Das nachfolgende Statement wurde auch beim Neusser Pflegetreff am 27.11.2019 angesprochen und in Kürze vorgestellt ( > http://www.wernerschell.de/forum/neu/vi ... =7&t=23347 bzw. http://www.wernerschell.de/aktuelles.php ). Dabei wurde angekündigt, dass die kompletten Ausführungen noch ins Netz gestellt werden. Dem wird mit dem nachfolgenden Text entsprochen:

12. Treffen „Runder Tisch Demenz Neuss“
am 13.11.2019 im Memory-Zentrum, Neuss, Steinhausstraße 40
Kurzstatement Werner Schell zum Thema:
Entlassmanagement und Kurzzeitpflege (im Krankenhaus) - Gesetzliche Grundlage und aktueller Stand

Krankenhaus-Entlassmanagement
Der Übergang von einem Krankenhausaufenthalt in die ambulante Behandlung, Pflege, Betreuung … bereitet seit vielen Jahren Probleme. In der Vergangenheit wurde insoweit von „Versorgungslücken“ bzw. „blutigen Entlassungen“ gesprochen. Es gab bereits vor mehr als 10 Jahren vielfältige Forderungen, auch von Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk, insoweit geeignete Unterstützungsstrukturen zu schaffen. In einem Anschreiben an die NGZ am 20.08.2011 wurde z.B. von mir zu einem Bericht „Patienten dürfen früher gehen“ ausgeführt:
„… Im Übrigen fehlt in Ihrem Bericht der Hinweis, dass die Patienten bei schnellen Entlassungen in zum Teil schwierige häusliche Verhältnisse zurückkehren. Sie werden überwiegend mit hohem Pflegebedarf bzw. Hilfenotwendigkeiten entlassen, ohne dass geregelt ist, wie diese Versorgungslücke geschlossen wird. Abgesehen von behandlungspflegerischen Maßnahmen gibt es von der Kranken- oder Pflegekasse keine Hilfe. Ich vermisse Ausführungen, wie diese Situation von den früh entlassenen Patienten gemeistert werden kann. Wohl dem der eine gut funktionierende Familie mit entsprechender Betreuung zur Seite hat. …“
Danach gab es umfängliche Bemühungen, auch von Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk, den Gesetzgeber zu bewegen, für geeignete Nachsorgestrukturen Sorge zu tragen.
Nach all dem kam es dann in § 39 SGB V zu einer Vorschrift, die das Entlassmanagement der Krankenhäuser auf eine neue patientenfreundliche Basis stellt.
§ 39 Abs. 1a SGB V lautet auszugweise wie folgt:
"(1a) Die Krankenhausbehandlung umfasst ein Entlassmanagement zur Unterstützung einer sektorenübergreifenden Versorgung der Versicherten beim Übergang in die Versorgung nach Krankenhausbehandlung. ... Der Versicherte hat gegenüber der Krankenkasse einen Anspruch auf Unterstützung des Entlassmanagements nach Satz 1; soweit Hilfen durch die Pflegeversicherung in Betracht kommen, kooperieren Kranken- und Pflegekassen miteinander. Das Entlassmanagement umfasst alle Leistungen, die für die Versorgung nach Krankenhausbehandlung erforderlich sind, insbesondere die Leistungen nach den §§ 37b, 38, 39c sowie alle dafür erforderlichen Leistungen nach dem Elften Buch. …"
Damit sind die jeweils behandelnden Krankenhäuser verpflichtet, rechtzeitig für eine lückenlose Anschlussversorgung zu sorgen. Denn werden Patienten aus dem Krankenhaus entlassen, benötigen sie meist auch in der Zeit danach noch medizinische Nachsorge, Hilfsmittel oder Pflege. In die Wege leiten muss dies das jeweilige Krankenhaus. Man denke nur an Rezept, Kurzzeitpflege, Rollator oder Reha.
Seit Oktober 2017 ist in einem Rahmenvertrag zwischen Krankenhäusern, Krankenkassen und Kassenärzten genau geregelt, welche Aufgaben Kliniken beim sog. Entlassmanagement übernehmen müssen. = Patienten müssen zum Beispiel nicht mehr einen Umweg über ihren Hausarzt gehen, sondern können ein von ihrer Klinik ausgestelltes Rezept über Medikamente sofort in der Apotheke einlösen.
