Auch für Bereitschaftsdienst Zusatzurlaub für Nachtdienst
Verfasst: 31.01.2010, 16:18
Auch für Bereitschaftsdienst Zusatzurlaub für Nachtdienst
BAG, Urteil v. 15.07.2009, 5 AZR 867/08
Nächtliche Bereitschaftsdienststunden sind nach dem BAT-KF mittels einer angemessenen Zahl bezahlter freier Tage auszugleichen. Die Regelung über Zusatzurlaub für Wechselschicht-, Schicht- und Nachtarbeit gilt nicht nur für die im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit geleisteten Nachtarbeitsstunden, sondern auch für außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit geleistete Bereitschaftsdienste.
Aus den Gründen:
Die Klägerin ist Nachtarbeitnehmerin. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts leistete die Klägerin in den Kalenderjahren 2004 bis 2006 jeweils an mehr als 48 Tagen Bereitschaftsdienst in der Zeit von 23:00 Uhr bis 6:00 Uhr, womit jedenfalls die Voraussetzungen des § 2 Abs. 5 Nr. 2 ArbZG erfüllt sind. Nach § 2 Abs. 4 ArbZG ist Nachtarbeit jede Arbeit, die mehr als zwei Stunden der Nachtzeit iSd. § 2 Abs. 3 ArbZG erfasst. Auch Bereitschaftsdienst ist aufgrund der in Art. 4b des Gesetzes zu Reformen am Arbeitsmarkt enthaltenen Regelung Arbeitszeit iSd. § 2 ArbZG.
Die arbeitsvertraglich einbezogenen Bestimmungen des BAT-KF sind Allgemeine Geschäftsbedingungen iSd. §§ 305 ff. BGB. Die Bezugnahmeklausel war von der Beklagten für eine Vielzahl von Fällen gestellt, zugleich sind damit auch die inhaltlich den Bundes-Angestelltentarifvertrag modifizierenden Allgemeinen Arbeitsbedingungen von der Beklagten gestellt worden (§ 305 Abs. 1 BGB).
Eine entsprechende Anwendung der in § 6 Abs. 5 ArbZG vorgesehenen Ausnahme für tarifvertragliche Regelungen auf den BAT-KF scheidet aus, denn es fehlt an einer Regelungslücke. Vielmehr zeigt § 7 Abs. 4 ArbZG, dass das Arbeitszeitgesetz kirchliche Regelungen der Arbeitsbedingungen zu berücksichtigen weiß, dies aber beim Ausgleich der Erschwernisse von Nachtarbeit unterlassen hat.
Die Parteien haben durch die einzelvertragliche Bezugnahme auf die Regelungen des BAT-KF einen angemessenen Ausgleich für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden vereinbart.
Der in § 6 Abs. 5 ArbZG nur allgemein geregelte Anspruch auf angemessenen Ausgleich kann durch einzelvertragliche Regelung der Arbeitsvertragsparteien näher ausgestaltet werden. Vertragliche Lösungen können sogar sinnvoll sein, um Streit über die Angemessenheit des Ausgleichs zu verhindern. Allerdings muss die vertragliche Gestaltung den Ausgleichszweck hinreichend erkennen lassen und die Regelung ist im Rahmen des § 6 Abs. 5 ArbZG zu treffen. Dh., der Ausgleich muss entweder in der Gewährung einer angemessenen Zahl bezahlter freier Tage und/oder einem angemessenen Zuschlag auf das für die Nachtarbeit zustehende Bruttoarbeitsentgelt bestehen. Eine vertragliche Regelung kann insbesondere in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Arbeitgebers, die die besonderen gesetzlichen Anforderungen der §§ 305 ff. BGB einzuhalten haben, getroffen werden.
Nach dem BAT-KF steht dem Angestellten ein Anspruch auf Zusatzurlaub zu, wenn er in bestimmtem Mindestumfang Nachtarbeitsstunden leistet. Der darin geregelte Freizeitausgleich dient dem Gesundheitsschutz und kann vom Arbeitgeber auch tagsüber ohne die Verpflichtung zur Zahlung weiterer Zuschläge gewährt werden. Ob es sich dabei um einen Ausgleich für dienstplanmäßig und regelmäßig geleistete Nachtarbeit oder für nächtliche Bereitschaftsdienste handelt, ist unerheblich. Die Verwirklichung des gesetzlichen Leitbilds wird lediglich durch die in § 48a Abs. 6 BAT-KF enthaltene Ausschlussklausel verhindert.
