ernährung nicht genehmigungsbedürftig sei. Sie stützen ihren Antrag darauf, dass sich die Betroffene vor ihrer Erkrankung gegenüber Familienangehörigen und Freunden gegen eine Inanspruchnahme von lebenserhaltenden Maßnahmen für den Fall einer schweren Krankheit ausgesprochen habe.
Das Amtsgericht hat den Antrag und den Hilfsantrag abgewiesen, das Landgericht die Beschwerde der Betreuer zurückgewiesen. Die vom Landgericht zugelassene Rechtsbeschwerde der Betreuer war erfolgreich. Sie führt zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.
Nach § 1904 Abs. 2 BGB bedarf die Nichteinwilligung oder der Widerruf der Einwilligung des Betreuers in eine Heilbehandlung oder einen ärztlichen Eingriff der Genehmigung des Betreuungsgerichts, wenn die Maßnahme medizinisch angezeigt ist und die begründete Gefahr besteht, dass der Betroffene auf Grund des Unterbleibens bzw. des Abbruchs der lebenserhaltenden Maßnahme stirbt. Eine solche betreuungsgerichtliche Genehmigung nach § 1904 Abs. 2 BGB ist jedoch dann nicht erforderlich, wenn der Betroffene einen entsprechenden eigenen Willen bereits in einer bindenden Patientenverfügung nach § 1901 a Abs. 1 BGB niedergelegt hat und diese auf die konkret eingetretene Lebens- und Behandlungssituation zutrifft. Liegt dagegen keine wirksame Patientenverfügung vor, hat der Betreuer die Behandlungswünsche oder den mutmaßlichen Willen des Betreuten festzustellen (§ 1901 a Abs. 2 BGB). Die hierauf beruhende Entscheidung des Betreuers bedarf dann nicht der betreuungsgerichtlichen Genehmigung, wenn zwischen ihm und dem behandelnden Arzt Einvernehmen darüber besteht, dass die Nichterteilung oder der Widerruf der Einwilligung dem festgestellten Willen des Betroffenen entspricht (§ 1904 Abs. 4 BGB).
In den verbleibenden Fällen, in denen eine betreuungsgerichtliche Genehmigung erforderlich ist, ist diese gemäß § 1904 Abs. 3 BGB vom Betreuungsgericht zu erteilen, wenn die Nichteinwilligung oder der Widerruf der Einwilligung dem Willen des Betroffenen entspricht. Das Betreuungsgericht hat bei dieser Prüfung nach § 1901 a Abs. 2 BGB zwischen den Behandlungswünschen einerseits und dem mutmaßlichen Willen des Betroffenen andererseits zu unterscheiden. Behandlungswünsche können etwa alle Äußerungen eines Betroffenen sein, die Festlegungen für eine konkrete Lebens- und Behandlungssituation enthalten, aber den Anforderungen an eine Patientenverfügung im Sinne des § 1901 a Abs. 1 BGB nicht genügen. Auf den mutmaßlichen Willen des Betroffenen ist nur abzustellen, wenn sich ein erklärter Wille des Betroffenen nicht feststellen lässt.
Für die Feststellung des behandlungsbezogenen Patientenwillens gelten strenge Beweismaßstäbe, die der hohen Bedeutung der betroffenen Rechtsgüter – dem Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen einerseits und dem Schutz des Lebens andererseits – Rechnung zu tragen haben. Die bei der Ermittlung und der Annahme eines Behandlungswunsches oder des mutmaßlichen Willens zu stellenden strengen Anforderungen gelten nach § 1901 a Abs. 3 BGB unabhängig davon, ob der Tod des Betroffenen unmittelbar bevorsteht oder nicht.
Auf der Grundlage dieser zum 1. September 2009 in Kraft getretenen gesetzlichen Regelungen hat der Bundesgerichtshof die angefochtene Entscheidung aufgehoben. Das Landgericht ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass hier wegen des nicht unmittelbar bevorstehenden Todes der Betroffenen noch strengere Beweisanforderungen für die Feststellung des mutmaßlichen Patientenwillens gelten, als in anderen Fällen. Bei seiner erneuten Prüfung wird das Landgericht etwaige geäußerte Behandlungswünsche der Betroffenen unter Anlegung des zutreffenden Prüfungsmaßstabs neu zu ermitteln haben.
Die maßgeblichen Normen lauten wie folgt:
§ 1901 a BGB Patientenverfügung
(1) Hat ein einwilligungsfähiger Volljähriger für den Fall seiner Einwilligungsunfähigkeit schriftlich festgelegt, ob er in bestimmte, zum Zeitpunkt der Festlegung noch nicht unmittelbar bevorstehende Untersuchungen seines Gesundheitszustands, Heilbehandlungen oder ärztliche Eingriffe einwilligt oder sie untersagt (Patientenverfügung), prüft der Betreuer, ob diese Festlegungen auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation zutreffen. Ist dies der Fall, hat der Betreuer dem Willen des Betreuten Ausdruck und Geltung zu verschaffen. Eine Patientenverfügung kann jederzeit formlos widerrufen werden.
(2) Liegt keine Patientenverfügung vor oder treffen die Festlegungen einer Patientenverfügung nicht auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation zu, hat der Betreuer die Behandlungswünsche oder den mutmaßlichen Willen des Betreuten festzustellen und auf dieser Grundlage zu entscheiden, ob er in eine ärztliche Maßnahme nach Absatz 1 einwilligt oder sie untersagt. Der mutmaßliche Wille ist aufgrund konkreter Anhaltspunkte zu ermitteln. Zu berücksichtigen sind insbesondere frühere mündliche oder schriftliche Äußerungen, ethische oder religiöse Überzeugungen und sonstige persönliche Wertvorstellungen des Betreuten.
(3) Die Absätze 1 und 2 gelten unabhängig von Art und Stadium einer Erkrankung des Betreuten.
(4) Niemand kann zur Errichtung einer Patientenverfügung verpflichtet werden. Die Errichtung oder Vorlage einer Patientenverfügung darf nicht zur Bedingung eines Vertragsschlusses gemacht werden.
(5) Die Absätze 1 bis 3 gelten für Bevollmächtigte entsprechend.
