Liebe Mitmenschen,
sind ambulante Pflegedienste an die Gesetzesvorgaben und richterlichen Entscheidungen, nach SGB V und SGB XI, gebunden, wenn die häusliche Pflege von einer gesetzl. Unfallversicherung (SGB VII) oder einer privaten Haftpflichtversicherung zu finanzieren ist?
Im Rahmen meiner Selbständigkeit bin ich wiederkehrend damit beauftragt private, häusliche Pflege, im Umfang "rund um die Uhr", zu organisieren. In der Mehrzahl der Fälle besteht bei meinen Klienten eine Querschnittslähmung oder Schädelhirnverletzung und deren Hilfebedarfe beinhalten auch Behandlungspflegen.
Stat. Pflege lehne ich ab, oder betrachte diese als letzte Möglichkeit, bzw. notwendiges Übel.
Arbeitgebermodelle sind nicht immer sinnvoll oder umsetzbar und ambulante Pflegedienste müssen mit einbezogen werden.
Die von mir angesprochenen Pflegedienste argumentieren dann aber, dass sie bei der Notwendigkeit von regelmäßigen Behandlungspflegen nur examinierte Pflegekräfte einsetzten dürfen und beziehen sich dabei auf ihre übliche Abrechnungspraxis und Qualitätszwänge nach SGB V und SGB XI.
Diese Notwendigkeit sehe ich oft nicht.
Meine Fragen:
Ist es rechtlich haltbar, wenn Pflegebedürftige mit ambulanten Pflegediensten einen Pflegevertrag abschließen, wonach auch Hilfskräfte Behandlungspflegen durchführen dürfen (leistungsrechtlich ist in den konkreten Fällen das SGB V und SGB XI nicht beteiligt)?
Oder begeben sich die Pflegedienste dann auf "dünnes Eis" (= Organisationsverantwortung)?
Wenn JA = ein solcher Pflegevertrag ist möglich:
Dürfen die Leistungsträger (entweder nach SGB VII oder private Halftpflichtversicherung) sich auf solche Verträge zur Finanzierung der Pflege einlassen oder müssen diese die Rechtsauslegungen, nach SGB V und SGB XI, anwenden bzw. berücksichtigen?
Vielen Dank
Th. Hahn
Pflegedienst - Behandlungspflege - Hilfskräfte
Moderator: WernerSchell
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Einsatz von Pflegekräften - Sorgfaltsgebot ist bedeutsam
Hallo Th. Hahn,
die einschränkenden Regelungen bezüglich Behandlungspflege und Einsatz von Pflegefachkräften usw. gilt m.E. zunächst nur für die angesprochenen Bereiche SGB V und SGB XI. Denn die Ausführungsregelungen beziehen sich allein auf diese Gesetze.
Daher erscheint es auf den ersten Blick nicht abwegig, bei anderweitigen Rechtsgrundlagen - SGB VII bzw. private Versicherung - nach den allgemeinen Grundsätzen zu verfahren und das Personal nach den Geboten der bürgerlich-rechtlichen Sorgfaltspflicht (§§ 276 , 278 BGB) einzusetzen (hier im Forum oft angesprochen - unter "Suchen" aufrufbar - "Sorgfaltspflicht" eingeben). Mit anderen Worten, es wären auch außerhalb der GKV bzw. SPV geeignete MitarbeiterInnen einsatzfähig, die nach den o.a. (engen) Vorschriften (aus abrechnungstechnischen Gründen) nicht zugelassen sind.
Haftungsrechtlich ist der Einsatz von ausreichend qualifiziertem Personal nicht problematisch. Siehe die Delgationsgrundsätze von Werner Schell unter
http://www.wernerschell.de/Rechtsalmana ... erapie.php
http://www.wernerschell.de/Rechtsalmana ... gation.php
Reichen diese Hinweise?
Gruß
Herbert Kunst
die einschränkenden Regelungen bezüglich Behandlungspflege und Einsatz von Pflegefachkräften usw. gilt m.E. zunächst nur für die angesprochenen Bereiche SGB V und SGB XI. Denn die Ausführungsregelungen beziehen sich allein auf diese Gesetze.
Daher erscheint es auf den ersten Blick nicht abwegig, bei anderweitigen Rechtsgrundlagen - SGB VII bzw. private Versicherung - nach den allgemeinen Grundsätzen zu verfahren und das Personal nach den Geboten der bürgerlich-rechtlichen Sorgfaltspflicht (§§ 276 , 278 BGB) einzusetzen (hier im Forum oft angesprochen - unter "Suchen" aufrufbar - "Sorgfaltspflicht" eingeben). Mit anderen Worten, es wären auch außerhalb der GKV bzw. SPV geeignete MitarbeiterInnen einsatzfähig, die nach den o.a. (engen) Vorschriften (aus abrechnungstechnischen Gründen) nicht zugelassen sind.
Haftungsrechtlich ist der Einsatz von ausreichend qualifiziertem Personal nicht problematisch. Siehe die Delgationsgrundsätze von Werner Schell unter
http://www.wernerschell.de/Rechtsalmana ... erapie.php
http://www.wernerschell.de/Rechtsalmana ... gation.php
Reichen diese Hinweise?
