Auf dem Weg zur „Komiker-Nation“?
Verfasst: 19.07.2012, 08:41
Zirkumzision - „Schnellschüsse“ sind zu vermeiden!
Mit Verlaub: Angesichts widerstreitender (Grundrechts-)Positionen ist eine sachlich fundierte Debatte einzufordern und es bereitet mir persönlich größtes Unbehagen, mit welcher Leichtigkeit einige „Glaubenskrieger“ über die wohl verstandenen Rechte auch unserer Kinder hierzulande hinwegfegen.
Ob die Welt uns als „Komiker-Nation“ einstufen wird, ist – abermals Verlaub – in Anbetracht hochrangiger physischer und psychischer Integritätsinteressen der Kinder von völlig untergeordneter Bedeutung. Dies werden wir aushalten müssen und zwar gerade im Interesse eines gebotenen Rechtsschutzes auch unserer Kinder. Der Gesetzgeber sollte eine entsprechende Sorgfalt an Tag legen und im Zweifel sich sachverständig beraten lassen und ggf. entsprechende Expertisen einholen. Die Religionsfreiheit ist ohne Zweifel ein hohes Gut, dass allerdings nicht „schrankenlos“ gewährleistet ist.
Bedauerlich ist, dass hier die BÄK eher zurückhaltend ist, anstatt darauf zu drängen, dass insbesondere auch aus arztethischer Perspektive die religiös motivierte Beschneidung einer Bewertung unterzogen wird. Das Hippokratische Gedankengut und die Gebote der ärztlichen Sittlichkeit gelten selbstverständlich auch für die kleinsten Patienten und da reicht es wohl nicht zu, eine notwendige „Kultursensibilität“ dezent anzumahnen.
Ansonsten sind die Berufsethiker auch nicht um starke Worte verlegen, wie uns etliche bioethische Grundsatzdebatten lehren. Die Ärzteschaft hat sich – wie im Übrigen auch die gesellschaftlich relevanten Institutionen – nicht (!) in den Dienst der Religionsgemeinschaften zu stellen und muss sich daher positionieren. Bleibt zu hoffen, dass hier nicht weitere ethische Zwangsdiktate verabschiedet werden, die den Ärzten hierzulande kein Alternativverhalten erlauben.
Es mag ungebührlich erscheinen: Aber derzeit halte ich die vorrangig in Medien ausgetragene Debatte eher für unterbelichtet und zwar dergestalt, als dass grundlegende Fragen im Kern durch „Glaubensbotschaften“ überlagert werden und die wesentlichen Grundrechtsfragen (mal wieder) nicht diskutiert werden. Wir sind nicht eine „Komiker-Nation“, sondern vielmehr eine Nation, die in ethisch und rechtlich brisanten Fragen allzu gerne mal in die „transzendente Glaskugel“ schaut, um Lösungen produzieren zu können, die dem Mainstream entsprechen.
Die Kölner Richter haben eine bemerkenswerte und m.E. richtige Entscheidung getroffen, deren Argumentationsstränge weiter zu vertiefen sind.
Die politischen Parteien sollten sich deshalb ausreichend Zeit für eine ausgewogene Regelung nehmen und nicht in vorauseilendem Gehorsam ein Gesetz verabschieden, welches dann im Zweifel erst Recht die Debatte „befeuert“!
Vielleicht könnte hier ein Blick auf die Arbeitsweise des Bundesverfassungsgerichts hilfreich sein. Auch dieses lässt sich bei wichtigen Entscheidungen ausreichend Zeit, mag dies auch vereinzelnd auf Unmut stoßen (etwa mit Blick auf die „Rettungsschirm-Problematik).
Ich denke, dass wir hierzulande nicht den Fehler begehen sollten, dem in der öffentlichen Diskussion aufgebauten Druck zu erliegen, sondern besonders sorgfältig die ohne Frage klärungsbedürftigen Probleme gerade im Interesse unserer Kinder aufzubereiten.
Dies hat wahrlich nichts mit einer „Komiker-Nation“ zu tun, sondern ist allenfalls einem modernen und aufgeklärten Rechts- und Verfassungsstaat geschuldet, der auch seine Schutzpflichten gegenüber den kleinen Staatsbürgern wahrzunehmen hat.
Andererseits beflügelt so mancher Auftritt unserer politischen Verantwortlichen ohnehin schon den Gedanken an eine „Komiker-Nation“, so dass wir es mit „Humor“ nehmen sollten, wenn gerade unsere Bundeskanzlerin davor warnt, den Ruf einer „Komiker-Nation“ zu ernten.
Die Frage indessen, ob eine objektive Körperverletzung an Kindern aus Gründen der Religionsfreiheit legitimierbar erscheint, hat rein gar nichts mit „Humor“ zu tun, sondern ist eine Grundsatzfrage, die ganz aktuell abgeklärt gehört.
