Chef zitiert kranken Kollegen zum Gespräch! - Rufschädigung?

Arbeits- und Arbeitsschutzrecht, Allgemeine Rechtskunde (einschließlich Staatsrecht), Zivilrecht (z.B. Erbrecht)

Moderator: WernerSchell

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Hasilein
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Chef zitiert kranken Kollegen zum Gespräch! - Rufschädigung?

Beitrag von Hasilein » 04.05.2009, 22:35

Chef zitiert kranken Kollegen zum Gespräch! - Rufschädigung?

Hallo!
Folgendes ist passiert:
Ein Kollege postet regelmässig unter einem Nickname in einem fachlich orientieren Forum. Er wurde von einer Kollegin aufgrund von erzählten Vorkommnissen und des markanten Schreibstils wegen "entdeckt".

Er hat von Ereignissen am Arbeitsplatz erzählt und auch von Ärgernissen, bzw. unangemessenen Verhaltens von Vorgesetzten. Dabei hat er nie einen Namen oder einen Ort erwähnt.
Der Tatbestand der üblen Nachrede oder ähnlichem ist weit hergeholt. Jemand der weis um was es geht, kann die Einrichtung vermutlich idendifizieren, ein Unbeteiligter jedoch denkt, es geht um ein schlecht geführtes Haus und hat Mitleid mit den Angestellten.

Nun wurde er verpetzt und die Chefin hat ihn (seit Monaten krank geschrieben) zu einem Gespräch geladen, wegen "Veröffentlichungen im Internet".

Wie kann der Kollege sich jetzt am besten verhalten?

Der Administrator des Forums wird Daten nur gegen richterlichen Beschluss herausgeben und empfiehlt Entspannung.

Wie "gefährlich" ist die Situation wirklich für den Kollegen und was kann er tun?

Vielen Dank.
Hasilein
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Rauel Kombüchen
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Anwalt einschalten

Beitrag von Rauel Kombüchen » 05.05.2009, 06:12

Hallo,
eine Prognose, was hier alles passieren kann, ist eher schwierig. In der Tat ist es so, dass Angabenn über anonyme Schreiber in der Regel nur aufgrund einer richterlichen Entscheidung herausgegeben werden. Ob ein entsprechendes Verfahren erfolgreich durchgeführt werden kann, ist nicht einschätzbar. Allerdings halte ich anhand der gegebenen Sachlage das Herankommen an die gewünschten Daten für eher unwahrscheinlich.
Der Arbeitnehmer erscheint mir allerdings "gefährdet" und sollte einen Anwalt für Arbeitsrecht konsultieren. Es ist m.E. geboten, alle relevanten Aspekte der Situation zu erörtern.
MfG Rauel
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Rauel Kombüchen
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Re: Chef zitiert kranken Kollegen zum Gespräch!

Beitrag von Rauel Kombüchen » 05.05.2009, 07:28

Hasilein hat geschrieben: .... Er wurde von einer Kollegin aufgrund von erzählten Vorkommnissen und des markanten Schreibstils wegen "entdeckt".
Er hat von Ereignissen am Arbeitsplatz erzählt und auch von Ärgernissen, bzw. unangemessenen Verhaltens von Vorgesetzten. Dabei hat er nie einen Namen oder einen Ort erwähnt. ...
Nachtrag zu meinen Hinweisen:
Die Anwaltsbeteiligung ist wohl deshalb wichtig, weil es ja offensichtlich Mitwisser, Zeugen, gibt. Diese können möglicherweise Aussagen machen, die den Forumsschreiben in Schwierigkeiten bringen können. Man weiß ja auch nicht immer, wer mit welchen Motiven irgendetwas sagen kann / will. Es geht also nicht allein um die Aufdeckung, wer im Forum konket geschrieben hat. Sollten sich Vorwürfe in Richtung Rufschädigung bezüglich einer bestimmten Person anderweitig, ggf. durch Zeugenaussagen, konkretisieren lassen, gibt es sicherlich eine fristlose Kündigung.
Das muss natürlich alles nicht so kommen. Aber vorsorglich wollte ich diese Hinweise noch geben.

MfG Rauel
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Lutz Barth
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"Rufschädigung"

Beitrag von Lutz Barth » 05.05.2009, 07:48

Guten Morgen,
ich würde zunächst anraten wollen, unter dem Begriffspaar "Schmähkritik Foren Arbeitsrecht Arbeitsgericht" zu googeln.

Hier eröffnen sich dann für den Interessierten u.a. instruktive Hinweise auf die zwischenzeitlich ergangene Rechtsprechung insbesondere auch der Arbeitsgerichte.

Mfg. LB
Wir vertreten nicht immer die herrschende Lehre!

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Beitrag von Hasilein » 05.05.2009, 12:30

Guten Morgen!

Erst mal vielen Dank für die Antworten.
Nachdem wir einiges gegoogelt haben, sind wir relativ beruhigt.
Besonders der Tipp mit der Schmähkritik war sehr hilfreich. Dieses Wort kannte keiner von uns beiden!
Den Tatbestand der Beleidigung oder Herabsetzung einer Person konnten wir so nicht sehen.
Es wurden nur Funktionen genannt, z.B. Abteilungsleiter oder Betriebsratvorsitzende. Niemals Namen. Im Grunde waren, bzw. sind die vorgetragenen Ereignisse noch nicht mal gelogen, also keine üble Nachrede. Ein interner Leser könnte schon auf den Gedanken kommen, huuuch, das ist doch unsere Firma! Jemand von außen der sonst nichts weiss, denkt nur, was ist das für ein Saftladen.
Als positiv werten wir, dass an den Administrator des Forums noch keine Anfrage gestellt wurde.

