GESUNDHEITSKOMPETENZ der Bevölkerung in Deutschland
Verfasst: 16.11.2017, 07:30
GESUNDHEITSKOMPETENZ
der Bevölkerung in Deutschland
Ergebnisbericht
Autorenteam:
Doris Schaeffer, Dominique Vogt, Eva-Maria Berens, Klaus Hurrelmann
Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften
Bielefeld, Dezember 2016
...
Unter Gesundheitskompetenz wird das Wissen, die Motivation und die Fähigkeit verstanden,
gesundheitsrelevante Informationen ausfindig zu machen, zu verstehen, zu
beurteilen und zu nutzen, um die Gesundheit erhalten, sich bei Krankheiten die nötige
Unterstützung durch das Gesundheitssystem sichern oder sich kooperativ an der Behandlung
und Versorgung beteiligen und die dazu nötigen Entscheidung treffen zu
können. International wird diese basale Kompetenz als ‚Health Literacy’ bezeichnet
(u.a. Sørensen et al. 2012) und ist seit langem Gegenstand der Forschung. In Deutschland
wird der Begriff mit Gesundheitskompetenz übersetzt.
Bislang ist das empirische Wissen über die Gesundheitskompetenz der Bevölkerung in
Deutschland recht gering. Das zeigt sich unter anderem daran, dass die Zahl an Studien
zur Gesundheitskompetenz noch übersichtlich ist. Auch an der ersten Europäischen
Studie, dem European Health Literacy Survey (HLS-EU), hat Deutschland nur mit einem
Bundesland (NRW) teilgenommen. Mit der hier vorgestellten Studie (HLS-GER)
werden erste repräsentative Daten zur Gesundheitskompetenz der Bevölkerung in
Deutschland vorgelegt. Damit wird zugleich die in der Europäischen Studie (HLS-EU
Consortium 2012) für Deutschland bestehende Datenlücke geschlossen. Außerdem
wird mit ihr eine Grundlage für die Entwicklung von empirisch fundierten Interventionen
zur Förderung der Gesundheitskompetenz geschaffen.
Erhoben wurde die Gesundheitskompetenz in dieser Studie mit einem international
vielfach erprobten Fragebogen, dem HLS-EU-Q47, mit dem 2.000 Menschen persönlich
befragt wurden.
Die Ergebnisse der Studie zeigen: 54,3 Prozent der Deutschen verfügen über eine
eingeschränkte Gesundheitskompetenz. Mehr als die Hälfte der Deutschen sieht sich
somit vor erhebliche Schwierigkeiten gestellt, wenn es darum geht, mit gesundheitsrelevanten
Informationen umzugehen, um gesundheitliche Belastungen und Krankheiten
zu bewältigen, sich im Alltag stellende Herausforderungen der Gesundheitserhaltung
anzugehen und dazu erforderliche Entscheidungen zu treffen. Über eine eingeschränkte
Gesundheitskompetenz zu verfügen bedeutet außerdem, größere Orientierungsschwierigkeiten
im Gesundheitssystem zu haben, häufiger nicht zu wissen, an wen
man sich bei gesundheitlichen Problemen wenden soll, häufiger in das Krankenhaus
eingewiesen zu werden, öfter den ärztlichen Notfalldienst in Anspruch zu nehmen und
häufiger vor Kommunikationsschwierigkeiten mit den Gesundheitsprofessionen gestellt
zu sein. Zudem verfügen Menschen mit geringer Gesundheitskompetenz nach ihrer
eigenen Einschätzung häufiger über einen schlechten Gesundheitszustand.
Die Studie macht auf soziale Ungleichheiten zwischen Bevölkerungsgruppen aufmerksam.
Vor allem Menschen mit Migrationshintergrund (71 %), mit geringem Bildungsniveau
(62 %), mit niedrigem Sozialstatus (78%), mit chronischer Krankheit (73 %) und in
höherem Alter (66 %) weisen eine vergleichsweise eingeschränkte Gesundheitskompetenz
auf.