Gruß
Herbert Kunst
Für menschenwürdige Pflege sind wir alle verantwortlich! - Dazu finde ich immer wieder gute Informationen unter http://www.wernerschell.de
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Gute Hilfskräfte am Sorgfaltsgebot ausgerichtet
Guten Morgen,
sog. Hilfekräfte bringen z.T. Top-Leistungen, arbeiten nach dem beschriebenen Sorgfaltsgebot. Nur die geltenden Vorschriften schränken die Dienstleistungsmöglichkeiten ein. Man darf fragen, ob das immer Sinn macht.
MfG
Pflege Cologne
sog. Hilfekräfte bringen z.T. Top-Leistungen, arbeiten nach dem beschriebenen Sorgfaltsgebot. Nur die geltenden Vorschriften schränken die Dienstleistungsmöglichkeiten ein. Man darf fragen, ob das immer Sinn macht.
MfG
Pflege Cologne
Alzheimer - eine Krankheit, die mehr Aufmerksamkeit erfordert! - Pflegesystem muss dem angepasst werden, auch, wenn es teurer wird! - Ich bin dabei:
http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de
http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de
Sehr geehrter Herr Kunst,
vielen Dank für Ihre Einschätzung und Ihre Hinweise.
Ich bin Ihren Hinweisen zum Forum nachgegangen, habe aber keine ausreichenden Informationen finden können. Ich muss gestehen, das Forum künftig mehr nutzen zu müssen als bisher, um mich an dem darin enthaltenen Wissensfundus besser und umfangreicher zu bedienen, im Sinne meiner Weiterbildung.
Persönlich sehe ich es auch so, wie Sie es beschreiben.
Die Leistungsmodalitäten der Pflegedienste beziehen sich i. d. R. auf Verträge zur Leistungserbringen mit den Spitzenverbänden nach SGB V und SGB XI.
Die Spitzenverbände sind in den konkreten Fällen jedoch nicht beteiligt.
Es geht mir aber der folgende Gedanke durch den Kopf:
Es entwickelt sich (das von allen Beteiligten ehrliche und größte Bemühen ist zu unterstellen) ein Gesundheitsschaden, der gleich welcher Art als Pflegefehler - von wem auch immer - erachtet wird. In der Folge geht es vor Gericht (von wem auch immer veranlasst, oder z. B. die GKV bei erforderlicher Krankenhausbehandlung).
Der "arme" Richter muss dazu "Stellung" nehmen. Kann es dann nicht sein, dass sich der Richter bei seiner Rechtssuche an die übliche, sozialrechtlich geübte Praxis - basierend auf SGB V u. XI - anlehnen wird und es dann doch zu einem richterlich festgestellten Organisationsdefizit des vom Pflegebedürftigen, im Rahmen eines privatrechtlichen Vertrages beauftragten Pflegedienst kommt.
Das Thema habe ich in diesem Forum begonnen, um letztlich den Pflegediensten helfen zu können. Denn bislang konnte kein Pflegedienst mir diese Frage zufriedenstellend beantworten.
Fiktion: Würde der Gesetzgeber das Instrument der Wirtschaftsteuerung, hier die Sachleistung nach SGB XI, in eine alleinige Geldleistung ändern und könnte der Pflegebedürftige dann seine Pflege mit dem Pflegedienst selbst, privatrechtlich organisieren, wäre dem Pflegebedürftigen, dem Pflegedienst und dem Arbeitsmarkt geholfen und die Pflegestützpunkte (Case Management) machten Sinn. Das alles unter weiterer Qualitätssicherung nach §37 Abs.3. SGB XI und evtl. auch durch den MDK.
Persönliche Note: Ich halte die Personalfachquote für eines der größten Übel im Pflegemarkt, aus gesellschaftlich ökonomischer Sicht. Nach meiner Meinung steht bei dieser Quote nicht der Pflegebedürftige im Fokus, sondern eine ins Absurde sich verkehrende Arbeitsmarktpolitik und Wirtschaftssteuerung mit verherenden Auswirkungen für pflegebedürftige Menschen.
Mit vielen Grüßen
Th. Hahn
vielen Dank für Ihre Einschätzung und Ihre Hinweise.
Ich bin Ihren Hinweisen zum Forum nachgegangen, habe aber keine ausreichenden Informationen finden können. Ich muss gestehen, das Forum künftig mehr nutzen zu müssen als bisher, um mich an dem darin enthaltenen Wissensfundus besser und umfangreicher zu bedienen, im Sinne meiner Weiterbildung.
Persönlich sehe ich es auch so, wie Sie es beschreiben.
Die Leistungsmodalitäten der Pflegedienste beziehen sich i. d. R. auf Verträge zur Leistungserbringen mit den Spitzenverbänden nach SGB V und SGB XI.
Die Spitzenverbände sind in den konkreten Fällen jedoch nicht beteiligt.