§ 1901 b Gespräch zur Feststellung des Patientenwillens
1) Der behandelnde Arzt prüft, welche ärztliche Maßnahme im Hinblick auf den Gesamtzustand und die Prognose des Patienten indiziert ist. Er und der Betreuer erörtern diese Maßnahme unter Berücksichtigung des Patientenwillens als Grundlage für die nach § 1901a zu treffende Entscheidung.
(2) Bei der Feststellung des Patientenwillens nach § 1901a Absatz 1 oder der Behandlungswünsche oder des mutmaßlichen Willens nach § 1901a Absatz 2 soll nahen Angehörigen und sonstigen Vertrauenspersonen des Betreuten Gelegenheit zur Äußerung gegeben werden, sofern dies ohne erhebliche Verzögerung möglich ist.
(3) Die Absätze 1 und 2 gelten für Bevollmächtigte entsprechend.
§ 1904 BGB Genehmigung des Betreuungsgerichts bei ärztlichen Maßnahmen
(1) Die Einwilligung des Betreuers in eine Untersuchung des Gesundheitszustands, eine Heilbehandlung oder einen ärztlichen Eingriff bedarf der Genehmigung des Betreuungsgerichts, wenn die begründete Gefahr besteht, dass der Betreute auf Grund der Maßnahme stirbt oder einen schweren und länger dauernden gesundheitlichen Schaden erleidet. Ohne die Genehmigung darf die Maßnahme nur durchgeführt werden, wenn mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist.
(2) Die Nichteinwilligung oder der Widerruf der Einwilligung des Betreuers in eine Untersuchung des Gesundheitszustands, eine Heilbehandlung oder einen ärztlichen Eingriff bedarf der Genehmigung des Betreuungsgerichts, wenn die Maßnahme medizinisch angezeigt ist und die begründete Gefahr besteht, dass der Betreute auf Grund des Unterbleibens oder des Abbruchs der Maßnahme stirbt oder einen schweren und länger dauernden gesundheitlichen Schaden erleidet.
(3) Die Genehmigung nach den Absätzen 1 und 2 ist zu erteilen, wenn die Einwilligung, die Nichteinwilligung oder der Widerruf der Einwilligung dem Willen des Betreuten entspricht.
(4) Eine Genehmigung nach den Absätzen 1 und 2 ist nicht erforderlich, wenn zwischen Betreuer und behandelndem Arzt Einvernehmen darüber besteht, dass die Erteilung, die Nichterteilung oder der Widerruf der Einwilligung dem nach § 1901a festgestellten Willen des Betreuten entspricht.
(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten auch für einen Bevollmächtigten. Er kann in eine der in Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 2 genannten Maßnahmen nur einwilligen, nicht einwilligen oder die Einwilligung widerrufen, wenn die Vollmacht diese Maßnahmen ausdrücklich umfasst und schriftlich erteilt ist.
Beschluss des Bundesgerichtshofes vom 17. September 2014 – XII ZB 202/13
AG Stollberg - 1 XVII 280/09 – Beschluss vom 22. März 2012
LG Chemnitz – 3 T 205/12 – Beschluss vom 11. März 2013
Karlsruhe, den 16. Oktober 2014
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Beschlusstext unter >>> http://openjur.de/u/740963.html - Die Leitsätze:
a) Der Abbruch einer lebenserhaltenden Maßnahme bedarf dann nicht der betreuungsgerichtlichen Genehmigung nach § 1904 Abs. 2 BGB, wenn der Betroffene einen entsprechenden eigenen Willen bereits in einer wirksamen Patientenverfügung (§ 1901 a Abs. 1 BGB) niedergelegt hat und diese auf die konkret eingetretene Lebens- und Behandlungssituation zutrifft. Im Übrigen differenziert § 1901 a Abs. 2 Satz 1 BGB zwischen den Behandlungswünschen einerseits und dem mutmaßlichen Willen des Betroffenen andererseits.
b) Das Vorliegen einer Grunderkrankung mit einem "irreversibel tödlichen Verlauf" ist nicht Voraussetzung für den zulässigen Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen. Für die Verbindlichkeit des tatsächlichen oder mutmaßlichen Willens eines aktuell einwilligungsunfähigen Betroffenen kommt es nicht auf die Art und das Stadium der Erkrankung an (§ 1901 a Abs. 3 BGB).
c) Für die Feststellung des behandlungsbezogenen Patientenwillens gelten strenge Beweismaßstäbe, die der hohen Bedeutung der betroffenen Rechtsgüter Rechnung zu tragen haben. Dabei ist nicht danach zu differenzieren, ob der Tod des Betroffenen unmittelbar bevorsteht oder nicht (Abgrenzung zu Senatsbeschluss BGHZ 154, 205 = FamRZ 2003, 748).
Weitere Hinweise unter >>> BGH prüft mutmaßlichen Sterbewunsch einer Komapatientin
https://beck-aktuell.beck.de/news/bgh-p ... apatientin
+++
Das Thema "Einstellung lebenserhaltender Maßnahmen" wird sicherlich auch beim Pflegetreff am 22.10.2014
in Neuss-Erfttal anzusprechen sein..
Dann geht es nämlich um die Themen:
Schwere Krankheit - Sterben - Tod - Welche Möglichkeiten der Hilfe und Unterstützung gibt es?
Welche Art des Beistandes macht Sinn? Welche Entscheidungen kann ich für Krisensituationen
vorbereiten (vorsorgliche Verfügungen)? Welche Möglichkeiten der Sterbehilfe bestehen? Sind
Verfügungen möglich, die bestimmte Therapien ausschließen (künstliche Beatmung, künstliche
Ernährung)?...
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Re: Einstellung lebenserhaltender Maßnahmen - Genehmigung ..
