Aus einer Mailingliste (anonymisiert):
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Herr .... schrieb u.a.:
.... ein Betreuter von mir lebt in einem Altenheim und ist Selbstzahler. Nun trat die Pflegedienstleistung an mich heran, dass der Betreute die Kosten für seinen Rasierer, Rasierschein, Corega-Taps und die Haftcreme selbst zahlen soll. Ist dies so? und wenn Nein mit welcher Rechtsquelle kann ich argumentieren.
Sehr geehrter Herr ... ,
sehr geehrte Damen und Herren,
die Leistungspflichten eines Heimträgers ergeben sich einmal grundsätzlich aus dem SGB XI (in Verbindung mit dem Heimvertrag). Insoweit haben die Pflegekassen einen Sicherstellungsauftrag (§ 69 SGB XI). Nähere Einzelheiten der pflegerischen Versorgung werden dann in Rahmenverträgen nach § 75 SGB XI vereinbart. Mehrere solcher Rahmenverträge finden Sie (sozusagen musterhaft) unter
http://www.wernerschell.de/html/aktuelles.php (Rubrik Beiträge, 2. Absatz von oben).
Diese Verträge weichen zum Teil voneinander ab, so dass im Ergebnis die Frage der Leistungspflicht umstritten bleiben kann.
In solchen Fällen würde ich die jeweilige Pflegekasse um eine Aussage / Zusage darüber veranlassen, welche konkreten Ansprüche bestehen und welche nicht. Bleibt die Pflegekasse mit Ihrer Entscheidung hinter dem zurück, was man als pflegewissenschaftlicher Standard einzustufen hat, kann Widerspruch und Klage erhoben werden. So wäre letztlich eine Klärung herbeizuführen. Kann natürlich dauern.
Die Diskussion hinsichtlich des Schneidens von Fußnägeln ist so ähnlich gelagert. Fußnägelschneiden gehört m.E., eine medizinische Indikation und kosmetische Wünsche außen vor gelassen, zur Leistungspflicht des Heimträgers. Gleichwohl sind solche Leistungen nicht in allen Rahmenverträgen ausgebracht. Daher gibt es Verweisungen auf die private Inanspruchnahme entsprechender Dienste. Auch hier gilt das vorher Gesagte: Pflegekasse zur Klarstellung auffordern und ggf. Rechtsweg beschreiten.
Siehe auch die Hinweise im Forum Werner Schell:
viewtopic.php?t=13159&highlight=fu%DFn%E4gel
Eine bessere Lösung ist mir nicht eingefallen. Für eventuell geeignetere Vorschläge bin ich offen. Sobald ich freie Kapazitäten habe, will ich das Thema im Rahmen von Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk aufgreifen, vielleicht auch beim Pflegetreff am 27.04.2010 problematisieren:
viewtopic.php?t=12279
Wie es scheint, gibt es seitens der Pflegeeinrichtungen Vorstellungen darüber, - auch aus Sparzwängen - die HeimbewohnerInnen stärker in die Pflicht zu nehmen. Das von der Politik ausgegebene Leitthema für das gesamte Gesundheitswesen - Ökonomisierung - scheint zu greifen.
Mit freundlichen Grüßen
Werner Schell - http://www.wernerschell.de
http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de
Was ist im Heimentgelt enthalten? Rasierer, Creme, Nägel ...
Moderator: WernerSchell
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Was ist im Heimentgelt enthalten? Rasierer, Creme, Nägel ...
Zuletzt geändert von WernerSchell am 26.01.2010, 15:00, insgesamt 1-mal geändert.
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Aus dem weiteren Schriftwechsel (anonymisiert):
Frau ... schrieb:
.... wegen der Erbringung einzelner Leistungen durch die Pflegeheime hatte ich hier in Berlin von einer Pflegekasse und von der Heimaufsicht unterschiedliche Antworten bekommen. Manche Pflegekassen neigen offensichtlich dazu, der Ansicht mancher Heime zu folgen.
Sehr geehrte Frau ....,
auch nach meinen Feststellungen geht es wie "Kraut und Rüben" durcheinander, auch in den Rahmenverträgen. Manchmal stellt sich mir die Frage, welche Interessen eigentlich die Pflegekassen wahrnehmen, die der Einrichtungsträger oder die der Mitglieder.
Daher erscheint es wirklich sinnvoll, die anstehenden Fragen, so wie vorgeschlagen, einer Klärung zuzuführen. Ich halte sehr viel davon, die normalen Körperpflegemaßnahmen mit den dazu gehörigen Sachmitteln der Leistungspflicht der Heimträger zuzuordnen. Und das müsste dann bundeseinheitlich gelten.
Ich habe mich in der Vergangenheit übrigens wiederholt zur Rechtszersplitterung im Heim- und Pflegerecht geäußert und kein Politiker hat so recht zugehört:
Zersplitterung des Heim- und Pflegerechts - Föderalismusreform von 2006 korrigieren
Pressemitteilung von Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk vom 23.04.2009 hier
http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwe ... eilung.php
Meine Vorstellung ist auch, die nebeneinander laufenden Prüfungen von MDK und Heimaufsicht zusammen zu führen. Was da jetzt abgeht, einschließlich Schulnoten / Pflege-TÜV, ist nicht zu vertreten und saugt viel Geld ab, das direkt den pflegebedürftigen Menschen zugedacht, eine bessere Verwendung verdient hätte.