Welche Frage sich im Augenblick viel eher stellt, wie reagiert der Kollege auf das Gesprächs "angebot" des Arbeitgebers?
Einen (im Überraschungsmoment zugesagten) Termin hat er abgesagt. Es wurde ein Ersatztermin angeboten. In der Benachrichtigung wurde die Formulierung "Anhörungstermin" benutzt und gesagt, falls der Kollege diesen Termin nicht wahrnimmt, würde sich der Chef seine "weiteren Schritte" ohne Anhörung überlegen.
Der Kollege ist immerhin im Krankenstand, das Direktionsrecht ist im Moment außer Kraft gesetzt. Allerdings wäre der Kollege bereit zu gehen, will sich aber nicht als Angeklagten sehen, er hat nichts unrechtes getan und es hat niemand Schaden davongetragen.
Und der Arbeitgeber kann gar nicht WISSEN, dass er derjenige welcher ist.
Der Kollege ist sich auch bewusst, dass sein Countdown tickt, aber er möchte den Zeitpunkt des Abschieds selbst bestimmten, vor allem nicht in die Arbeitslosigkeit gehen. Und aus dem Krank heraus kann er sich nicht initiativ bewerben.

Geht er hin, oder lässt er es?
Und wenn, geht er alleine hin?
Wie soll/kann er sich verhalten?
Wäre es klug, den Termin sausen zu lassen?

Ein konkretes Beispiel das zum vorliegenden Fall passt, konnen wir leider nicht finden.

Vielen Dank und Grüsse
Hasi
Leben und leben lassen!

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Krankenschreibung überprüfen ?

Beitrag von Hildegard Kaiser » 05.05.2009, 16:05

Hallo,
es fragt sich, unabhängig von den kritischen Texte, ob es ratsam ist, während der Krankschreibung in den Betrieb zu gehen. Geht es nämlich nicht auch bei den Vorgesetzten darum, die Krankschreibung durch "Augenscheinnahme des Kranken" zu überprüfen?
Ich vermute nach all dem seitens des Betriebes eher unlautere Motive. Deshalb würde ich auch vorsehen, einen Anwalt einzuschalten. Ich denke, dass der Sachverhalt weiter aufgehellt werden muss.
MfG Hilde
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Fristlose Kündigung ....

Beitrag von Service » 15.05.2009, 16:16

Siehe die Fortsetzung unter
viewtopic.php?t=11915

:cry:

Hallo!
Der Kollege von welchem ich hier wegen angeblicher Äußerungen im Internetforum erzählt habe,
siehe:
viewtopic.php?t=11818&highlight=hasilein
erhielt heute die Nachricht, dass die fristlose Kündigung mit sozialer Auslauffrist von 6 Monaten unterwegs wäre.

Nun die Fragen:

- was heisst soziale Auslauffrist?

- ab wann bekommt der Kollege kein Geld mehr, nachdem die Kündigung wirksam ist oder nicht oder ab Zugang der Kündigung?

- die Frist für eine ordentliche Kündigung wären 18 Monate aufgrund langer Betriebszugehörigkeit, sollte die soziale Auslauffrist nicht identisch mit der gesetzlichen Kündigungsfrist sein?

- der Kollege ist momentan noch aufgrund eines Arbeitsunfalles krank geschrieben, geht da eine Kündigung überhaupt und wie ist das mit der Verletztengeldzahlung, endet das auch mit der Kündigung?

- wann muss der Kollege aufs Arbeitsamt?

- Interessenvertretung (Verdi) ist bereits informiert, Treffen ist für kommende Woche vorgesehen.

Und last but not least:

wie findet man einen guten Anwalt für Arbeitsrecht?(Rechtschutzversicherung Arbeitsrecht ist vorhanden)

Vielen Dank!
Hasilein

Rauel Kombüchen
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Fristlose Kündigung mit sozialer Auslauffrist

Beitrag von Rauel Kombüchen » 15.05.2009, 16:25

Texteinstellung auch hier:

Hallo,
ich hatte schon bei meinen früheren Beiträgen auf die Notwendigkeit der Beiziehung eines Anwaltes hingewiesen. Das hat sich jetzt bestätigt.
Zur fristlosen Kündigung mit sozialer Auslauffrist siehe unter
http://www.felser.de/felser/RechtA-Z/Ar ... igung.html
Vielleicht sollte RA Felser kontaktiert werden.
Da aber ein Gespräch mit der Gewerkschaft vorgesehen ist, würde ich zunächst diese Erörterungen abwarten. Dabei können alle wichtigen Fragen vorbesprochen werden.
MfG Rauel Kombüchen
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Anwalt einschalten

Beitrag von Anja Jansen » 16.05.2009, 06:52

Guten Morgen,
ich sehe es ähnlich wie Rauel. Man sollte schnellstmöglich einen Anwalt hinzuziehen. Ich denke, dass die Streitsache hier nicht ausführlich genug dargestellt ist, um wirklich hilfreich zu antworten. Es ist auch vielleicht für das anstehende Verfahren vielleicht nicht gut, dem Arbeitgeber neues Argumantationsmaterial zu liefern.
Für eine Online-Beratung find ich einen Hinweis:
viewtopic.php?t=7175&highlight=online
MfG Werner Schell
Es ist mehr Aufmerksamkeit für dementiell erkrankte Menschen nötig. Unser Pflegesystem braucht deshalb eine grundlegende Reform!

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Beitrag von Hasilein » 16.05.2009, 08:02

Danke, Anja.
Wir haben die Adresse einer (aus Erfahrung) guten Anwältin für Arbeitsrecht erhalten und werden diese gleich Montag früh kontaktieren.
Nochmals vielen Dank!
Hasi
Leben und leben lassen!

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