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Schweigepflicht des Betriebsarztes - verletzt !
Verfasst: 24.04.2010, 10:54
von Hasilein
Schweigepflicht des Betriebsarztes - verletzt ! - Und die Folgen ?
Folgendes ist geschehen:
Bei einem Kollegen wurde bei einer Routineuntersuchung zufällig Hepatitis C festgestellt.
Durch ein Versehen der Arzthelferin gelangte der Befund einer Vorgesetzten zur Kenntnis.
Die Helferin hatte dieser Vorgesetzten Unterlagen zum Kopieren gegeben und zufällig war der Befund dieses Kollegen darunter.
Der Kollege wurde von Seitens der Vorgesetzten noch nicht darauf angesprochen, er weiss es auch nur, weil die Helferin ihm ihr Versehen "gebeichtet" hatte.
Nun unterliegt das Verhältnis zwischen Angestelltem und Betriebsarzt doch wohl den selben Regeln wie ein normales Arzt/Patientenverhältnis und es wurde verletzt.
Der Kollege - eben erst mit der Diagnose konfrontiert - macht sich jetzt Sorgen, man könnte ihm früher oder später Schwierigkeiten machen.
Soll er in die Offensive gehen und dem Arbeitgeber entgegen gehen oder einfach still schweigen?
Er hat sich jahrlang (in diesem Betrieb) der Hepatitis Impfung, bzw. der Titerbestimmung entzogen, weil er durch eine bewegte Jugend mit Alkohol und Drogenexperimenten auch Angst hatte vor etwas was er nicht hören wollte: "was ich nicht weiss, macht mich nicht heiss"
Allerdings ist er seit Jahrzehnten "sauber" in jeglicher Beziehung und hat eine jahrzehntelange stabile monogame Beziehung und verfügt über eine erstaunliche Gesundheit mit extrem niedrigen Krankheitszeiten. Den Zeitpunkt der Ansteckung kann auch er nicht definieren.
Der Arzt möchte die Infektion nun der Berufsgenossenschaft melden und der Kollege hat Angst, man könnte ihm die Bezahlung einer Behandlung verweigern, weil er sich nicht testen oder impfen lassen wollte.
Ich habe ihm geraten, sofort einen Antrag auf Schwerbehinderung zu stellen um sich vor einer eventuellen Kündigung schützen zu können.
Der Arbeitgeber ist kein besonders freundlicher und er ist ein selbstbewusster Kollege, den aus der Führungsriege keiner vermissen würde.
Wohin kann er sich mit seinen Fragen und Sorgen hinwende?
Rechtsverletzung und die Folgen ?
Verfasst: 24.04.2010, 12:59
von Herbert Kunst
Hallo Hasilein,
eine Empfehlung zu geben ist schwierig. Daher nur eine eher unverbindliche Erwägungen:
Meiner Meinung nach liegt eine Schweigepflichtverletzung vor (§ 203 StGB). Da diese Schweigepflichtsverletzung vom Betriebsarzt des Arbeitgebers ausgeht, darf diese Verletzungshandlung vom Arbeitgeber m.E. nicht für eine Kündigung genutzt werden. Im Übrigen wäre eine solche Kündigung, die auf eine bestimmte Gesundheitsstörung abstellt, wahrscheinlich nicht sozial gerechtfertigt.
Daher ist es vielleicht weniger sinnvoll, jetzt in die sog. Offensive zu gehen und daher erst Aufmerksamkeit zu erwecken.
Die Beantragung der Schwerbehinderteneigenschaft ist m.E. nicht schädlich, ob sie bei einer Kündigung hilft, ist fraglich. Wahrscheinlich wird man abwarten müssen, wie sich der Arbeitgeber verhält und dann passend nachdenken und entscheiden.
Wenn es zu Aktionen gegen den Arbeitnehmer kommen sollte, bestünde natürlich auch mittels der Haftungsregelungen (§ 823 BGB) die Möglichkeit, Schadensersatz einzufordern. Der Arbeitnehmer wird dann also u.U. mit Rücksicht auf diese Möglichkeit zumindest eine finanzielle Entschädigung durchsetzen können.
Gruß
Herbert Kunst
unbefugtes Offenbaren
Verfasst: 25.04.2010, 06:41
von Hildegard Kaiser
Hallo,
strafrechtlich kann nur derjenige belangt werden, der unbefugt geredet hat. Andererseits darf der Arbeitgeber möglicherweise die Kenntnisse, die er unberechtigt erfahren hat, nicht für weitere Aktivitäten einsetzen. Aber das scheint mir juristitisch nicht klar.
Wenn es, aus welchen Grüden auch immer, eine Kündigung geben sollte, wäre die Anerkennung als Schwerbehinderter vielleicht hilfreich. Von einem diesbezüglichen Antrag erfährt der Arbeitgeber nichts.
Wenn eine gewerkschaftliche Zugehörigkeit besteht, sollte man sich beraten lassen.
Lb Grüße
Hilde
Verfasst: 11.05.2010, 11:28
von Hasilein
Hallo!
Der Arbeitgeber ist an den Kollegen herangetreten und hat diesen um Auskunft über die betriebsärztliche Untersuchung gebeten. Der Betriebsarzt habe angeblich dem Angestellten dazu geraten, er (Betriebsarzt) würde der Schweigepflicht unterliegen. (Klar!)
Nun ist der Kollege sich nicht schlüssig, wie er reagieren soll. Durch den Patzer der Arzthelferin WEISS der Arbeitgeber ja schon Bescheid. Nun fragt der Kollege sich, was die Nachfrage des Arbeitgebers bedeuten kann.