Es geht mir aber der folgende Gedanke durch den Kopf:
Es entwickelt sich (das von allen Beteiligten ehrliche und größte Bemühen ist zu unterstellen) ein Gesundheitsschaden, der gleich welcher Art als Pflegefehler - von wem auch immer - erachtet wird. In der Folge geht es vor Gericht (von wem auch immer veranlasst, oder z. B. die GKV bei erforderlicher Krankenhausbehandlung).
Der "arme" Richter muss dazu "Stellung" nehmen. Kann es dann nicht sein, dass sich der Richter bei seiner Rechtssuche an die übliche, sozialrechtlich geübte Praxis - basierend auf SGB V u. XI - anlehnen wird und es dann doch zu einem richterlich festgestellten Organisationsdefizit des vom Pflegebedürftigen, im Rahmen eines privatrechtlichen Vertrages beauftragten Pflegedienst kommt.
Das Thema habe ich in diesem Forum begonnen, um letztlich den Pflegediensten helfen zu können. Denn bislang konnte kein Pflegedienst mir diese Frage zufriedenstellend beantworten.
Fiktion: Würde der Gesetzgeber das Instrument der Wirtschaftsteuerung, hier die Sachleistung nach SGB XI, in eine alleinige Geldleistung ändern und könnte der Pflegebedürftige dann seine Pflege mit dem Pflegedienst selbst, privatrechtlich organisieren, wäre dem Pflegebedürftigen, dem Pflegedienst und dem Arbeitsmarkt geholfen und die Pflegestützpunkte (Case Management) machten Sinn. Das alles unter weiterer Qualitätssicherung nach §37 Abs.3. SGB XI und evtl. auch durch den MDK.
Persönliche Note: Ich halte die Personalfachquote für eines der größten Übel im Pflegemarkt, aus gesellschaftlich ökonomischer Sicht. Nach meiner Meinung steht bei dieser Quote nicht der Pflegebedürftige im Fokus, sondern eine ins Absurde sich verkehrende Arbeitsmarktpolitik und Wirtschaftssteuerung mit verherenden Auswirkungen für pflegebedürftige Menschen.
Mit vielen Grüßen
Th. Hahn
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Pflege am sorgfältigen Handeln ausrichten
Hallo,
nochmals kurz: Es gibt eine Suchfunktion (oben). Dort sollte der Begriff "Sorgfaltspflicht" eingegeben werden. Dann kommt eine lange Liste mit Beiträgen:
search.php?mode=results
Dort müsste man lesen!
In der Pflege gibt es keinen Tätigkeitsschutz. Daher kann / darf eigentlich jeder pflegen. Wenn es darum geht zu fragen, ob jemand ordnungsgemäß / angemessen / gut gepflegt hat, wird man nach dem "sorgfältigen Handeln" fragen. Genau um dieses Thema geht es.
Vordergründig denkt man sich, dass dreijährig ausgebildete Kräfte, dem Sorgfaltsgebot am Ehesten entsprechen können. Daher gibt es auch bezüglich der Leistungen nach dem SGB V und XI entsprechende Abrechnungserfordernisse.
Ob solche Erfordernisse Sinn machen, darf hinterfragt werden. Richtiger wäre, den pflegen zu lassen, der es kann. Dem entsprechen auch die Delegationsgrundsätze unter
http://www.wernerschell.de/Rechtsalmana ... gation.php
Ich rege nochmals zum Studium der zahlreichen Beiträge hier im Forum und unter
http://www.wernerschell.de/Rechtsalmana ... erapie.php
an.
Gruß
Herbert Kunst
nochmals kurz: Es gibt eine Suchfunktion (oben). Dort sollte der Begriff "Sorgfaltspflicht" eingegeben werden. Dann kommt eine lange Liste mit Beiträgen:
search.php?mode=results
Dort müsste man lesen!
In der Pflege gibt es keinen Tätigkeitsschutz. Daher kann / darf eigentlich jeder pflegen. Wenn es darum geht zu fragen, ob jemand ordnungsgemäß / angemessen / gut gepflegt hat, wird man nach dem "sorgfältigen Handeln" fragen. Genau um dieses Thema geht es.
Vordergründig denkt man sich, dass dreijährig ausgebildete Kräfte, dem Sorgfaltsgebot am Ehesten entsprechen können. Daher gibt es auch bezüglich der Leistungen nach dem SGB V und XI entsprechende Abrechnungserfordernisse.
Ob solche Erfordernisse Sinn machen, darf hinterfragt werden. Richtiger wäre, den pflegen zu lassen, der es kann. Dem entsprechen auch die Delegationsgrundsätze unter
http://www.wernerschell.de/Rechtsalmana ... gation.php
Ich rege nochmals zum Studium der zahlreichen Beiträge hier im Forum und unter
http://www.wernerschell.de/Rechtsalmana ... erapie.php
an.
Gruß
Herbert Kunst
Für menschenwürdige Pflege sind wir alle verantwortlich! - Dazu finde ich immer wieder gute Informationen unter http://www.wernerschell.de