Einige Nachsorgepflichten der Kliniken, zusammengestellt von der Verbraucherzentrale NRW, im Überblick:
Vorabinfos und Einwilligung
Das Entlassungsmanagement dient Patienten, die voll- oder teilstationär im Krankenhaus behandelt werden und im Anschluss weitere Hilfen benötigen. Krankenhäuser sind hierbei verpflichtet, Patienten schriftlich über Ziele und Inhalte des Entlassmanagements zu informieren. Und Patienten müssen dem Übergang in die ambulante Versorgung und der damit verbundenen Weitergabe ihrer persönlichen Daten mit ihrer Unterschrift zustimmen. Diese Einwilligung kann jederzeit widerrufen werden. Dies gilt auch für Teileinwilligungen, wie die Weitergabe der Daten an die Krankenkasse. Solche Rückzieher können allerdings dazu führen, dass notwendige Hilfen nicht rechtzeitig bereitstehen.
Ablauf der Anschlussversorgung
Das Entlassmanagement sollte so früh wie möglich in Gang gesetzt wer-den. Hierzu muss der behandelnde Arzt – falls erforderlich – mit den Pflegekräfte, dem Mitarbeiter des Sozialdienstes und dem Apotheker den genauen Versorgungsbedarf ermitteln und in einem Entlassplan eintragen. Rechtzeitig vor der Entlassung muss die Klinik den weiterbehandelnden Arzt und Pflegedienst über die nötige Weiterversorgung informieren und hierzu möglichst schon Termine vereinbaren. Falls zusätzliche Leistungen von der Krankenkasse zu genehmigen sind, hilft das Krankenhaus bei Bedarf, die Unterlagen auszufüllen und weiterzuleiten. Die Krankenkassen prüfen die Anträge, beraten die Patienten und nehmen Kontakt zu den Leistungsanbietern, beispielsweise zu Sanitätshäusern, auf. Patienten können Ärzte, Pflegedienst, Physiotherapeuten und Apotheker selbst aussuchen. Diese Wahlfreiheit darf durch das Entlassmanagement nicht einschränkt werden.
Leistungen
Am Tag der Entlassung erhalten Patienten einen Entlassbrief. In dem Schreiben sind die persönlichen Patientendaten, Diagnosen, Befunde, der Name des behandelnden Klinikarztes plus Rufnummer für Rückfragen, Empfehlungen für die weitere Behandlung und Informationen zur Arzneimitteltherapie enthalten. Darin sind auch alle Verordnungen und weiterversorgenden Einrichtungen aufgeführt. Einen Medikationsplan gibt’s extra. Außerdem bekommen Patienten sämtliche Verordnungen, die sie im Anschluss an ihren Klinikaufenthalt benötigen. Die Krankenhäuser dürfen Arzneien, Heil- und Hilfsmittel oder auch Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen sowie Pflegeleistungen lediglich für sieben Tage verordnen. Darüber hinaus müssen Patienten ihren weiteren Bedarf mit einem niedergelassenen Arzt klären.
Trotz dieser seit Jahren bestehenden klaren Rechtslage wird anhaltend über Mängel beim Entlassmanagement berichtet. So titelte z.B. die „Ärzte Zeitung“ in ihrer Ausgabe vom 22.05.2019 wie folgt: „Entlassmanagement - Immer noch gravierende Defizite.“
Dies gab der Vollversammlung des „Runden Tisches Demenz Neuss“ am 14.05.2019 Veranlassung, das Thema aufzugreifen und für Verbesserungen beim Krankenhaus - Entlassmanagement einzutreten. Dabei war auch von Be-deutung, dass gute Nachsorgeregelungen auch mit Blick auf die Menschen mit Demenz zwingend geboten erscheinen.
Zur Vorbereitung der weiteren Erörterungen wurden Ende Juli 2019 vom „Runden Tisch Demenz Neuss, mit einem Anschreiben der Landrat des Rhein-Kreises Neuss – WTG-Behörde – und nachrichtlich der Bürgermeister Stadt Neuss bzw. das Lukaskrankenhaus Neuss und das Johanna-Etienne-Krankenhaus über die Besorgnisse wie folgt informiert:
Betr.: Entlassmanagement nach § 39 SGB V in Verbindung mit dem Rahmenvertrag Entlassmanagement
Sehr geehrte Damen und Herren,
der Runde Tisch Demenz Neuss wurde wiederholt auf die Erfordernisse eines Entlassmanagements angesprochen, das in angemessener Weise die Bedürfnisse der Menschen mit Demenz und ihrer Angehörigen berücksichtigt. Es wurde dabei u.a. massiv Klage darüber geführt, dass zum Teil keine den Bedürfnissen gerecht werdende Anschlussversorgung gewährleistet werden konnte oder die Vermittlung in eine wohnortferne Einrichtung als einzige Lösung verblieb.