Kann hier jemand sagen, OB der Arbeitnehmer eine Hepatitis C Erkrankung dem Arbeitgeber anzeigen MUSS, ob er sie verschweigen DARF?
Im vorliegenden Fall könnte man annehmen, dass der AG nichts gutes mit dem Kollegen vorhat.
Da nun eine Hep.C Erkrankung zu Ausfällen führen kann, befürchtet der Kollege, dass man nun eine Entlassung aus Krankheitsgründen vorbereiten könnte oder dass der Arbeitgeber eine Lohnfortzahlung vermeiden möchte, da der Kollege sich lange Zeit nicht hat testen lassen.
Und eine grundsätzliche Frage:
Kann ein Mitarbeiter mit Hepatitis C (ohne Symptome, Wohlbefinden) unter Wahrung hygienischer Aspekte in der Pflege arbeiten oder kann ihm der Arbeitsplatz unter Umständen gefährdet "werden"?
Hepatitis C - Mitteilung an Arbeitgeber ? Kündigungsgrund ?
Verfasst: 12.05.2010, 12:42
von Gerhard Schenker
Hallo Haselein,
die Frage kann ich selbst auch nicht exakt beantworten. Da sie mich aber sehr interessierte, habe ich im Netz nachgelesen und fand interessante Informationen unter
http://www.hepatitis-c-online.de/sozial ... itis-c.php
Danach bestehen bei korrektem Verhalten wohl eher keine Übertragungsgefahren. Selbst wenn der Arbeitgeber informiert, ist er wg. der Krankheit (ohne größere Ausfallzeiten) nicht zur Kündigung berechtigt.
Ich würde im Übrigen beim Robert Koch Institut weiter recherchieren:
http://www.rki.de . Vielleicht kannst Du dann hier eine kurze Rückmeldung geben.
MfG G.Sch.
Infektionsschutz bei Hepatitis C
Verfasst: 13.05.2010, 10:26
von Cicero
Guten Morgen allerseits!
Ich mache auf folgende Hinweise aufmerksam:
Empfehlungen zur Verhütung der nosokomialen Übertragung von
HBV, HCV und HIV durch infiziertes Personal im Gesundheitswesen
Hrsg.: Niedersächsisches Landesgesundheitsamt
http://www.hepatitis-rm.de/downloads/Em ... rsonal.pdf
Darin wird beschrieben, dass der Arbeitnehmer zu einer Offenbarung gegenüber dem Arbeitgeber verpflichtet sein kann, um Schaden von Patienten und anderen Beschäftigten abzuwenden. Kommt er diesem Mitteilungsgebot nicht nach, können sich Schadensersatzansprüche ergeben. Dies gilt es zu bedenken.
Gruß Cicero
Begrenzte Schweigepflicht des Betriebsarztes
Verfasst: 06.04.2011, 07:27
von Presse
Begrenzte Schweigepflicht des Betriebsarztes
Bestimmte Diagnosen darf der Arzt bei Stellen-Bewerbern weitergeben
Baierbrunn (ots) - Häufig verlangen Arbeitgeber von Stellen-Bewerbern, sich vom Betriebsarzt untersuchen zu lassen. Dazu müssen sie den Arzt per Unterschrift von seiner Schweigepflicht entbinden. Wer sich darauf einlässt, muss damit rechnen, dass zum Beispiel seine Blutzucker- und Cholesterinwerte dem zukünftigen Arbeitgeber bekannt werden, berichtet das Apothekenmagazin "Diabetes Ratgeber". Mittlerweile wurde dies zwar als Lücke im Datenschutz erkannt, aber eine Änderung der Gesetzeslage ist nur in Planung und noch nicht verabschiedet.
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Das Apothekenmagazin "Diabetes Ratgeber" 3/2011 liegt in den meisten Apotheken aus und wird ohne Zuzahlung zur Gesundheitsberatung an Kunden abgegeben.
Quelle: Pressemitteilung vom 06.04.2011
Pressekontakt:
Ruth Pirhalla
Tel. 089 / 744 33 123
Fax 089 / 744 33 459
E-Mail:
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http://www.wortundbildverlag.de
http://www.diabetes-ratgeber.net
Uneingeschränkte Schweigepflicht des Betriebsarztes
Verfasst: 17.07.2011, 12:19
von medicus
Presse hat geschrieben:Bestimmte Diagnosen darf der Arzt bei Stellen-Bewerbern weitergeben
??
Diese Schlagzeile finde ich irreführend.
Eine Einstellungsuntersuchung hat sich immer nach den wesentlichen Anforderungen und gesundheitlichen Risiken zu richten, mit denen bei der vorgesehenen Tätigkeit zu rechnen ist. Dem Arbeitgeber muss mitgeteilt werden, ob keine gesundheitlichen Bedenken bestehen oder bestimmte Bedingungen zu beachten sind. Dieser Ergebnismitteilung an den Arbeitgeber wird der künftige Beschäftigte in der Regel zustimmen, nicht jedoch der Weitergabe von Diagnosen, Laborwerten, Untersuchungsbefunden oder anamnestischen Angaben, denn das alles geht den Arbeitgeber nichts an.
Was in dieser Pressemitteilung behauptet wird, ist abwegig.
Die berufliche Schweigepflicht gilt für einen Betriebsarzt genauso wie für jedes andere medizinische Fach.
Viele Grüße
Michael
(Betriebsarzt)