Fahrgeldzuschlag - Darf es diesen Unterschied geben?

Arbeits- und Arbeitsschutzrecht, Allgemeine Rechtskunde (einschließlich Staatsrecht), Zivilrecht (z.B. Erbrecht)

Moderator: WernerSchell

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Hasilein
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Fahrgeldzuschlag - Darf es diesen Unterschied geben?

Beitrag von Hasilein » 31.03.2010, 11:22

Hallo,
ein Altenheim zahlt seinen Angestellten einen Zuschlag zum Fahrgeld.
Dieses Haus bildet auch Altenpflegefachkräfte aus. Diese haben einen Ausbildungsvertrag mit dem Heim und gelten als Mitarbeiter im Sinne der MAV-Ordnung.
Diese Azubis erhalten keinen Fahrgeldzuschlag und die MAV möchte dies ändern. Die Geschäftsführung möchte diesen Zuschlag nicht an die Azubis zahlen, das käme das Haus zu teuer.
Ist das aber nicht eine Ungleichbehandlung der Mitarbeiter?
Wie könnte die MAV am besten vorgehen.
Eine Betriebsvereinbarung besteht nicht.
Vielen Dank.
Hasi
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Rob Hüser
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Gleichbehandlung auch bezüglich Fahrtkostenerstattungen

Beitrag von Rob Hüser » 31.03.2010, 12:46

Hallo Haslein,

auf den ersten Blick spricht alles für eine Ungleichbehandlung. Allerdings muss man die Anstellungsunterschiede (Auszubildende - Angestellte) im Auge behalten.
Allerdings würde ich argumentativ auf die Gleichbehandlung setzen, die ja letztlich auch verfassungsrechtlich vorgegeben ist - Art. 3 GG. Wenn der Betrieb nicht einlenkt, könnte man eine Anfrage an den zuständigen Landesminister, der für das Heimrecht zuständig ist, richten und um eine Rechtsauskunft bzw. Meinungsäußerung bitten.
Beteiligen könnte man auch die einschlägigen Berufsverbände bzw. die Gewerkschaft (obwohl sie in einem MAV-Bereich nicht einwirkungsberechtigt zu sein scheint). Es geht zunächst darum, Meinungsäußerungen und Argumentativionshilfen zu sammeln.

Soweit eine erste Wortmeldung.

MfG Rob
Das Pflegesystem muss dringend zukunftsfest reformiert werden!

PflegeCologne
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Gleichbehandlung auch bezüglich Fahrtkostenerstattungen

Beitrag von PflegeCologne » 01.04.2010, 07:17

Guten Morgen,

ich kann die MAV nur aufmuntern, weiter Druck zu machen. Ich meine auch, dass hier das Gleichbehandlungsgebot berührt ist. Ggf. müsste man die Angelegenheit, wenn nicht vor den Gerichten geklagt werden soll, in den politischen Bereich geben sollte, vielleicht sogar schnellstmöglich. In NRW ist Landtagswahl, da sind alle hellwach.

MfG Pflege Cologne
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Gleichbehandlung in Theorie und Praxis

Beitrag von Anja Jansen » 02.04.2010, 07:43

Hi,
ich halte viel davon, Gewerkschaften und Berufsverbände einzubinden. Es geht letztlich um die Durchsetzung einer Gleichbehandlung, die viele betrifft. Die MAV muss natürlich auch weiter Druck machen, argumentieren. Ich bin gespannt, wie das alles ausgeht.
MfG Anja
Es ist mehr Aufmerksamkeit für dementiell erkrankte Menschen nötig. Unser Pflegesystem braucht deshalb eine grundlegende Reform!

johannes
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Beitrag von johannes » 02.04.2010, 16:26

Nun, der Schuß kann auch nach hinten los gehen. Aus einem zerbrochenen wie aus einem leeren Topf wird niemand mehr etwas heraus holen.

Es ist schon erstaunlich, daß immer nur von Forderungen zu hören und zu lesen ist.
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Gleichbehandlung ist Verfassungsgebot

Beitrag von KPHNeuss » 02.04.2010, 17:08

johannes hat geschrieben: ... Es ist schon erstaunlich, daß immer nur von Forderungen zu hören und zu lesen ist.
Wenn ich das richtig sehe, erhält ein Teil der Belegschaft eine Erstattungsleistung, die andere nicht. Da drängt sich doch wirklich die Frage nach der Gleichbehandlung auf. Hier geht es nicht um ständiges Mehrfordern.
Das gehört m.E. klargestellt.