Putz – Sessel – Steldinger
Kanzlei für Medizinrecht
Presseerklärung vom 16.10.2014
Zur Entscheidung des BGH-Betreuungssenats zur passiven Sterbehilfe:
Die Entscheidung des BGH konnte nicht anders ausfallen:
Der Bundesgerichtshof hat völlig korrekt den Versuch der Chemnitzer Gerichte zurückgewiesen, bei der passiven Sterbehilfe einen weder nach dem sogenannten Patientenverfügungsgesetz noch nach dem Grundgesetz zulässigen, überzogenen Maßstab anzusetzen. In vielen vergleichbaren Fällen, die wir als Rechtsanwälte zu bearbeiten hatten, ging es um junge Patienten. Bei Ihnen verhindert eine lebensverlängernde medizinische Substitution genauso wie bei alten Menschen den aufgrund der Krankheit ansonsten alsbald eintretenden natürlichen Tod. Nun haben gerade jüngere Menschen eher ein größeres Interesse, dass dies nicht stattfindet, weil sie gegebenenfalls jahrzehntelang in einem von ihnen nicht gewünschten Zustand künstlich am Leben erhalten werden könnten.
Mit freundlichen Grüssen
Wolfgang Putz
Rechtsanwalt
Lehrbeauftragter an der LMU München
--------------------------------------------
PUTZ – SESSEL - STELDINGER
Kanzlei für Medizinrecht
Quagliostr. 7
81543 München
Tel: 089/ 65 20 07
Fax: 089/ 65 99 89
http://www.putz-medizinrecht.de/
Kanzlei für Medizinrecht
Presseerklärung vom 16.10.2014
Zur Entscheidung des BGH-Betreuungssenats zur passiven Sterbehilfe:
Die Entscheidung des BGH konnte nicht anders ausfallen:
Der Bundesgerichtshof hat völlig korrekt den Versuch der Chemnitzer Gerichte zurückgewiesen, bei der passiven Sterbehilfe einen weder nach dem sogenannten Patientenverfügungsgesetz noch nach dem Grundgesetz zulässigen, überzogenen Maßstab anzusetzen. In vielen vergleichbaren Fällen, die wir als Rechtsanwälte zu bearbeiten hatten, ging es um junge Patienten. Bei Ihnen verhindert eine lebensverlängernde medizinische Substitution genauso wie bei alten Menschen den aufgrund der Krankheit ansonsten alsbald eintretenden natürlichen Tod. Nun haben gerade jüngere Menschen eher ein größeres Interesse, dass dies nicht stattfindet, weil sie gegebenenfalls jahrzehntelang in einem von ihnen nicht gewünschten Zustand künstlich am Leben erhalten werden könnten.
Mit freundlichen Grüssen
Wolfgang Putz
Rechtsanwalt
Lehrbeauftragter an der LMU München
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Fax: 089/ 65 99 89
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Einstellung lebenserhaltender Maßnahmen - Klarstellung ...
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk
Unabhängige und gemeinnützige Interessenvertretung
für hilfe- und pflegebedürftige Menschen in Deutschland
Harffer Straße 59 - 41469 Neuss
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk führt u.a. regelmäßig Pflegetreffs mit bundesweiter Ausrichtung durch.
Pressemitteilung vom 17.10.2014
Bei der Einstellung lebenserhaltender Maßnahmen ist der Patientenwille entscheidend
In einem betreuungsrechtlichen Genehmigungsverfahren gelten die zu stellenden strengen Anforderungen nach § 1901 a Abs. 3 BGB unabhängig davon, ob der Tod des Betroffenen unmittelbar bevorsteht oder nicht. Eine Reichweitenbegrenzung gibt es nicht!
Der Bundesgerichtshof hatte die Frage zu beantworten, unter welchen Voraussetzungen das Betreuungsgericht den Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen genehmigen muss. In dem in der Streitsache ergangenen Beschluss des Bundesgerichtshofes (BGH) vom 17.09. 2014 – XII ZB 202/13 – wurde u.a. ausgeführt:
„Nach § 1904 Abs. 2 BGB bedarf die Nichteinwilligung oder der Widerruf der Einwilligung des Betreuers in eine Heilbehandlung oder einen ärztlichen Eingriff der Genehmigung des Betreuungsgerichts, wenn die Maßnahme medizinisch angezeigt ist und die begründete Gefahr besteht, dass der Betroffene auf Grund des Unterbleibens bzw. des Abbruchs der lebenserhaltenden Maßnahme stirbt. Eine solche betreuungsgerichtliche Genehmigung nach § 1904 Abs. 2 BGB ist jedoch dann nicht erforderlich, wenn der Betroffene einen entsprechenden eigenen Willen bereits in einer bindenden Patientenverfügung nach § 1901 a Abs. 1 BGB niedergelegt hat und diese auf die konkret eingetretene Lebens- und Behandlungssituation zutrifft. Liegt dagegen keine wirksame Patientenverfügung vor, hat der Betreuer die Behandlungswünsche oder den mutmaßlichen Willen des Betreuten festzustellen (§ 1901 a Abs. 2 BGB). Die hierauf beruhende Entscheidung des Betreuers bedarf dann nicht der betreuungsgerichtlichen Genehmigung, wenn zwischen ihm und dem behandelnden Arzt Einvernehmen darüber besteht, dass die Nichterteilung oder der Widerruf der Einwilligung dem festgestellten Willen des Betroffenen entspricht (§ 1904 Abs. 4 BGB).
In den verbleibenden Fällen, in denen eine betreuungsgerichtliche Genehmigung erforderlich ist, ist diese gemäß § 1904 Abs. 3 BGB vom Betreuungsgericht zu erteilen, wenn die Nichteinwilligung oder der Widerruf der Einwilligung dem Willen des Betroffenen entspricht. Bei dieser Prüfung ist nach § 1901 a Abs. 2 BGB zwischen den Behandlungswünschen einerseits und dem mutmaßlichen Willen des Betroffenen andererseits zu unterscheiden. Die bei der Ermittlung und der Annahme eines Behandlungswunsches oder des mutmaßlichen Willens zu stellenden strengen Anforderungen gelten nach § 1901 a Abs. 3 BGB unabhängig davon, ob der Tod des Betroffenen unmittelbar bevorsteht oder nicht.“
Auf der Grundlage der am 01.09.2009 in Kraft getretenen gesetzlichen Regelungen nach § 1901a ff. BGB hat der BGH eine Entscheidung des Landgerichts (LG) Chemnitz aufgehoben. Das LG Chemnitz sei, so der BGH, zu Unrecht davon ausgegangen, dass wegen des nicht unmittelbar bevorstehenden Todes der betroffenen Person noch strengere Beweisanforderungen für die Feststellung des mutmaßlichen Patientenwillens gelten, als in anderen Fällen. Bei seiner erneuten Prüfung wird das LG Chemnitz etwaige geäußerte Behandlungswünsche der Betroffenen unter Anlegung des zutreffenden Prüfungsmaßstabs neu zu ermitteln haben.