Der Runde Tisch Demenz Neuss hat daher in seiner Vollversammlung am 14.05.2019 unter Beteiligung der Sozialen Dienste der Neusser Krankenhäuser einen Erfahrungsaustausch vorgenommen und feststellen müssen, dass die bereits bekannten Anschlussversorgungsdefizite fortbestehen bzw. sich sogar verstärkt haben. Insbesondere ist es äußerst schwierig, Menschen mit Demenz in geeignete Kurzzeitpflegeeinrichtungen zu vermitteln. Hinzu kommen die bekannten Engpässe bei der Suche nach einem geeigneten Heimplatz bzw. einer Tagespflegeinrichtung.
Angesichts dieser Situation sieht sich der Runde Tisch Demenz Neuss veranlasst, die Defizite im Zusammenhang mit dem Entlassmanagement erneut anzusprechen und die beteiligten Institutionen dringend zu bitten, alle rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten zu ergreifen, um die Versorgungsdefizite im Zusammenhang mit dem Entlassmanagement zu minimieren bzw. zu beheben. Dabei sollten auch die vom Landesgesundheitsministerium NRW gemachten Vorschläge, in den Krankenhäusern Kurzzeitpflegeplätze einzurichten, schnellstmöglich Be-rücksichtigung finden.
Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass erst vor einigen Wochen der Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung einige Maßnahmen vorgeschlagen hat, die geeignet erscheinen, mehr Kurzzeitpflegeplätze einzurichten. Der Pflegebeauftragte hat im Zusammenhang mit seinen Vorschlägen erklärt: "Es kann nicht sein, dass die Menschen in einer Krisensituation keinen Kurzzeitpflegeplatz in ihrer Nähe finden - obwohl sie ihn dringend benötigen und einen gesetzlichen Anspruch darauf haben!" - Dem kann sich der Runde Tisch Demenz Neuss nur anschließen.
Es ist angedacht, bei der nächsten Vollversammlung des Runden Tisches Demenz am 13.11.2019 (15.00 - 17.00 Uhr) das Entlassmanagement nochmals zu thematisieren. Insoweit wäre es hilfreich, wenn ein Vertreter der WTG-Behörde über die aktuelle Pflegeheimplanung im Rhein-Kreis Neuss vortragen und dabei auf die angesprochene Problematik näher eingehen könnte (etwa 15 - 20 Minuten). Eine positive Rückmeldung der WTG-Behörde zu dieser Anregung, wäre sehr zu begrüßen.
Es erscheint richtig, dass Krankenhaus-Entlassmanagement weiter in den Blick zu nehmen, denn aktuelle Informationen zum Thema geben Veranlassung, die Forderungen nach Verbesserungen aufrecht zu erhalten bzw. zu verstärken.
Pflegen-online.de berichtete am 24.06.2019 ausführlich über entsprechende Mängel und titelte: „Abgemagert und ungekämmt aus der Klinik zurück ins Heim.“ Weiter wurde ausgeführt: „Zwei PDL erzählen, wie verwahrlost sie Heimbewohner aus Kliniken zurückbekommen. Das Schlimmste: Experten wie Michael Isfort (dip) sowie der Care Klima-Index bestätigen die Zustände“.
Kurzzeitpflege
Die Kurzzeitpflege ist ein hilfreiches und manchmal einzig sinnvolles Angebot zur Versorgung eines pflegebedürftigen Menschen. Es dient ggf. auch zur Entlastung der pflegenden Angehörigen.
Gründe für die Nutzung der Kurzzeitpflege können sein:
• Zeiten der Krankheit, des Urlaubs oder einer sonstigen Verhinderung der Pflegeperson, die nicht mit Leistungen der Verhinderungspflege in der häuslichen Umgebung überbrückt werden können.
• Krisenzeiten, z. B. bei völligem Ausfall der bisherigen Pflegeperson.
• Kurzfristige erhebliche Verschlimmerung der Pflegebedürftigkeit, die nicht selber zu bewältige ist.
• Übergangszeit direkt nach einer stationären Behandlung in einem Krankenhaus oder einer Rehabilitationseinrichtung.