Hieraus folgt zunächst, dass die Parteien das sich aus § 6 Abs. 5 ArbZG ergebende Wahlrecht vertraglich abbedungen haben. Nachtarbeit ist hiernach in Freizeit und nicht finanziell auszugleichen. Des Weiteren ist es nach § 48a Abs. 4 BAT-KF unerheblich, ob es sich um einen Ausgleich für dienstplanmäßig und regelmäßig geleistete Nachtarbeit oder um Bereitschaftsdienst handelt. Dies entspricht der gesetzlichen Regelung in § 6 Abs. 5 ArbZG. Danach ist nicht nur die Nachtarbeitszeit iSd. § 2 Abs. 4 ArbZG ausgleichspflichtig, also die Arbeit, die mehr als zwei Stunden der Nachtzeit erfasst, sondern grundsätzlich jede Arbeitszeit während der Nachtzeit. Der gesamte Bereitschaftsdienst und nicht nur die darin enthaltene Vollarbeit ist Arbeitszeit. Der Arbeitnehmer erbringt auch in der Ruhezeit des Bereitschaftsdienstes eine Leistung gegenüber dem Arbeitgeber. Denn er ist in seinem Aufenthalt beschränkt und muss mit jederzeitiger Arbeitsaufnahme rechnen (Senat 28. Januar 2004 - 5 AZR 530/02 - zu III 4 der Gründe, BAGE 109, 254). Liegt der Bereitschaftsdienst in der Nachtzeit, ist dieser in seiner gesamten Dauer nach § 6 Abs. 5 ArbZG auszugleichen, unabhängig davon, in welchen Stunden tatsächlich Arbeitsleistung erbracht wurde. Allerdings kann ein nur geringerer Ausgleich erforderlich sein, wenn in die Nachtarbeit Arbeitsbereitschaft fällt (Senat 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - Rn. 16, BAGE 115, 372; 28. Januar 2004 - 5 AZR 530/02 - zu III 4 der Gründe, BAGE 109, 254).
Quelle: Mitteilung vom 30.01.2010
Verband Kirchlicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Rheinland-Westfalen-Lippe
Weißenburger Straße 12
44135 Dortmund
Tel.: 0231/ 579743
Fax: 0231/ 579754
BAG, Urteil v. 15.07.2009, 5 AZR 867/08
Nächtliche Bereitschaftsdienststunden sind nach dem BAT-KF mittels einer angemessenen Zahl bezahlter freier Tage auszugleichen. Die Regelung über Zusatzurlaub für Wechselschicht-, Schicht- und Nachtarbeit gilt nicht nur für die im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit geleisteten Nachtarbeitsstunden, sondern auch für außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit geleistete Bereitschaftsdienste.
Aus den Gründen:
Die Klägerin ist Nachtarbeitnehmerin. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts leistete die Klägerin in den Kalenderjahren 2004 bis 2006 jeweils an mehr als 48 Tagen Bereitschaftsdienst in der Zeit von 23:00 Uhr bis 6:00 Uhr, womit jedenfalls die Voraussetzungen des § 2 Abs. 5 Nr. 2 ArbZG erfüllt sind. Nach § 2 Abs. 4 ArbZG ist Nachtarbeit jede Arbeit, die mehr als zwei Stunden der Nachtzeit iSd. § 2 Abs. 3 ArbZG erfasst. Auch Bereitschaftsdienst ist aufgrund der in Art. 4b des Gesetzes zu Reformen am Arbeitsmarkt enthaltenen Regelung Arbeitszeit iSd. § 2 ArbZG.
Die arbeitsvertraglich einbezogenen Bestimmungen des BAT-KF sind Allgemeine Geschäftsbedingungen iSd. §§ 305 ff. BGB. Die Bezugnahmeklausel war von der Beklagten für eine Vielzahl von Fällen gestellt, zugleich sind damit auch die inhaltlich den Bundes-Angestelltentarifvertrag modifizierenden Allgemeinen Arbeitsbedingungen von der Beklagten gestellt worden (§ 305 Abs. 1 BGB).
Eine entsprechende Anwendung der in § 6 Abs. 5 ArbZG vorgesehenen Ausnahme für tarifvertragliche Regelungen auf den BAT-KF scheidet aus, denn es fehlt an einer Regelungslücke. Vielmehr zeigt § 7 Abs. 4 ArbZG, dass das Arbeitszeitgesetz kirchliche Regelungen der Arbeitsbedingungen zu berücksichtigen weiß, dies aber beim Ausgleich der Erschwernisse von Nachtarbeit unterlassen hat.
