Sterbebegleitung als Kneipenthema
Rhein-Kreis Neuss. Mit einer Bierdeckelaktion will der Diözesanrat zur Diskussion anregen.
Von Bärbel Broer
Über Leben und Sterben an ungewöhnlichen Orten zu sprechen - das will der Diözesanrat der Katholiken im Erzbistum Köln mit seiner Aktion "Sterbebegleitung ist Lebenshilfe" erreichen, die er gestern im Kloster Immaculata in Neuss vorgestellt hat. Mehrere 10.000 Bierdeckel (siehe Foto) werden künftig bei Pfarrfesten, in Kneipen und Gaststätten ausliegen und sollen zur Diskussion anregen. Bedruckt sind die Bierdeckel mit dem Statement "Sterbehilfe? Sterbebegleitung? .... (weiter lesen unter) ... http://www.rp-online.de/nrw/staedte/rhe ... -1.5457638

(c) Hüsch und Hüsch, 2015
Quelle: http://www.dioezesanrat.de/aktionen/ste ... hilfe.html
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Anmerkungen zur Bierdeckelaktion:
Ich halte die Informationskampagne in der vorgestellten Form für weniger geeignet, das Thema sachgerecht zu diskutieren. Dazu sind die tatsächlichen und rechtlichen Fragestellungen zu kompliziert. Ich kann das deshalb sagen, weil ich mich seit Jahrzehnten mit dem Thema befasse (auch mittels Buchveröffentlichungen und Zeitschriftenartikel) und regelmäßig Vorträge zu vorsorglichen Verfügungen (auch Patientenverfügung) halte.
Ich kenne die Sorgen und Nöte der Menschen im letzten Lebensabschnitt gut und trete vehement für eine gut gestaltete Zuwendung ein. Daher plädiere ich auch seit Jahren für eine auskömmliche Ausstattung der Palliativversorgung und Hospizarbeit ein. Der Neusser Pflegetreff hat sich bereits mehrfach mit dem Thema befasst (zuletzt am 22.10.2014 - dazu gibt es auch einen Film bei Youtube > https://www.youtube.com/watch?v=e0jtDziYNeM ). Dabei war u.a. Frau Lotz vom ambulanten Hospizdienst mehrfach eingebunden.
Die zahlreichen voneinander abweichenden Gesetzesvorschläge zum Thema Sterbehilfe bzw. Sterbebegleitung, die z.Zt. im Bundestag diskutiert werden, begleitet von unterschiedlichen juristischen Ratschlägen, zeigen deutlich auf, dass das Thema für eine breite "Thekendiskussion" nicht geeignet sind (> viewtopic.php?f=2&t=20596&hilit=assistierter . Informieren ja, aber in der richtigen Form und mit sachlichen Argumenten, ohne Bevormundung. Damit ist klar wird: Eine sog. Reichenweitenbegrenzung darf es nicht geben. Der Deutsche Bundestag hat dies seinerzeit mit Absicht verworfen.
Zu dem Entwurf eines Palliativ- und Hospizgesetzes (> viewtopic.php?f=2&t=20985&hilit=HPG wäre eine Menge zu sagen. Daher nur kurz: Die Hospizarbeit muss zu 100% finanziert werden (95% + Notwendigkeit, Spenden einzuwerben ist ungenügend). Im Übrigen ist deutlich mehr Fachpersonal erforderlich, vor allem in den stationären Pflegeeinrichtungen. Personal für die Zuwendung im Sterbeprozess muss zusätzlich tätig werden (siehe dazu das Projekt "beizeiten - begleiten" - Näheres unter > viewtopic.php?f=2&t=21084&hilit=beizeiten ). Solche Festlegungen gehören ins HPG, ohne dass darüber noch, vielleicht mit den Krankenkassen, verhandelt und gestritten werden muss. Ich gibt z.Zt. von einigen Experten die stets wiederholte Auffassung, dass es in den Pflegeeinrichtungen ein Sterben zweiter Klasse gibt. Und das muss sich ändern. Dies wollte ich übrigens beim jüngsten Augustinusforum zum Thema ein wenig erläutern, wurde aber von der Moderation - weniger nett - geblockt. Ich könnte jetzt sagen: Statt sachlicher Erörterung der wichtigen Fragen, Klamauk per Bierdeckel.
Meine Auffassung wurde Herrn Cornel Hüsch per E-Mail mitgeteilt. Es gab eine eher unverbindliche kurze Rückmeldung, die mit der Feststellung endete: "So sind die Wege verschieden, aber unser Ziel gleich"
Die "Bierdeckelaktion" kann ich weiterhin nicht akzeptieren und habe dies auch in Interview der Neuss-Grevenbroicher Zeitung mitgeteilt. Die Zeitung brachte daraufhin am 13.10.2015 einen weiteren kurzen Beitrag zum Thema:
Kritik an Werbung auf Bierdeckeln für Sterbebegleitung
Neuss (sug). Mit seiner neuen Aktion "Sterbebegleitung ist Lebenshilfe" will der Diözesanrat der Katholiken im Kölner Erzbistum zur öffentlichen Diskussion anregen. Doch die Kampagne kommt nicht überall gut an. Denn unter anderem werden 10.000 Bierdeckel mit dem Titel der Kampagne bedruckt und bei Pfarrfesten und in Gaststätten ausgelegt. "Ein solch sensibles Thema gehört nicht an eine Kneipen-Theke", sagt Werner Schell vom Selbsthilfenetzwerk Pro Pflege. "Schließlich geht es um aktive Tötung, Selbsttötung und begleitetes Sterben. Wer das ernsthaft diskutieren will, braucht dazu etwas Fachwissen." … (weiter lesen unter) … http://www.rp-online.de/nrw/staedte/neu ... -1.5466009
Werner Schell
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Am 14.10.2015 wurde bei Facebook gepostet:
Sterbebegleitung als Kneipenthema - Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk spricht sich klar gegen Bierdeckelaktion aus. Eine Enttabuisierung des sensiblen Themas ist wichtig. Die tatsächlichen und rechtlichen Fragestellungen sind aber kompliziert, so dass in angemessener Weise und mit dem entsprechenden Fachwissen informiert werden sollte. Näheres dazu > viewtopic.php?f=2&t=21303&p=88514&sid=b ... 8a7#p88514
Ich werde am 24.11.2015, 18.00 Uhr, in der Volkshochschule Neuss die nächste Vortragsveranstaltung zur Patientenautonomie am Lebensende durchführen. Dann werden die entsprechenden Fragestellungen, aber auch die Erstellung von vorsorglichen Verfügungen, angesprochen. Der Eintritt ist frei! Näheres dazu > viewtopic.php?f=7&t=21179
Am 07.12.2015 folgt dann in der Volkshochschule Neuss eine Vortragsveranstaltung zum "Patientenrechtegesetz". Näheres dazu > viewtopic.php?f=7&t=21178