• Wenn etwa nach einem Krankenhausaufenthalt für die häusliche Pflege in der Wohnung des Pflegebedürftigen noch Umbaumaßnahmen erforderlich sind oder die Pflegeperson die Pflege noch nicht sofort übernehmen kann.
• Wenn etwa nach einem Krankenhausaufenthalt die pflegenden Angehörigen die Pflege noch nicht sofort übernehmen können (z.B. bei Berufstätigkeit).
Ansprüche auf eine Kurzzeitpflege ergeben sich v.a. aus § 42 SGB XI und § 39c SGB V:
§ 42 SGB XI Kurzzeitpflege
(1) Kann die häusliche Pflege zeitweise nicht, noch nicht oder nicht im erforderlichen Umfang erbracht werden und reicht auch teilstationäre Pflege nicht aus, besteht für Pflegebedürftige der Pflegegrade 2 bis 5 Anspruch auf Pflege in einer vollstationären Einrichtung. Dies gilt:
1. für eine Übergangszeit im Anschluss an eine stationäre Behandlung des Pflegebedürftigen oder
2. in sonstigen Krisensituationen, in denen vorübergehend häusliche oder teilstationäre Pflege nicht möglich oder nicht ausreichend ist.
(2) Der Anspruch auf Kurzzeitpflege ist auf acht Wochen pro Kalenderjahr beschränkt. Die Pflegekasse übernimmt die pflegebedingten Aufwendungen einschließlich der Aufwendungen für Betreuung sowie die Aufwendungen für Leistungen der medizinischen Behandlungspflege bis zu dem Gesamtbetrag von 1612 Euro im Kalenderjahr. Der Leistungsbetrag nach Satz 2 kann um bis zu 1612 Euro aus noch nicht in Anspruch genommenen Mitteln der Verhinderungspflege nach § 39 Absatz 1 Satz 3 auf insgesamt bis zu 3224 Euro im Kalenderjahr erhöht werden. Der für die Kurzzeitpflege in Anspruch genommene Erhöhungsbetrag wird auf den Leistungsbetrag für eine Verhinderungspflege nach § 39 Absatz 1 Satz 3 angerechnet.
(3) Abweichend von den Absätzen 1 und 2 besteht der Anspruch auf Kurzzeitpflege in begründeten Einzelfällen bei zu Hause gepflegten Pflegebedürftigen auch in geeigneten Einrichtungen der Hilfe für behinderte Menschen und anderen geeigneten Einrichtungen, wenn die Pflege in einer von den Pflegekassen zur Kurzzeitpflege zugelassenen Pflegeeinrichtung nicht möglich ist oder nicht zu-mutbar erscheint. § 34 Abs. 2 Satz 1 findet keine Anwendung. Sind in dem Entgelt für die Einrichtung Kosten für Unterkunft und Verpflegung sowie Aufwendungen für Investitionen enthalten, ohne gesondert ausgewiesen zu sein, so sind 60 vom Hundert des Entgelts zuschussfähig. In begründeten Einzelfällen kann die Pflegekasse in Ansehung der Kosten für Unterkunft und Verpflegung sowie der Aufwendungen für Investitionen davon abweichende pauschale Abschläge vor-nehmen.
(4) Abweichend von den Absätzen 1 und 2 besteht der Anspruch auf Kurzzeit-pflege auch in Einrichtungen, die stationäre Leistungen zur medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation erbringen, wenn während einer Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation für eine Pflegeperson eine gleichzeitige Unterbringung und Pflege des Pflegebedürftigen erforderlich ist.
§ 39c SGB V Kurzzeitpflege bei fehlender Pflegebedürf-tigkeit
Reichen Leistungen der häuslichen Krankenpflege nach § 37 Absatz 1a bei schwerer Krankheit oder wegen akuter Verschlimmerung einer Krankheit, insbesondere nach einem Krankenhausaufenthalt, nach einer ambulanten Operation oder nach einer ambulanten Krankenhausbehandlung, nicht aus, erbringt die Krankenkasse die erforderliche Kurzzeitpflege entsprechend § 42 des Elften Buches für eine Übergangszeit, wenn keine Pflegebedürftigkeit mit Pflegegrad 2, 3, 4 oder 5 im Sinne des Elften Buches festgestellt ist. Im Hinblick auf die Leistungsdauer und die Leistungshöhe gilt § 42 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Elften Bu-ches entsprechend. Die Leistung kann in zugelassenen Einrichtungen nach dem Elften Buch oder in anderen geeigneten Einrichtungen erbracht werden.