Der auf Medizinrecht spezialisierte Rechtsanwalt Wolfgang Putz, München, hat in einer Erklärung vom 16.10.2014 ausgeführt, dass mit der höchstrichterlichen Entscheidung des BGH der Versuch korrekterweise zurückgewiesen worden sei, bei der passiven Sterbehilfe einen weder nach dem sogenannten Patientenverfügungsgesetz noch nach dem Grundgesetz zulässigen, überzogenen Maßstab anzusetzen (vgl. dazu auch die Hinweise unter folgender Internetadresse> viewtopic.php?f=2&t=20675 ).
Auch der Medizinethiker Dr. Arnd May, Zentrum für Angewandte Ethik der Universität Bochum, hat die Entscheidung begrüßt und wie folgt klar Position bezogen:
„Dabei ist erfreulich, dass der BGH bestätigt, dass es für den mutmaßlichen Willen (Stufe 3) keine Reichweitenbegrenzung bzw. erhöhte Anforderungen bei nicht irreversiblen Krankheitssituationen gibt.“
Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk schließt sich diesen Einschätzungen uneingeschränkt an.
Im Übrigen wird darauf aufmerksam gemacht, dass die in der o.a. Streitsache maßgeblich gewesenen Vorschriften auch beim Neusser Pflegetreff am 22.10.2014 angesprochen werden. Denn dann geht es mit hochkarätigen Podiumsgästen um die „Patientenautonomie am Lebensende“ – und damit auch um die Frage, inwieweit durch vorsorgliche Festlegungen über das Unterbleiben bzw. den Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen verfügt werden kann. - Nähere Informationen zu dieser wichtigen Veranstaltung sind nachlesbar unter folgenden Internetadressen: viewtopic.php?f=2&t=20652 / viewtopic.php?f=7&t=20451 .
Werner Schell
Dozent für Pflegerecht und Vorstand von Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk
Pressemitteilung ist zur Veröffentlichung frei!
+++
Die Medien berichten u.a. wie folgt:
https://www.facebook.com/werner.schell.7
http://www.presseanzeiger.de/pa/Bei-der ... der-756098
http://www.openbroadcast.de/article/369 ... idend.html
http://www.openpr.de/news/821591.html
... (weitere Hinweise folgen) ...
Unabhängige und gemeinnützige Interessenvertretung
für hilfe- und pflegebedürftige Menschen in Deutschland
Harffer Straße 59 - 41469 Neuss
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk führt u.a. regelmäßig Pflegetreffs mit bundesweiter Ausrichtung durch.
Pressemitteilung vom 17.10.2014
Bei der Einstellung lebenserhaltender Maßnahmen ist der Patientenwille entscheidend
In einem betreuungsrechtlichen Genehmigungsverfahren gelten die zu stellenden strengen Anforderungen nach § 1901 a Abs. 3 BGB unabhängig davon, ob der Tod des Betroffenen unmittelbar bevorsteht oder nicht. Eine Reichweitenbegrenzung gibt es nicht!
Der Bundesgerichtshof hatte die Frage zu beantworten, unter welchen Voraussetzungen das Betreuungsgericht den Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen genehmigen muss. In dem in der Streitsache ergangenen Beschluss des Bundesgerichtshofes (BGH) vom 17.09. 2014 – XII ZB 202/13 – wurde u.a. ausgeführt:
„Nach § 1904 Abs. 2 BGB bedarf die Nichteinwilligung oder der Widerruf der Einwilligung des Betreuers in eine Heilbehandlung oder einen ärztlichen Eingriff der Genehmigung des Betreuungsgerichts, wenn die Maßnahme medizinisch angezeigt ist und die begründete Gefahr besteht, dass der Betroffene auf Grund des Unterbleibens bzw. des Abbruchs der lebenserhaltenden Maßnahme stirbt. Eine solche betreuungsgerichtliche Genehmigung nach § 1904 Abs. 2 BGB ist jedoch dann nicht erforderlich, wenn der Betroffene einen entsprechenden eigenen Willen bereits in einer bindenden Patientenverfügung nach § 1901 a Abs. 1 BGB niedergelegt hat und diese auf die konkret eingetretene Lebens- und Behandlungssituation zutrifft. Liegt dagegen keine wirksame Patientenverfügung vor, hat der Betreuer die Behandlungswünsche oder den mutmaßlichen Willen des Betreuten festzustellen (§ 1901 a Abs. 2 BGB). Die hierauf beruhende Entscheidung des Betreuers bedarf dann nicht der betreuungsgerichtlichen Genehmigung, wenn zwischen ihm und dem behandelnden Arzt Einvernehmen darüber besteht, dass die Nichterteilung oder der Widerruf der Einwilligung dem festgestellten Willen des Betroffenen entspricht (§ 1904 Abs. 4 BGB).
In den verbleibenden Fällen, in denen eine betreuungsgerichtliche Genehmigung erforderlich ist, ist diese gemäß § 1904 Abs. 3 BGB vom Betreuungsgericht zu erteilen, wenn die Nichteinwilligung oder der Widerruf der Einwilligung dem Willen des Betroffenen entspricht. Bei dieser Prüfung ist nach § 1901 a Abs. 2 BGB zwischen den Behandlungswünschen einerseits und dem mutmaßlichen Willen des Betroffenen andererseits zu unterscheiden. Die bei der Ermittlung und der Annahme eines Behandlungswunsches oder des mutmaßlichen Willens zu stellenden strengen Anforderungen gelten nach § 1901 a Abs. 3 BGB unabhängig davon, ob der Tod des Betroffenen unmittelbar bevorsteht oder nicht.“
Auf der Grundlage der am 01.09.2009 in Kraft getretenen gesetzlichen Regelungen nach § 1901a ff. BGB hat der BGH eine Entscheidung des Landgerichts (LG) Chemnitz aufgehoben. Das LG Chemnitz sei, so der BGH, zu Unrecht davon ausgegangen, dass wegen des nicht unmittelbar bevorstehenden Todes der betroffenen Person noch strengere Beweisanforderungen für die Feststellung des mutmaßlichen Patientenwillens gelten, als in anderen Fällen. Bei seiner erneuten Prüfung wird das LG Chemnitz etwaige geäußerte Behandlungswünsche der Betroffenen unter Anlegung des zutreffenden Prüfungsmaßstabs neu zu ermitteln haben.