MfG KPH Neuss
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Zulagen streichen - auch Form der Gleichbehandlung

Beitrag von thorstein » 02.04.2010, 19:17

Der Hinweis von johannes ist durchaus berechtigt, wenn man seine Aversion gegen Forderungen beiseite lässt. Wenn der Zuschlag keine arbeitsvertragliche Grundlage hat (MAV = Kirche!) kann der AG einfach die Zulage für alle einstellen: auch eine Form der Gleichbehandlung.

Auszubildende bekommen in aller Regel sowieso verbilligte Fahrkarten. Hier stellt sich also die Frage, ob alle Fakten berücksichtigt werden.

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Gleichbehandlung ist Verfassungsgebot

Beitrag von Cicero » 03.04.2010, 07:12

Ich kann gut nachvollziehen, dass man sich bezüglich der Fahrgelderstattung um eine Gleichbehandlung aller MitarbeiterInnen bemüht. Dies zu kritisieren halte ich für weniger hilfreich.
Meines Erachtens sollte das Thema argumentativ angegangen werden. Die Begründung, für einen Teil der MitarbeiterInnen die Fahrgeldzahlung zu verweigern, weil das zu teurer würde, kann doch ernstlich nicht ausreichen.
Ich wünsche den Streitern für gerechte Behandlung aller Betriebsangehörigen viel Erfolg.

Cicero
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Im Gleichklang: Frieden - Ausgleich - Demokratie - und: "Die Menschenwürde ist unantastbar"!

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Beitrag von Hasilein » 06.04.2010, 17:47

Hallo!
Die MAV bemüht sich weiterhin zu diesem Thema, etwas wesentliches hat man noch nicht erreicht.

Johannes:
In diesem Beitrag geht es um die Frage des Fahrgeldes, was der AG in der Tat freiwillig zahlt.
Dies wurde vor vielen Jahren vom AG selbst eingeführt, um uns als Mitarbeiter eine Wertschätzung der geleisteten Arbeit zu zeigen. Wenn es aus irgendwelchen Gründen der Institution nicht gut geht und die Zahlung des Fahrgeldzuschlags eine Belastung darstellen würde, wäre es ohne Frage kein Problem der Belegschaft genau dies mitzuteilen und die Zahlung einzustellen oder vielleicht nur auszusetzen.
Aber sich z.B. bei Bewerbern zu brüsten: wir zahlen unseren Mitarbeitern einen Fahrgeldzuschlag und dann bei den Azubis, die eine unschätzbare Hilfe im Stationsalltag sind sich darauf zu berufen, es wäre zu teuer?
Die arbeiten im Normalfall doch als billige Arbeitskräfte und das in der 40 Stunden Woche!
Glaubst du nicht doch auch, dass sie sich die paar Euro echt verdient hätten?
Und wenn du schreibst, dass nur gefordert und gefordert wird, dann sage ich, das ist eine pauschale Aussage.
Vielleicht ist in deiner Einrichtung alles so wie es sein sollte. Du warst ja schon ganz früh auch Vorreiter z.B. bei neuen Dienstzeiten und ich hatte insgesamt das Gefühl, dass du neben deinem Profit auch an deine Mitarbeiter denkst.
Aber was ich in einer Einrichtung der Altenpflege erlebt habe, das hättest du lieber Johannes auch nicht so tragen wollen.
Ich wurde ausgesaugt, hab mich in Jahrzehnten kaputt gearbeitet, habe mich mit Körper und Seele gegeben, wie so viele meiner Kollegen auch. Und wieder und wieder und wieder habe ich erlebt, wie unsereiner in den Allerwertesten getreten wurden.

Thorstein: Im Sinne der Worte hast du recht. Aber wenn ein Arbeitgeber das Fahrgeld freiwillig zahlt, hat er nicht das Recht, eine bestimmte Gruppe von Mitarbeitern auszugrenzen.
Die Argumentation mit der verbilligten Fahrkarte wäre richtig - eigentlich.
Aber ich habe oben bereits bemerkt, dass die Azubis den Klebstoff dieser Einrichtung darstellen. Ohne diese billigen Arbeitskräfte hätte sich die Hälfte der Belegschaft schon tot gearbeitet.

Die Kollegen sind bereits so weit, dass sie lieber aufs Fahrgeld verzichten würden, als die Auseinandersetzung um die Zahlung für die Azubis aufzugeben.

Außerdem verlangt der AG die abgefahrenen Fahrkarten und kann diese Ausgabe steuerlich geltend machen.

Aber es wäre ein Ausdruck guten Willens beim AG.
Der weiss doch auch wo er fordern kann und tut es.

Cicero: Danke für das Verständnis
Leben und leben lassen!

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