Pfleger körperlich stärker belastet als Mechaniker

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Pfleger körperlich stärker belastet als Mechaniker

Beitrag von Presse » 30.11.2009, 09:30

Pfleger körperlich stärker belastet als Mechaniker

Wirbelsäulenerkrankung eines Mechanikers nicht als Berufskrankheit anerkannt

Eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule ist als Berufskrankheit (BK) anzuerkennen, wenn der Zusammenhang zwischen der beruflichen Tätigkeit und der Erkrankung mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit nachgewiesen wird. Das ist bei einem besonderen Gefährdungspotential durch hohe Belastungsspitzen der Fall. Mechaniker seien diesen jedoch – anders als Pflegepersonal – nicht ausgesetzt. Dies entschied in einem heute veröffentlichten Urteil der 3. Senat des Hessischen Landessozialgerichts.

Mechaniker klagt auf Anerkennung einer Berufskrankheit

Geklagt hatte ein 54-jähriger Mann aus dem Hochtaunuskreis, der überwiegend als Zweiradmechaniker tätig gewesen ist. 1998 kam es beim Anheben eines Altöleimers zu einem akuten Schmerzereignis in der Lendenwirbelsäule. Ein Bandscheibenvorfall wurde diagnostiziert. Die Berufsgenossenschaft (BG) lehnte die Anerkennung einer Berufskrankheit ab.

Landessozialgericht verneint besonderes Gefahrenpotential

Auch nach Auffassung der Darmstädter Richter ist eine Berufskrankheit nicht anzuerkennen. Bei dem Kläger habe ein besonderes Gefährdungspotential infolge des wiederkehrenden Erreichens der Hälfte des Tagesrichtwertes durch hohe Belastungsspitzen nicht bestanden. Dieses Gefährdungspotential gebe es bei den medizinischen Pflegeberufen. Die Belastung, die sich allein aufgrund des Hebens starker Gewichte ergebe, entspreche hingegen nicht der Belastung und den Arbeitsbedingungen, denen Angehörige der Pflegeberufe ausgesetzt seien. Vor allem beim Versorgen und Bewegen immobiler Patienten komme es zu besonders hohen Belastungen der unteren Wirbelsäule. Dies resultiere nicht nur daraus, dass die Alten- und Krankenpfleger regelmäßig erhebliche Gewichte heben müssten. Hinzu käme vielmehr, dass sich die Patienten häufig beim Anheben und Halten eigenständig sowie unkontrolliert bewegten und ihr Gewicht verlagerten. Dabei müsse das Pflegepersonal immer wieder in biophysikalisch ungünstiger, vorgebückter Haltung tätig werden. Damit seien die Belastungsspitzen des Klägers bei seiner Tätigkeit als Zweiradmechaniker nicht vergleichbar.

( AZ L 3 U 202/04 – Die Revision wurde nicht zugelassen. Das Urteil wird unter http://www.lareda.hessenrecht.hessen.de ins Internet eingestellt. )

Quelle: Landessozialgericht Hessen (LSG Hessen), 24.11.2009
http://www.lsg-darmstadt.justiz.hessen.de

Hildegard Kaiser
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Körperliche Belastung der Pflegenden - Aufschrei nötig !

Beitrag von Hildegard Kaiser » 06.12.2009, 08:46

Körperliche Belastung der Pflegenden - Aufschrei nötig !

Wenn hier von der körperlichen Belastung in der Pflege die Rede ist, wurde ein wichtiges Thema angesprochen. Es gilt nämlich immer noch als selbstverständlich, dass Pflegekräfte Patienten heben, stabilisieren, halten ... (usw), und sich wegen der zum Teil großen Kraftanstrengung selbst gefährden. Darüber zu klagen, wird nicht als hilfreich erachtet.

Wenn aber diese Belastungssituation in der Pflege bereits gerichtsbekannt ist, fragt sich, warum die Berufsgenossenschaften und Arbeitgeber so wenig gegen die körperlichen Belastungen unternehmen. Auf welche neuen Erkenntnisse wartet man den eigentlich? Es ist ein Unding, dass neben der personellen Enge ( = Pflegenotstand) auch körperliche Belastungen einfach ignoriert werden.

Auch insoweit ist ein Aufschrei der Pflegekräfte überfällig!

MfG Hilde
Mehr Pflegekräfte = bessere Pflege!

Gaby Modig
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Heben von Kranken - Pflegenotstand auflösen

Beitrag von Gaby Modig » 07.11.2012, 10:37

Die in Düsseldorf erscheinende Rheinische Post zitiert heute Sigmar Gabriel, SPD-Vorsitzender, wie folgt:
"Ich möchte von einer 67 Jahre alten Krankenschwester nicht mehr gehoben werden."
Dazu ergibt sich folgende Feststellung:
Pflegekräfte sind nach den Vorschriften der Berufsgenossenschaft verpflichtet, Kranke mit 2 Personen oder mit entsprechenden Hilfsmitteln (Lifter) zu heben. Die vielfach geübte Praxis, Kranke gleichwohl als Einzelkraft zu bewegen, ist daher problematisch und eher abzulehnen. Allerdings lässt der Personalmangel oft nichts anderes zu. Denn sonst werden auch die dringstenden Arbeiten nicht mehr erledigt werden können.
Herr Grabriel sollte sich allerdings die richtigen Gedanken machen: Wir brauchen mehr Pflegekräfte, damit auch gesundheitsförderlich gearbeitet werden kann. Dann geht es auch noch mit 67.
Allerdings könnte Herr Gabriel gut und gerne einige Kilos abnehmen, dann wäre es für jede Pflegekrate, unabhängig vom Alter, leichter, mit ihm im Krankheitsfall umzugehen.

Gaby Modig
Pflegesystem verbessern - weg von der Minutenpflege. Mehr Pflegepersonal ist vonnöten!

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