Der auf Medizinrecht spezialisierte Rechtsanwalt Wolfgang Putz, München, hat in einer Erklärung vom 16.10.2014 ausgeführt, dass mit der höchstrichterlichen Entscheidung des BGH der Versuch korrekterweise zurückgewiesen worden sei, bei der passiven Sterbehilfe einen weder nach dem sogenannten Patientenverfügungsgesetz noch nach dem Grundgesetz zulässigen, überzogenen Maßstab anzusetzen (vgl. dazu auch die Hinweise unter folgender Internetadresse> viewtopic.php?f=2&t=20675 ).
Auch der Medizinethiker Dr. Arnd May, Zentrum für Angewandte Ethik der Universität Bochum, hat die Entscheidung begrüßt und wie folgt klar Position bezogen:
„Dabei ist erfreulich, dass der BGH bestätigt, dass es für den mutmaßlichen Willen (Stufe 3) keine Reichweitenbegrenzung bzw. erhöhte Anforderungen bei nicht irreversiblen Krankheitssituationen gibt.“
Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk schließt sich diesen Einschätzungen uneingeschränkt an.
Im Übrigen wird darauf aufmerksam gemacht, dass die in der o.a. Streitsache maßgeblich gewesenen Vorschriften auch beim Neusser Pflegetreff am 22.10.2014 angesprochen werden. Denn dann geht es mit hochkarätigen Podiumsgästen um die „Patientenautonomie am Lebensende“ – und damit auch um die Frage, inwieweit durch vorsorgliche Festlegungen über das Unterbleiben bzw. den Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen verfügt werden kann. - Nähere Informationen zu dieser wichtigen Veranstaltung sind nachlesbar unter folgenden Internetadressen: viewtopic.php?f=2&t=20652 / viewtopic.php?f=7&t=20451 .
Werner Schell
Dozent für Pflegerecht und Vorstand von Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk
Pressemitteilung ist zur Veröffentlichung frei!
+++
Die Medien berichten u.a. wie folgt:
https://www.facebook.com/werner.schell.7
http://www.presseanzeiger.de/pa/Bei-der ... der-756098
http://www.openbroadcast.de/article/369 ... idend.html
http://www.openpr.de/news/821591.html
... (weitere Hinweise folgen) ...
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Rechtslage ist geklärt / Kommentar zur Sterbehilfe
Allg. Zeitung Mainz:
Rechtslage ist geklärt / Kommentar zur Sterbehilfe
Mainz (ots) - Wenn es um die letzten Dinge geht, sind menschliche Zuwendung und die Linderung von Qualen das Wichtigste. Die Palliativmedizin muss weiter gestärkt werden. Gestärkt werden muss auch die Aufklärung:Wer sicher sein will, dass sich sein Ableben selbstbestimmt vollzieht, soll sich in einer Patientenverfügung festlegen. Alles andere, was sich derzeit im politischen Raum bei dieser Problematik abspielt, ist Aktionismus, Spiegelfechterei, Wichtigtuerei, vielleicht auch - man möge den Ausdruck in diesem Kontext verzeihen - Show. Es gibt eine klare Rechtslage in Deutschland. Die ist kompliziert, das haben Rechtslagen nun mal so an sich. Aber sie ist akzeptabel und unterscheidet sich Gott sei Dank elementar von der Rechtslage in anderen Staaten, den Niederlanden etwa, oder der Schweiz. Die Begriffe "Sterbehilfe" und "Liberalisierung" sind dort nichts anderes als schlimmer Etikettenschwindel, um einen wahrlich leichthändigen, inakzeptablen Umgang mit dem Leben zu kaschieren. Schlagend wird das an einem Aspekt deutlich, den die Deutsche Wachkoma-Gesellschaft nennt:Mehr als ein Drittel der Wachkomapatienten wachen demnach wieder auf und nehmen dann, wenn auch mit Einschränkungen, am Leben teil. Wie gut, dass man nicht zuvor ihren Tod herbeigeführt hat! Das deutsche Recht, auch das ärztliche Standesrecht, lässt es definitiv zu, in der Palliativmedizin in ausweglosen Fällen das Leid eines Sterbenden zu lindern, auch wenn dies sein Sterben beschleunigt. Das ist eine hinreichend sichere juristische Grundlage auch für den Arzt. Seine ethische Verantwortung kann ihm ohnehin nichts und niemand abnehmen, auch kein neues Gesetz.
Quelle: Pressemitteilung vom 16.10.2014 Allgemeine Zeitung Mainz
Pressekontakt: Allgemeine Zeitung Mainz
Wolfgang Bürkle
Newsmanager
Telefon: 06131/485828
online@vrm.de
Rechtslage ist geklärt / Kommentar zur Sterbehilfe
Mainz (ots) - Wenn es um die letzten Dinge geht, sind menschliche Zuwendung und die Linderung von Qualen das Wichtigste. Die Palliativmedizin muss weiter gestärkt werden. Gestärkt werden muss auch die Aufklärung:Wer sicher sein will, dass sich sein Ableben selbstbestimmt vollzieht, soll sich in einer Patientenverfügung festlegen. Alles andere, was sich derzeit im politischen Raum bei dieser Problematik abspielt, ist Aktionismus, Spiegelfechterei, Wichtigtuerei, vielleicht auch - man möge den Ausdruck in diesem Kontext verzeihen - Show. Es gibt eine klare Rechtslage in Deutschland. Die ist kompliziert, das haben Rechtslagen nun mal so an sich. Aber sie ist akzeptabel und unterscheidet sich Gott sei Dank elementar von der Rechtslage in anderen Staaten, den Niederlanden etwa, oder der Schweiz. Die Begriffe "Sterbehilfe" und "Liberalisierung" sind dort nichts anderes als schlimmer Etikettenschwindel, um einen wahrlich leichthändigen, inakzeptablen Umgang mit dem Leben zu kaschieren. Schlagend wird das an einem Aspekt deutlich, den die Deutsche Wachkoma-Gesellschaft nennt:Mehr als ein Drittel der Wachkomapatienten wachen demnach wieder auf und nehmen dann, wenn auch mit Einschränkungen, am Leben teil. Wie gut, dass man nicht zuvor ihren Tod herbeigeführt hat! Das deutsche Recht, auch das ärztliche Standesrecht, lässt es definitiv zu, in der Palliativmedizin in ausweglosen Fällen das Leid eines Sterbenden zu lindern, auch wenn dies sein Sterben beschleunigt. Das ist eine hinreichend sichere juristische Grundlage auch für den Arzt. Seine ethische Verantwortung kann ihm ohnehin nichts und niemand abnehmen, auch kein neues Gesetz.