Die Bayerische Sozialministerin äußerste sich gestern, 25.01.2010, im BR - Fernsehen bei "Geld & Leben" so ähnlich:
http://www.br-online.de/bayerisches-fer ... 782991.xml
Mit freundlichen Grüßen
Werner Schell - http://www.wernerschell.de
http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de
Frau ... schrieb:
.... wegen der Erbringung einzelner Leistungen durch die Pflegeheime hatte ich hier in Berlin von einer Pflegekasse und von der Heimaufsicht unterschiedliche Antworten bekommen. Manche Pflegekassen neigen offensichtlich dazu, der Ansicht mancher Heime zu folgen.
Sehr geehrte Frau ....,
auch nach meinen Feststellungen geht es wie "Kraut und Rüben" durcheinander, auch in den Rahmenverträgen. Manchmal stellt sich mir die Frage, welche Interessen eigentlich die Pflegekassen wahrnehmen, die der Einrichtungsträger oder die der Mitglieder.
Daher erscheint es wirklich sinnvoll, die anstehenden Fragen, so wie vorgeschlagen, einer Klärung zuzuführen. Ich halte sehr viel davon, die normalen Körperpflegemaßnahmen mit den dazu gehörigen Sachmitteln der Leistungspflicht der Heimträger zuzuordnen. Und das müsste dann bundeseinheitlich gelten.
Ich habe mich in der Vergangenheit übrigens wiederholt zur Rechtszersplitterung im Heim- und Pflegerecht geäußert und kein Politiker hat so recht zugehört:
Zersplitterung des Heim- und Pflegerechts - Föderalismusreform von 2006 korrigieren
Pressemitteilung von Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk vom 23.04.2009 hier
http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwe ... eilung.php
Meine Vorstellung ist auch, die nebeneinander laufenden Prüfungen von MDK und Heimaufsicht zusammen zu führen. Was da jetzt abgeht, einschließlich Schulnoten / Pflege-TÜV, ist nicht zu vertreten und saugt viel Geld ab, das direkt den pflegebedürftigen Menschen zugedacht, eine bessere Verwendung verdient hätte.
Die Bayerische Sozialministerin äußerste sich gestern, 25.01.2010, im BR - Fernsehen bei "Geld & Leben" so ähnlich:
http://www.br-online.de/bayerisches-fer ... 782991.xml
Mit freundlichen Grüßen
Werner Schell - http://www.wernerschell.de
http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de
Die Frage ist, wie bereits berichtet, nicht eindeutig zu beantworten.
Es gibt Leistungs- und Qualitätsvereinbarungen, in denen bestimmte Leistungen enthalten sind und solche, in denen sie nicht vorhanden sind. Die Ursache liegt in der Bereitschaft der Kostenträger, die Refinanzierung in den vereinbarten Heimentgelten zu sichern oder nicht.
Weigert sich die Pflegekasse und/oder das Sozialamt, die benannten Kosten rezufinanzieren, sind sie nicht mit dem Heimentgelt abgedeckt. Werden sie anerkannt, sind sie mit dem Heimentgelt abgedeckt.
Sie werden in Deutschland keinen Dienstleister finden und dies auch nicht erwarten, daß er Leistungen erbringt, die er nicht gegenfinanziert bekommt. Ob das durch Pauschalen geschieht oder durch konkrete Einzelabrechnung. Sie selbst werden nicht bereit sein, Kosten zu übernehmen, die sie nicht selbst verursacht haben.
Die Kostenträger werden so schnell nicht bereit sein, sämtliche gewünschte Kosten von Leistungsempfängern zu übernehmen. Und solange dies so ist, wird das Verwirrspiel weiter gehen. Aus einem Topf holt man nie mehr heraus, als drin ist!
Es gibt Leistungs- und Qualitätsvereinbarungen, in denen bestimmte Leistungen enthalten sind und solche, in denen sie nicht vorhanden sind. Die Ursache liegt in der Bereitschaft der Kostenträger, die Refinanzierung in den vereinbarten Heimentgelten zu sichern oder nicht.
Weigert sich die Pflegekasse und/oder das Sozialamt, die benannten Kosten rezufinanzieren, sind sie nicht mit dem Heimentgelt abgedeckt. Werden sie anerkannt, sind sie mit dem Heimentgelt abgedeckt.
Sie werden in Deutschland keinen Dienstleister finden und dies auch nicht erwarten, daß er Leistungen erbringt, die er nicht gegenfinanziert bekommt. Ob das durch Pauschalen geschieht oder durch konkrete Einzelabrechnung. Sie selbst werden nicht bereit sein, Kosten zu übernehmen, die sie nicht selbst verursacht haben.
Die Kostenträger werden so schnell nicht bereit sein, sämtliche gewünschte Kosten von Leistungsempfängern zu übernehmen. Und solange dies so ist, wird das Verwirrspiel weiter gehen. Aus einem Topf holt man nie mehr heraus, als drin ist!
Ein Mensch funktioniert nicht - er lebt!