Es ist nun offensichtlich so, dass es nicht ausreichend Kurzzeitpflegeplätze gibt, um die Nachfrage in geeigneter Weise, z.B. auch wohnortnah, abzudecken. Darüber wurde, bezogen auf den Rhein-Kreis Neuss, bereits vor Jahren im Arbeitskreis Demenz wiederholt und lebhaft disku-tiert. Angesprochen wurden die Erfordernisse bezüglich not-wendiger Kurzzeitpflegemaßnamen auch in der Gesundheitskonferenz des Rhein-Kreises Neuss.
Das IGES (Institut ist ein unabhängiges Forschungs- und Beratungsinstitut für Infrastruktur- und Gesundheitsfragen) hat 2017 in einer Studie darauf aufmerksam gemacht, dass es in mehr als jedem zweiten Kreis oder jeder zweiten kreis-freien Stadt in NRW zu wenig Kurzzeitpflegeplätze gibt. Die Experten haben daher u.a. empfohlen, Kurzzeitpflegeeinrichtungen finanziell besserzustellen.
In der Vollversammlung des „Runden Tisches Demenz Neuss“ am 14.05.2019 gab es folgerichtig Berichte darüber, dass auch in Neuss allergrößte Probleme bei der Suche nach freien Kurzzeitpflegeplätzen bestehen. Im Rahmen des Entlassmanagements musste, so wurde berichtet, die Suche auch über den Bereich des Rhein-Kreises Neuss ausgedehnt werden. Nicht immer könnten Probleme patientengerecht aufgelöst werden.
Ungeachtet der Tatsache, dass das Problem, auch seitens der WTG-Behörde im Rhein-Kreis Neuss erkannt worden ist, sind offensichtlich verstärkte Anstrengungen notwendig, der Kurzzeitpflegeplatz-Nachfrage gerecht zu werden.
Ob und ggf. inwieweit die Initiativen des Ministerium für Arbeit und Soziales NRW z.B. in den Krankenhäusern Kurzzeitpflegeplätze zu schaffen, alsbald Wirkung erzielen wird, bleibt im Moment offen.
Die Ärzte Zeitung berichtete dazu am 11.06.2019 wie folgt:
Weg frei für Kurzzeitpflege in Krankenhäusern
DÜSSELDORF. Nordrhein-Westfalen reagiert auf den Engpass bei Kurzzeitpflege-plätzen in Pflegeheimen. Künftig können in dem Bundesland nicht nur die Heime, sondern auch Krankenhäuser die Kurzzeitpflege anbieten und mit den Pflegekassen abrechnen.
Eine Arbeitsgruppe aus den Landesverbänden der Pflegekassen, der Krankenhausgesellschaft NRW und des Gesundheitsministeriums hat dafür jetzt die Grundlagen geschaffen.
Gerade im Anschluss an eine Krankenhausbehandlung habe das Fehlen von Kurzzeitpflegeplätzen oft zu menschlich schwierigen Situationen geführt, sagt Landesgesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU). „In Nordrhein-Westfalen gehen wir jetzt einen neuen Weg, und ich hoffe, dass viele Krankenhäuser ihn nutzen werden.“
Das Gesundheitsministerium will jetzt alle Kliniken anschreiben und sie über die neue Möglichkeit informieren. Bei Interesse können sich Krankenhäuser an das Ministerium wenden, das sie auch beim Abschluss des notwendigen Versorgungsvertrags begleiten wird. (iss)
Zuvor hatte bereits der Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung, Andreas Westerfellhaus, ein Projektpapier zur Kurzzeitpflege vorgelegt mit dem Tenor: "Mehr Kurzzeitpflegeplätze, sonst ist die Pflege zuhause gefährdet."
In diesem Zusammenhang wurde in einer Pressemitteilung vom Mai 2019 ausgeführt:
Bundesweit stehen deutlich zu wenige Kurzzeitpflegeplätze zur Verfügung. Der Pflegebevollmächtigte benennt deshalb fünf konkrete Maßnahmen, um die Kurzzeitpflege zu stärken.
Wichtigster Punkt: Das Betreiben einer Kurzzeitpflegeeinrichtung muss endlich wirtschaftlich machbarer werden. Darum sollen die Finanzierungsbedingungen für die Leistungserbringer verbessert werden. Und damit es für die Pflegebedürftigen dadurch nicht teurer wird, muss der Koalitionsvertrag umgesetzt werden. Dieser sieht vor, die Leistungen der Kurzzeit-, Verhinderungs- und Tagespflege zu einem großen Entlastungsbudget zusammenzuführen. Das würde für Pflegebedürftige mehr Flexibilität bei der Zusammenstellung und Inanspruchnahme benötigter Hilfs- und Unterstützungsangebote im häuslichen Pflegesetting bedeuten.