Quelle: Pressemitteilung vom 16.10.2014 Allgemeine Zeitung Mainz
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Re: Einstellung lebenserhaltender Maßnahmen - Genehmigung ..
Ärzte Zeitung, 17.10.2014
Sterbehilfe: Parlamentarier wollen Ärzte rechtlich absichern
Was darf ein Arzt am Ende des Lebens leisten? Eine Gruppe von Bundestagsabgeordneten hat einen ersten Vorschlag formuliert.
Dabei setzen sie nicht auf Regelungen im Strafrecht.
mehr » http://www.aerztezeitung.de/nl/?sid=871 ... ung&n=3802
BGH: Sterbewunsch muss neu geprüft werden
Bundesgerichtshof stärkt Selbstbestimmung auch ohne Patientenverfügung.
mehr » http://www.aerztezeitung.de/nl/?sid=871 ... ung&n=3802
Sterbehilfe: Parlamentarier wollen Ärzte rechtlich absichern
Was darf ein Arzt am Ende des Lebens leisten? Eine Gruppe von Bundestagsabgeordneten hat einen ersten Vorschlag formuliert.
Dabei setzen sie nicht auf Regelungen im Strafrecht.
mehr » http://www.aerztezeitung.de/nl/?sid=871 ... ung&n=3802
BGH: Sterbewunsch muss neu geprüft werden
Bundesgerichtshof stärkt Selbstbestimmung auch ohne Patientenverfügung.
mehr » http://www.aerztezeitung.de/nl/?sid=871 ... ung&n=3802
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Positionspapier zum assistierten Suizid ...
Deutsches Ärzteblatt:
Montgomery lehnt Positionspapier zum assistierten Suizid ab
Die Bundesärztekamme (BÄK) lehnt das Positionspapier einiger Parlamentarier um Bundestagsvizepräsident Peter Hintze
und den SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach zur Sterbehilfe entschieden ab. „Dieser Vorschlag mündet in die ... »
http://www.aerzteblatt.de/nachrichten/6 ... -Suizid-ab
Montgomery lehnt Positionspapier zum assistierten Suizid ab
Die Bundesärztekamme (BÄK) lehnt das Positionspapier einiger Parlamentarier um Bundestagsvizepräsident Peter Hintze
und den SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach zur Sterbehilfe entschieden ab. „Dieser Vorschlag mündet in die ... »
http://www.aerzteblatt.de/nachrichten/6 ... -Suizid-ab
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Pflegeetreff > „Das Ende des Lebens aus Tabuzone holen“
„Das Ende des Lebens aus Tabuzone holen“
- so titelte die Neuss-Grevenbroicher Zeitung (NGZ) zum Pflegetreff am 22.10.2014.
Der Bericht der NGZ wird mit Erlaubnis der Redaktion vollständig vorgestellt.
Weitere Informationen (Pressemitteilung von Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk und Bilddatei …) folgen.
>>>
Siehe auch bei Facebook unter
https://www.facebook.com/werner.schell.7
Dort können Bild und Text vergrößert aufgerufen werden.
- so titelte die Neuss-Grevenbroicher Zeitung (NGZ) zum Pflegetreff am 22.10.2014.
Der Bericht der NGZ wird mit Erlaubnis der Redaktion vollständig vorgestellt.
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Mutmaßlicher Wille zum Sterben muss überprüft werden
BGH: Mutmaßlicher Wille zum Sterben muss überprüft werden
Sterbehilfe ohne Patientenverfügung möglich - aber nicht einfach
Die schwerkranke Sächsin hatte 2009 einen Schlaganfall erlitten und war ins Wachkoma gefallen. Eine Kontaktaufnahme mit ihr ist nicht möglich. Die Ärzte schätzen die Chancen selbst für eine geringe Verbesserung ihres gesundheitlichen Zustandes als "nicht realistisch" ein. Die Familie der Frau will die künstliche Ernährung einstellen und sie sterben lassen. Ehemann und Tochter sind als gesetzliche Betreuer der Auffassung, damit ihren Willen umzusetzen, der jedoch nicht in Form einer schriftlichen Patientenverfügung vorliegt. Bisher waren die Angehörigen mit ihrem Ansinnen jedoch vor den Gerichten gescheitert. Die Richter hatten hohe Anforderungen an Belege für einen vorliegenden Sterbewunsch gestellt, die sie nicht erfüllt sahen. Zuletzt hatte es das Landgericht Chemnitz 2013 abgelehnt, der Einstellung der lebenserhaltenden künstlichen Ernährung zuzustimmen.
Das Problem: Ohne entsprechende Patientenverfügung für den Komafall, musste das Landgericht laut Gesetz den mutmaßlichen Willen der Frau erforschen. Das Gesetz gibt dafür aber nur Anhaltspunkte: Insbesondere frühere Äußerungen, religiöse Überzeugungen und Wertvorstellungen des Betroffenen sollen dabei eine Rolle spielen. Bislang duften die Mediziner die Komapatientin nicht sterben lassen. Doch nun muss das Landgericht Chemnitz ihre früher geäußerten Behandlungswünsche nochmals ermitteln und deren Gewicht mit dem Schutz des Lebens abwägen. Der Bundesgerichtshof (Az.: XII ZB 202/13) befand in diesem Fall, dass das Landgericht zu hohe Anforderungen an die Ermittlung des sogenannten mutmaßlichen Patientenwillens gestellt habe.
