Genehmigter Erholungsurlaub – Widerruf möglich?

Arbeits- und Arbeitsschutzrecht, Allgemeine Rechtskunde (einschließlich Staatsrecht), Zivilrecht (z.B. Erbrecht)

Moderator: WernerSchell

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Gast

Genehmigter Erholungsurlaub – Widerruf möglich?

Beitrag von Gast » 04.08.2005, 11:23

Hallo Experten,

ich arbeite auf einer Intensivstation und wollte meinen vom Haus genehmigten Erholungsurlaub Ende September 2005 antreten. Nun kommt die Pflegedienstleitung und meint, der Urlaub müsse möglicherweise verschoben werden, weil es personelle Engpässe gebe. Einige ausgeschiedene Mitarbeiterinnen könnten unter Umständen nicht durch geeignete Pflegefachkräfte mit Weiterbildung ersetzt werden. Die Entscheidung darüber stehe aber noch.
Ich frage nun vorsorglich, ob es zulässig ist, dass der Arbeitgeber so einfach verlangen kann, dass Mitarbeiter ihren Urlaub nicht antreten sollen / dürfen.
Ich denke zwar, dass wir uns verständigen können, möchte mich aber dennoch über die Rechtslage allgemein informieren. Wer hat Infos? Dafür schon jetzt vielen Dank.

Grüße von
Stefanie Beyer

Gast

Genehmigter Erholungsurlaub – Widerruf möglich?

Beitrag von Gast » 05.08.2005, 11:31

Hallo Stefanie,
zur Fragestellung gibt es eine Mitteilung, die ein Urteil des ArbG Ulm vom 24.6.2004 betrifft. Darin sind Aussagen gemacht, die aufzeigen, wie das Urlaubsproblem angegangen bzw. gelöst werden kann.
Der Arbeitgeber hat also nicht ohne Weiteres die Möglichkeit, den genehmigten Urlaub zu widerrufen. Wird ein Urlaub mit Billigung des Arbeitnehmers rückgängig gemacht, wird der Arbeitgeber m.E. auf jeden Fall die angefallenen Kosten (z.B. Reise-Rücktrittskosten) übernehmen müssen.
Mit freundlichen Grüßen
Dirk

Text zum Urteil:
Treten nach einer erfolgten Urlaubsgewährung außergewöhnliche Umstände ein, die einer Abwesenheit des Mitarbeiters entgegenstehen, so kann der Arbeitgeber auf eine schnelle Rückkehr des Beschäftigten drängen. Aber: Hierzu bedarf es einer einvernehmlichen Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer über die Rückgängigmachung des genehmigten Urlaubs. Weigert sich der Mitarbeiter, sein Einverständnis abzugeben, so muss der Arbeitgeber dies durch gerichtliche Entscheidung ersetzen lassen.
Hat der Arbeitgeber einen Mitarbeiter zum Erholungsurlaub freigestellt, kann er dies nämlich einseitig nicht mehr widerrufen. Auch der Eintritt von außergewöhnlichen, urlaubshinderlichen Umständen führt nicht zu einer automatischen Wiederherstellung der Arbeitspflicht des Arbeitnehmers, so das Arbeitsgericht Ulm.
Im Streitfall stehen Lohnansprüche. Der Kläger ist bei der Beklagten, einer Trägerin von Altenpflegeheimen, als Krankenpfleger beschäftigt. Er trägt vor, die Beklagte habe ihm vom 14.09. bis 21.09.03 bezahlten Urlaub versprochen, so dass er hierfür das Entgelt beanspruchen könne. Die Beklagte trägt vor, sie habe dem Kläger zwar für den Zeitraum Urlaub gewährt, diesen habe sie jedoch aus dringenden betrieblichen Gründen widerrufen. Auf der Station des Klägers sei es zu vermehrten Krankheitsausfällen gekommen, die zu einem akuten Personalengpass geführt hätten.
Die Klage hatte Erfolg. Dem Kläger steht für den Zeitraum 14.09. bis 21.09.03 ein Lohnanspruch in voller Höhe zu. Dies ändert sich auch nicht dadurch, dass der Arbeitgeber den Urlaub einseitig widerrufen hat. An eine Freistellungserklärung ist der Arbeitgeber grundsätzlich gebunden. Er kann sich von ihr nicht durch einseitige Erklärung lösen.

Urteil des Arbeitsgerichts (ArbG) Ulm vom. 24.06.2004 - 1 Ca 118/03 -

Winfried_Moenig

Re: Genehmigter Erholungsurlaub – Widerruf möglich

Beitrag von Winfried_Moenig » 08.08.2005, 15:44

Ich denke, das Urteil sollte mit entsprechender Vorsicht betrachtet werden. Wenn ich das richtig sehe, geht es im vorliegenden Fall um einen Arbeitnehmer, der seinen Urlaub bereits angetreten hat. In diesem Fall entspricht das Urteil des Arbeitsgerichtes auch der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes.

In der aktuellen Fragestellung geht es aber um versprochenen Urlaub, der noch nicht angetreten wurde. Auch wenn dem Urlaubsantrag bereits statt gegeben wurde, ist es m.E. möglich, diesen Urlaub zu stornieren, allerdings unter Übernahme der dem Arbeitnehmer entstehenden (nachweisbaren!) Kosten durch den Arbeitgeber.

Mit freundlichen Grüßen

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