Die Parteien haben durch die einzelvertragliche Bezugnahme auf die Regelungen des BAT-KF einen angemessenen Ausgleich für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden vereinbart.
Der in § 6 Abs. 5 ArbZG nur allgemein geregelte Anspruch auf angemessenen Ausgleich kann durch einzelvertragliche Regelung der Arbeitsvertragsparteien näher ausgestaltet werden. Vertragliche Lösungen können sogar sinnvoll sein, um Streit über die Angemessenheit des Ausgleichs zu verhindern. Allerdings muss die vertragliche Gestaltung den Ausgleichszweck hinreichend erkennen lassen und die Regelung ist im Rahmen des § 6 Abs. 5 ArbZG zu treffen. Dh., der Ausgleich muss entweder in der Gewährung einer angemessenen Zahl bezahlter freier Tage und/oder einem angemessenen Zuschlag auf das für die Nachtarbeit zustehende Bruttoarbeitsentgelt bestehen. Eine vertragliche Regelung kann insbesondere in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Arbeitgebers, die die besonderen gesetzlichen Anforderungen der §§ 305 ff. BGB einzuhalten haben, getroffen werden.
Nach dem BAT-KF steht dem Angestellten ein Anspruch auf Zusatzurlaub zu, wenn er in bestimmtem Mindestumfang Nachtarbeitsstunden leistet. Der darin geregelte Freizeitausgleich dient dem Gesundheitsschutz und kann vom Arbeitgeber auch tagsüber ohne die Verpflichtung zur Zahlung weiterer Zuschläge gewährt werden. Ob es sich dabei um einen Ausgleich für dienstplanmäßig und regelmäßig geleistete Nachtarbeit oder für nächtliche Bereitschaftsdienste handelt, ist unerheblich. Die Verwirklichung des gesetzlichen Leitbilds wird lediglich durch die in § 48a Abs. 6 BAT-KF enthaltene Ausschlussklausel verhindert.
Hieraus folgt zunächst, dass die Parteien das sich aus § 6 Abs. 5 ArbZG ergebende Wahlrecht vertraglich abbedungen haben. Nachtarbeit ist hiernach in Freizeit und nicht finanziell auszugleichen. Des Weiteren ist es nach § 48a Abs. 4 BAT-KF unerheblich, ob es sich um einen Ausgleich für dienstplanmäßig und regelmäßig geleistete Nachtarbeit oder um Bereitschaftsdienst handelt. Dies entspricht der gesetzlichen Regelung in § 6 Abs. 5 ArbZG. Danach ist nicht nur die Nachtarbeitszeit iSd. § 2 Abs. 4 ArbZG ausgleichspflichtig, also die Arbeit, die mehr als zwei Stunden der Nachtzeit erfasst, sondern grundsätzlich jede Arbeitszeit während der Nachtzeit. Der gesamte Bereitschaftsdienst und nicht nur die darin enthaltene Vollarbeit ist Arbeitszeit. Der Arbeitnehmer erbringt auch in der Ruhezeit des Bereitschaftsdienstes eine Leistung gegenüber dem Arbeitgeber. Denn er ist in seinem Aufenthalt beschränkt und muss mit jederzeitiger Arbeitsaufnahme rechnen (Senat 28. Januar 2004 - 5 AZR 530/02 - zu III 4 der Gründe, BAGE 109, 254). Liegt der Bereitschaftsdienst in der Nachtzeit, ist dieser in seiner gesamten Dauer nach § 6 Abs. 5 ArbZG auszugleichen, unabhängig davon, in welchen Stunden tatsächlich Arbeitsleistung erbracht wurde. Allerdings kann ein nur geringerer Ausgleich erforderlich sein, wenn in die Nachtarbeit Arbeitsbereitschaft fällt (Senat 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - Rn. 16, BAGE 115, 372; 28. Januar 2004 - 5 AZR 530/02 - zu III 4 der Gründe, BAGE 109, 254).
Quelle: Mitteilung vom 30.01.2010
Verband Kirchlicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Rheinland-Westfalen-Lippe
Weißenburger Straße 12
44135 Dortmund
Tel.: 0231/ 579743
Fax: 0231/ 579754