Ehemann und Tochter der Kranken wollten die Magensonde entfernen lassen. Als die Ärzte sich weigerten, zogen sie vor Gericht. Sie beriefen sich vor allem auf frühere Äußerungen ihrer Angehörigen. Diese fand das Landgericht Chemnitz zwar „plausibel und nachvollziehbar“, aber nicht ausreichend für eine Zulassung des Todes der Patientin, zumal sie keine Sterbende wäre. "Diese sehr ernstzunehmenden Meinungsäußerungen haben nicht die Qualität und Tiefe der Erklärungen, die im Rahmen einer Patientenverfügung abgegeben werden", hieß es zur Begründung, warum der Antrag der Familie abzulehnen sei. Mit der vom Bundesgerichtshof erwirkten erneuten Überprüfung haben die Angehörigen also einen Teilerfolg, aber immer noch keine Erlaubnis zum Sterbenlassen erzielt.
Analyse und Rat vom ARD-Rechtsexperten
"Das Signal dieses BGH-Beschlusses ist:
Der Wille des Patienten hat ein sehr starkes Gewicht. Die Gerichte vor Ort müssen zwar sorgfältig überprüfen, ob der Patient wirklich gewollt hätte, dass in seiner Situation die Geräte abgestellt werden. Sie dürfen die Hürden aber nicht zu hoch hängen.
Außerdem führt der Beschluss jedem Bürger nochmal klar vor Augen: am besten, man schreibt eine ausdrückliche Patientenverfügung. Dann vermeidet man solche Streitigkeiten vor Gericht um Leben und Tod." (von Frank Bräutigam)
Wenn, wie im aktuellen Fall, keine Patientenverfügung vorliegt und der betreuende Arzt einen Behandlungsabbruch verweigert, sind laut Gesetz sogenannte Betreuungsgerichte gefordert, den mutmaßlichen Willen der Patienten festzustellen. Um einen einwilligungsunfähigen Schwerkranken sterben zu lassen, benötigt der gesetzliche Vertreter (Bevollmächtigter gleichermaßen wie Betreuer) dann auf dieser Grundlage eine gerichtliche Genehmigung.
Quelle: http://www.tagesschau.de/inland/bgh-ste ... e-101.html
Zum Freitod von Brittany Maynard im Kreise ihrer Familie mit Pentobarbital
Eine krebskranke junge Frau aus Kalifornien hat sich im US-Staat Oregon mit Sterbehilfe-Medikamenten wie geplant das Leben genommen. Wie ein Sprecher der Gruppe Compassion & Choices sagte, bekam die 29-jährige Brittany Maynard von einem Arzt tödliche Medikamente verschrieben und nahm diese anschließend bewusst ein. Die Frau starb demnach "wie von ihr beabsichtigt, friedlich in ihrem Schlafzimmer, in den Armen ihrer Liebsten".
http://www.zeit.de/gesellschaft/2014-11 ... ard-oregon
Der sichere, schnelle und sanfte Tod mit Pentobarbital auf Rezept in Oregon:
http://www.zeit.de/2014/45/aerztliche-s ... ept-oregon
Der Humanistische Verband Deutschlands (HVD) fordert u. a. die Zulassung dieses Mittels für die ärztliche Suizidhilfe bei Tod- und Schwerstkranke auch in Deutschland - dabei sollen alle anderen Formen der Suizidhilfe aber erlaubt bleiben und (anders als in Oregon) keineswegs verboten sein:
Broschüre des HVD "Am_Ende_des_Weges" als pdf
http://www.humanismus.de/sites/humanism ... _Weges.pdf
Quelle: Pressemitteilung vom 05.11.2014
Humanistischer Verband Deutschlands - Landesverband Berlin-Brandenburg e. V.
Wallstraße 61–65
10179 Berlin
Telefon: 030 613904-0
Fax: 030 613904-864
E-Mail: geschaeftsstelle@hvd-bb.de
Web: http://www.hvd-bb.de
Sterbehilfe ohne Patientenverfügung möglich - aber nicht einfach
Die schwerkranke Sächsin hatte 2009 einen Schlaganfall erlitten und war ins Wachkoma gefallen. Eine Kontaktaufnahme mit ihr ist nicht möglich. Die Ärzte schätzen die Chancen selbst für eine geringe Verbesserung ihres gesundheitlichen Zustandes als "nicht realistisch" ein. Die Familie der Frau will die künstliche Ernährung einstellen und sie sterben lassen. Ehemann und Tochter sind als gesetzliche Betreuer der Auffassung, damit ihren Willen umzusetzen, der jedoch nicht in Form einer schriftlichen Patientenverfügung vorliegt. Bisher waren die Angehörigen mit ihrem Ansinnen jedoch vor den Gerichten gescheitert. Die Richter hatten hohe Anforderungen an Belege für einen vorliegenden Sterbewunsch gestellt, die sie nicht erfüllt sahen. Zuletzt hatte es das Landgericht Chemnitz 2013 abgelehnt, der Einstellung der lebenserhaltenden künstlichen Ernährung zuzustimmen.
Das Problem: Ohne entsprechende Patientenverfügung für den Komafall, musste das Landgericht laut Gesetz den mutmaßlichen Willen der Frau erforschen. Das Gesetz gibt dafür aber nur Anhaltspunkte: Insbesondere frühere Äußerungen, religiöse Überzeugungen und Wertvorstellungen des Betroffenen sollen dabei eine Rolle spielen. Bislang duften die Mediziner die Komapatientin nicht sterben lassen. Doch nun muss das Landgericht Chemnitz ihre früher geäußerten Behandlungswünsche nochmals ermitteln und deren Gewicht mit dem Schutz des Lebens abwägen. Der Bundesgerichtshof (Az.: XII ZB 202/13) befand in diesem Fall, dass das Landgericht zu hohe Anforderungen an die Ermittlung des sogenannten mutmaßlichen Patientenwillens gestellt habe.
