Generalschlüssel & die Haftpflicht bei Verlust

Arbeits- und Arbeitsschutzrecht, Allgemeine Rechtskunde (einschließlich Staatsrecht), Zivilrecht (z.B. Erbrecht)

Moderator: WernerSchell

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Anissa
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Generalschlüssel & die Haftpflicht bei Verlust

Beitrag von Anissa » 25.02.2005, 13:01

Folgende Situation:

Ein Altenheim wurde renoviert und wird nun wieder in Betrieb genommen. Die Heimleitung empfindet eine Versicherung für die Schließanlage als zu teuer und fordert die Mitarbeiter auf, sich privat gegen den Verlust von Generalschlüsseln zu versichern. Für den eintretenden Versicherungsfall war die Rede von einer Summe um die 100.000,- Euro.

Ist das arbeistrechtlich in Ordnung?

Herzliche Grüße
Anissa

Gast

Re: Privater Versicherungszwang?

Beitrag von Gast » 25.02.2005, 15:02

Hallo Anissa!
Ich bin kein Jurist, denke aber, daß ich Dir eventuell trotzdem helfen kann.
Vorneweg:
Mit Haftungsfragen wie dieser, beschäftigt sich man leider allzuoft erst dann, wenn "das Kind in den Brunnen gefallen ist" -hier, der Schlüssel ist weg.
1. Grundsätzlich orientieren sich Regressforderungen des Dienstgebers an den drei "Fahrlässigkeitsstufen":
Einfache Fahrlässigkeit - in der Regel keine Regressforderungen.
Grobe Fahrlässigkeit - hier ist es je nach Betriebsvereinbarung möglich, daß sich der Mitarbeiter anteilsmässig an dem Schaden beteiligen muss. Erfahrungsgemäss bedeutet dies, vom Betrag her gesehen, nicht, daß er deswegen in elementare Notsituationen kommt.
Vorsätzliche Fahrlässigkeit - hier dürften auf den Mitarbeiter erhebliche Forderungen zukommen.
Doch wie sind im Zusammenhang mit "einem Schlüsselverlust", diese Fahrlässigkeitsstufen zu sehen - sehr, sehr schwierig zu beantworten; oft klärt sich dies erst im Verlauf eines Gerichtsverfahrens. Aus meiner Erfahrung kenne ich zahllose Beispiele - ohne an kriminelle Beweggründe zu denken,wie sorglos Mitarbeiter oft mit ihren Dienstschlüssel umgehen. "Aufregungen", Kostenmitteilungen von Seiten des Dienstgebers werden allzuoft mit lapidaren Entschuldigungen oder "lockerem Achselzucken" quittiert. Von daher kann ich Eure Heimleitung schon etwas verstehen.
Andererseits ist von einem "Generalschlüssel" die Rede - dies ist mir mehr als unverständlich. Eine ordentliche Einrichtung hat einen ordentlichen Schliessplan mit einzelnen Schliessgruppen - von daher ergibt sich für den Mitarbeiter im Gruppendienst einer Wohngruppe nie die Erforderlichkeit, einen Generalschlüssel mit sich zu führen. Bei uns hatten Generalschlüssel nur die Vorgesetzten ab Wohnbereichsleitung und die Nachtwachen. Letzten Endes empfehle ich, egal, ob die Einrichtung eine Versicherung hat oder nicht, eine eigene Dienstschlüsselversicherung abzuschliessen - sie kostet meines Wissens ca. 20 € im Jahr und verhindert im Falle eines Falles viel Ärger.

Gast

Generalschlüssel - Haftung bei Verlust?