Lutz Barth
Mit Verlaub: Angesichts widerstreitender (Grundrechts-)Positionen ist eine sachlich fundierte Debatte einzufordern und es bereitet mir persönlich größtes Unbehagen, mit welcher Leichtigkeit einige „Glaubenskrieger“ über die wohl verstandenen Rechte auch unserer Kinder hierzulande hinwegfegen.
Ob die Welt uns als „Komiker-Nation“ einstufen wird, ist – abermals Verlaub – in Anbetracht hochrangiger physischer und psychischer Integritätsinteressen der Kinder von völlig untergeordneter Bedeutung. Dies werden wir aushalten müssen und zwar gerade im Interesse eines gebotenen Rechtsschutzes auch unserer Kinder. Der Gesetzgeber sollte eine entsprechende Sorgfalt an Tag legen und im Zweifel sich sachverständig beraten lassen und ggf. entsprechende Expertisen einholen. Die Religionsfreiheit ist ohne Zweifel ein hohes Gut, dass allerdings nicht „schrankenlos“ gewährleistet ist.
Bedauerlich ist, dass hier die BÄK eher zurückhaltend ist, anstatt darauf zu drängen, dass insbesondere auch aus arztethischer Perspektive die religiös motivierte Beschneidung einer Bewertung unterzogen wird. Das Hippokratische Gedankengut und die Gebote der ärztlichen Sittlichkeit gelten selbstverständlich auch für die kleinsten Patienten und da reicht es wohl nicht zu, eine notwendige „Kultursensibilität“ dezent anzumahnen.
Ansonsten sind die Berufsethiker auch nicht um starke Worte verlegen, wie uns etliche bioethische Grundsatzdebatten lehren. Die Ärzteschaft hat sich – wie im Übrigen auch die gesellschaftlich relevanten Institutionen – nicht (!) in den Dienst der Religionsgemeinschaften zu stellen und muss sich daher positionieren. Bleibt zu hoffen, dass hier nicht weitere ethische Zwangsdiktate verabschiedet werden, die den Ärzten hierzulande kein Alternativverhalten erlauben.
Es mag ungebührlich erscheinen: Aber derzeit halte ich die vorrangig in Medien ausgetragene Debatte eher für unterbelichtet und zwar dergestalt, als dass grundlegende Fragen im Kern durch „Glaubensbotschaften“ überlagert werden und die wesentlichen Grundrechtsfragen (mal wieder) nicht diskutiert werden. Wir sind nicht eine „Komiker-Nation“, sondern vielmehr eine Nation, die in ethisch und rechtlich brisanten Fragen allzu gerne mal in die „transzendente Glaskugel“ schaut, um Lösungen produzieren zu können, die dem Mainstream entsprechen.
Die Kölner Richter haben eine bemerkenswerte und m.E. richtige Entscheidung getroffen, deren Argumentationsstränge weiter zu vertiefen sind.
Die politischen Parteien sollten sich deshalb ausreichend Zeit für eine ausgewogene Regelung nehmen und nicht in vorauseilendem Gehorsam ein Gesetz verabschieden, welches dann im Zweifel erst Recht die Debatte „befeuert“!
Vielleicht könnte hier ein Blick auf die Arbeitsweise des Bundesverfassungsgerichts hilfreich sein. Auch dieses lässt sich bei wichtigen Entscheidungen ausreichend Zeit, mag dies auch vereinzelnd auf Unmut stoßen (etwa mit Blick auf die „Rettungsschirm-Problematik).
Ich denke, dass wir hierzulande nicht den Fehler begehen sollten, dem in der öffentlichen Diskussion aufgebauten Druck zu erliegen, sondern besonders sorgfältig die ohne Frage klärungsbedürftigen Probleme gerade im Interesse unserer Kinder aufzubereiten.
Dies hat wahrlich nichts mit einer „Komiker-Nation“ zu tun, sondern ist allenfalls einem modernen und aufgeklärten Rechts- und Verfassungsstaat geschuldet, der auch seine Schutzpflichten gegenüber den kleinen Staatsbürgern wahrzunehmen hat.
Andererseits beflügelt so mancher Auftritt unserer politischen Verantwortlichen ohnehin schon den Gedanken an eine „Komiker-Nation“, so dass wir es mit „Humor“ nehmen sollten, wenn gerade unsere Bundeskanzlerin davor warnt, den Ruf einer „Komiker-Nation“ zu ernten.
Die Frage indessen, ob eine objektive Körperverletzung an Kindern aus Gründen der Religionsfreiheit legitimierbar erscheint, hat rein gar nichts mit „Humor“ zu tun, sondern ist eine Grundsatzfrage, die ganz aktuell abgeklärt gehört.
Lutz Barth