Ehemann und Tochter der Kranken wollten die Magensonde entfernen lassen. Als die Ärzte sich weigerten, zogen sie vor Gericht. Sie beriefen sich vor allem auf frühere Äußerungen ihrer Angehörigen. Diese fand das Landgericht Chemnitz zwar „plausibel und nachvollziehbar“, aber nicht ausreichend für eine Zulassung des Todes der Patientin, zumal sie keine Sterbende wäre. "Diese sehr ernstzunehmenden Meinungsäußerungen haben nicht die Qualität und Tiefe der Erklärungen, die im Rahmen einer Patientenverfügung abgegeben werden", hieß es zur Begründung, warum der Antrag der Familie abzulehnen sei. Mit der vom Bundesgerichtshof erwirkten erneuten Überprüfung haben die Angehörigen also einen Teilerfolg, aber immer noch keine Erlaubnis zum Sterbenlassen erzielt.
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"Das Signal dieses BGH-Beschlusses ist:
Der Wille des Patienten hat ein sehr starkes Gewicht. Die Gerichte vor Ort müssen zwar sorgfältig überprüfen, ob der Patient wirklich gewollt hätte, dass in seiner Situation die Geräte abgestellt werden. Sie dürfen die Hürden aber nicht zu hoch hängen.
Außerdem führt der Beschluss jedem Bürger nochmal klar vor Augen: am besten, man schreibt eine ausdrückliche Patientenverfügung. Dann vermeidet man solche Streitigkeiten vor Gericht um Leben und Tod." (von Frank Bräutigam)
Wenn, wie im aktuellen Fall, keine Patientenverfügung vorliegt und der betreuende Arzt einen Behandlungsabbruch verweigert, sind laut Gesetz sogenannte Betreuungsgerichte gefordert, den mutmaßlichen Willen der Patienten festzustellen. Um einen einwilligungsunfähigen Schwerkranken sterben zu lassen, benötigt der gesetzliche Vertreter (Bevollmächtigter gleichermaßen wie Betreuer) dann auf dieser Grundlage eine gerichtliche Genehmigung.
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Zum Freitod von Brittany Maynard im Kreise ihrer Familie mit Pentobarbital
Eine krebskranke junge Frau aus Kalifornien hat sich im US-Staat Oregon mit Sterbehilfe-Medikamenten wie geplant das Leben genommen. Wie ein Sprecher der Gruppe Compassion & Choices sagte, bekam die 29-jährige Brittany Maynard von einem Arzt tödliche Medikamente verschrieben und nahm diese anschließend bewusst ein. Die Frau starb demnach "wie von ihr beabsichtigt, friedlich in ihrem Schlafzimmer, in den Armen ihrer Liebsten".
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Der sichere, schnelle und sanfte Tod mit Pentobarbital auf Rezept in Oregon:
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Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen & Patientenverfügung
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk
Unabhängige und gemeinnützige Interessenvertretung
für hilfe- und pflegebedürftige Menschen in Deutschland
Harffer Straße 59 - 41469 Neuss
Voraussetzungen einer für den Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen
bindenden Patientenverfügung
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich in einem Beschluss vom 8. Februar 2017 - XII ZB 604/15 - erneut mit den Voraussetzungen einer für den Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen bindenden Patientenverfügung befasst und in einer Pressemitteilung vom 24.03.2017 aufgezeigt, dass erneut zu prüfen sei, ob ein Abbruch der künstlichen Ernährung dem mutmaßlichen Willen einer Patientin entspricht. Dieser sei anhand konkreter Anhaltspunkte zu ermitteln, insbesondere anhand früherer mündlicher oder schriftlicher Äußerungen, ethischer oder religiöser Überzeugungen oder sonstiger persönlicher Wertvorstellungen der betroffenen Patientin. Entscheidend sei dabei, wie die Betroffene selbst entschieden hätte, wenn sie noch in der Lage wäre, über sich selbst zu bestimmen. Der BGH hat dabei auf seinen Beschluss vom 6. Juli 2016 - XII ZB 61/16 - verwiesen, der sich mit der erforderlichen Konkretisierung von Patientenentscheidungen befasst. Näheres unter folgender Adresse: viewtopic.php?f=2&t=22049 / viewtopic.php?f=2&t=21748
Es wird Gelegenheit bestehen, bei meinem Vortrag am 03.04.2017, 17.30 - 19.00 Uhr, in der Volkshochschule Neuss, Veranstaltungsort: Romaneum, Brückstr. 1, zur Patientenautonomie am Lebensende - Vorsorgevollmacht, Patientenverfügung … - auf die neuerliche Entscheidung des BGH einzugehen und die Erfordernisse klarer Formulierungen zu verdeutlichen. - Der Eintritt ist frei! Näheres unter folgender Adresse > viewtopic.php?f=7&t=21920
Werner Schell
+++
Ankündigung / Einladung
26. Neusser Pflegetreff am 10.05.2017 mit dem Thema:
"Gesundheitliche Versorgungsplanung für die letzte Lebensphase (§ 132g SGB V)".
Näheres stets aktuell unter folgender Adresse:
viewtopic.php?f=7&t=21887
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bindenden Patientenverfügung
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich in einem Beschluss vom 8. Februar 2017 - XII ZB 604/15 - erneut mit den Voraussetzungen einer für den Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen bindenden Patientenverfügung befasst und in einer Pressemitteilung vom 24.03.2017 aufgezeigt, dass erneut zu prüfen sei, ob ein Abbruch der künstlichen Ernährung dem mutmaßlichen Willen einer Patientin entspricht. Dieser sei anhand konkreter Anhaltspunkte zu ermitteln, insbesondere anhand früherer mündlicher oder schriftlicher Äußerungen, ethischer oder religiöser Überzeugungen oder sonstiger persönlicher Wertvorstellungen der betroffenen Patientin. Entscheidend sei dabei, wie die Betroffene selbst entschieden hätte, wenn sie noch in der Lage wäre, über sich selbst zu bestimmen. Der BGH hat dabei auf seinen Beschluss vom 6. Juli 2016 - XII ZB 61/16 - verwiesen, der sich mit der erforderlichen Konkretisierung von Patientenentscheidungen befasst. Näheres unter folgender Adresse: viewtopic.php?f=2&t=22049 / viewtopic.php?f=2&t=21748
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