Westerfellhaus: „Es kann nicht sein, dass die Menschen in einer Krisensituation keinen Kurzzeitpflegeplatz in ihrer Nähe finden – obwohl sie ihn dringend benötigen und einen gesetzlichen Anspruch darauf haben!“
Kurzzeitpflege kann immer dann genutzt werden, wenn die häusliche Pflege nicht möglich oder nicht ausreichend ist, z.B. wegen eines vorübergehend höheren medizinisch-pflegerischen Versorgungsbedarfs im Anschluss an einen Krankenhausaufenthalt oder während eines Urlaubs der pflegenden Angehörigen. Die Kurzzeitpflege macht so in vielen Fällen die häusliche Pflege überhaupt erst auf Dauer möglich.
Westerfellhaus: „Die zu Pflegenden und ihre Angehörigen müssen sich darauf verlassen können, dass sie im Fall der Fälle die gesetzlich vorgesehenen Angebote finden und nutzen können. Alles andere gefährdet die häusliche Pflege.“
Kurzes Fazit für Neuss bzw. den Rhein-Kreis Neuss:
Es wird letztlich darauf ankommen, ob und ggf. wie es dem Rhein-Kreis Neuss im Rahmen seiner Pflegeheimplanung gelingt, für ausreichende Angebote Sorge zu tragen und dabei auch (mit anderen) zu gewährleisten, dass ausreichend Pflegefachkräfte in den Einrichtungen verfügbar sein werden.
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Ergänzende Anmerkung:
Fehlende Angebote für eine wohnortnahe stationäre Versorgung werden oft mit den fehlenden Pflegekräften begründet. Es wird folglich immer wieder der Pflegenotstand bemüht. Dazu ergibt sich:
Vor rund 30 Jahren wurde nach längeren politischen Diskussionen die Pflegebedürftigkeit als Lebensrisiko anerkannt und 1995 die Pflegeversicherung eingeführt.
Diese Versicherung, näher ausgestaltet im SGB XI, ist in der zurückliegenden Zeit wiederholt reformiert worden.
Am 13.05.2014 konnte dem damaligen Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe bei einem Pflegetreff ein umfängliches Statement mit Handlungsanforderungen vorgelegt werden.
Es gab daraufhin die Möglichkeit, die Reformvorschläge im Ministerium, zusammen mit Frau Andrea Albrecht, näher zu erläutern.
Leider konnte bezüglich der Pflege-Personalausstattung in den Pflegeeinrichtungen nur erreicht werden, dass mit den nachfolgenden Pflegestärkungsgesetzen der § 113 c SGB XI geschaffen wurde, der für das Jahr 2020 auf die Gestaltung eines Personalbemessungssystems abzielt.
Der aktuelle Pflegenotstand und weitere systemische Mängel sind aber, trotz einiger Leistungsverbesserungen, bestehen geblieben. Er hat sich eher verschärft!
Die GroKo mit dem neuen Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat sich zum Ziele gesetzt, mit entsprechen-den Reformgesetzen die pflegerische Versorgung zu verbessern. – Solche Ankündigungen hören wir übrigens seit Jahrzehnten!
Es ist nun leider nicht so, dass die Koalitionsvereinbarung zwischen Union und SPD und die bislang auf den Weg gebrachten Gesetze hoffen lassen, dass der Pflegenotstand in naher Zukunft wirklich aufgelöst wird. Die Probleme sind zu lange verkannt worden.
Nach dem Pflegetreff am 17.04.2019 hat Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk noch einmal – wie damals angekündigt – an das Bundesgesundheitsministerium geschrieben (nachrichtlich an die Abgeordneten im Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages).
Dazu wurde von hier gepostet:
Die "Konzertierte Aktion Pflege" (KAP) hat einen Maßnahmenkatalog ohne Finanzierungsbasis präsentiert. So lassen sich der Pflegenotstand - ambulant und stationär - nicht auflösen. "Ohne Moos nichts los!" Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk hat am 17.07.2019 Stellung genommen! - Näheres unter > http://www.wernerschell.de/forum/neu/vi ... 98#p109698
Eine Antwort hat es bis heute nicht gegeben!