Beitrag von Gast » 25.02.2005, 22:50

Hallo Anissa,

wer kraft seiner Dienststellung einen Generalschlüssel besitzen muss, hat ggf. die Verpflichtung, bei einem Verlust Ersatz zu leisten (§ 823 ff. BGB). M.E. kann der Arbeitgeber aber nicht so einfach jedem Arbeitnehmer einen Generalschlüssel in die Hand drücken und ihn mit der Haftung alleine lassen. Es kommt wohl darauf an, in welcher Dienststellung sich jemand befindet. Bei einer eventuellen Haftung wären auf jeden Fall die Regeln über den innerbetrieblichen Schadensausgleich zu beachten. U.U. käme nur eine Haftung für "grobe Fahrlässigkeit" zum Zuge. Überlegungswert ist der Abschluss einer Betriebsvereinbarung, die die Risikolage regelt (arbeitnehmerfreundlich).
Wenn die Versicherungssumme so hoch sein muss, wie im Fragetext beschrieben, sehe ich die Verpflichtung des Arbeitgebers, zumindest für die "normalen" Arbeitnehmer die zweifelsfrei notwendige Versicherung zu organisieren bzw. zu übernehmen.
Siehe auch eine Fallbeschreibung unter
http://www.recht-und-fuehrung.de/schule ... 05064.html

MfG
Dirk

Berti
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Generalschlüsselregelung - Fürsorgepflicht!

Beitrag von Berti » 26.02.2005, 11:42

Hallo Anissa,
die Regelung betr. die Ausgabe von Generalschlüsseln und eine eventuelle Haftung kann nach meiner Einschätzung sehr unterschiedlich erfolgen.
Ich würde die Arbeitnehmervertretung veranlassen, mit dem Arbeitgeber über eine arbeitnehmerfreundliche Regelung zu verhandeln, für alle Mitarbeiter.
Dass der Arbeitgeber Kosten einer Haftpflichtversicherung übernimmt, ist allein aus dem Gedanken der Fürsorgepflicht abzuleiten. Sind diesbezügliche Versuche unternommen worden?
Gruß Berti

WernerSchell
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Generalschlüssel verloren – dennoch keine Haftung

Beitrag von WernerSchell » 01.01.2006, 10:23

Generalschlüssel verloren – dennoch keine Haftung

Ein Schlüsselverlust verpflichtet den betreffenden Arbeitnehmer dann nicht zum Schadensersatz, wenn der Arbeitgeber es unterlassen hat, auf die hierdurch entstehenden finanziellen Folgeschäden hinzuweisen. Dieser Grundsatz ergibt sich aus einem Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts (LAG) vom 15.1.1998.

Das LAG hatte über die Schadensersatzpflicht eines Arbeitnehmers gegenüber seinem Arbeitgeber zu entscheiden. Der beklagte Altenpfleger hatte nach seiner Kündigung einen Generalschlüssel für die Schließanlage des Seniorenwohnsitzes in einem einfachen Briefumschlag an die Klägerin geschickt. Bei der Klägerin war nur der leere Briefumschlag angekommen, woraufhin sie 119 Schlösser austauschte, was Kosten in Höhe von 13.998,55 Mark verursachte. Das Gericht lehnte jedoch eine Schadensersatzpflicht des Arbeitnehmers ab.
Zwar habe der Beklagte seine Pflicht zur Rückgabe des Schlüssels verletzt, denn das Versenden in einem normalen Briefumschlag habe keine sichere Versendungsart dargestellt. Dem Beklagten sei es auch möglich und zumutbar gewesen, den Schlüssel persönlich zurückzugeben. Der entstandene Schaden habe nicht allein im Wertverlust des Schlüssels bestanden, sondern auch im Austausch sämtlicher Schlösser …
Aufgrund des überwiegenden Mitverschuldens der Klägerin sei die Ersatzpflicht jedoch ausgeschlossen gewesen. Sie sei als Arbeitgeberin verpflichtet gewesen, den Arbeitnehmer darauf hinzuweisen, dass sie für den Fall des Schlüsselverlusts beabsichtige, Schlösser auszutauschen und dass hierfür Kosten in einer bestimmten Höhe anfallen würden. Da sie dies nicht getan habe, den Beklagten vielmehr nur eine Quittung habe unterschreiben lassen, mit der er den Schlüsselerhalt bestätigte und sich zur Rückgabe sowie zur Anzeige bei Verlust verpflichtete, müsse sie den entstandenen Schaden selbst tragen.

Urteil des LAG vom 15. 1. 1998 - 14 Sa 156/97 -
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
https://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/
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