Die Ergebnisse unterstreichen, wie wichtig die Förderung der Gesundheitskompetenz
der Bevölkerung in Deutschland ist und dazu eine gesamtgesellschaftliche Strategie
gefordert ist. Zugleich bilden sie eine Grundlage dafür, passgenaue und auf einzelne
Bevölkerungsgruppen zugeschnittene Interventionsmaßnahmen entwickeln zu können,
denn sie liefern wichtige Erkenntnisse über die Informations- und Kompetenzvoraussetzungen
der Bevölkerung. Aus ihnen lassen sich wichtige Hinweise darüber ableiten,
welche Interventionsmaßnahmen besonders aussichtsreich sein dürften. Dass Interventionen
auf die Verbesserung der persönlichen Gesundheitskompetenz zielen sollten,
steht außer Frage – doch ebenso, dass dies allein nicht ausreichend ist. Vielmehr
ist erforderlich, auch das Gesundheitssystem viel stärker als bisher auf die Stärkung
von Gesundheitskompetenz auszurichten und es informations- und nutzerfreundlicher
zu gestalten. Auf der Basis der Studienergebnisse wurde als ein erster Schritt bereits
eine Material- und Methodensammlung erarbeitet, die Patienten- und Verbraucherberater,
aber auch die Gesundheitsprofessionen nutzen können, um zu einem besseren
und fördernden Umgang mit Menschen mit niedriger Gesundheitskompetenz zu gelangen
(Schmidt-Kaehler et al. 2017). ...
Quelle und weitere Informationen: http://www.uni-bielefeld.de/gesundhw/ag ... LS-GER.pdf
+++
Siehe auch unter:
Die Förderung der Gesundheitskompetenz älterer Menschen
erfordert eine umfassende Strategie
>>> viewtopic.php?f=4&t=22147&p=100748#p100748
der Bevölkerung in Deutschland
Ergebnisbericht
Autorenteam:
Doris Schaeffer, Dominique Vogt, Eva-Maria Berens, Klaus Hurrelmann
Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften
Bielefeld, Dezember 2016
...
Unter Gesundheitskompetenz wird das Wissen, die Motivation und die Fähigkeit verstanden,
gesundheitsrelevante Informationen ausfindig zu machen, zu verstehen, zu
beurteilen und zu nutzen, um die Gesundheit erhalten, sich bei Krankheiten die nötige
Unterstützung durch das Gesundheitssystem sichern oder sich kooperativ an der Behandlung
und Versorgung beteiligen und die dazu nötigen Entscheidung treffen zu
können. International wird diese basale Kompetenz als ‚Health Literacy’ bezeichnet
(u.a. Sørensen et al. 2012) und ist seit langem Gegenstand der Forschung. In Deutschland
wird der Begriff mit Gesundheitskompetenz übersetzt.
Bislang ist das empirische Wissen über die Gesundheitskompetenz der Bevölkerung in
Deutschland recht gering. Das zeigt sich unter anderem daran, dass die Zahl an Studien
zur Gesundheitskompetenz noch übersichtlich ist. Auch an der ersten Europäischen
Studie, dem European Health Literacy Survey (HLS-EU), hat Deutschland nur mit einem
Bundesland (NRW) teilgenommen. Mit der hier vorgestellten Studie (HLS-GER)
werden erste repräsentative Daten zur Gesundheitskompetenz der Bevölkerung in
Deutschland vorgelegt. Damit wird zugleich die in der Europäischen Studie (HLS-EU
Consortium 2012) für Deutschland bestehende Datenlücke geschlossen. Außerdem
wird mit ihr eine Grundlage für die Entwicklung von empirisch fundierten Interventionen
zur Förderung der Gesundheitskompetenz geschaffen.
Erhoben wurde die Gesundheitskompetenz in dieser Studie mit einem international
vielfach erprobten Fragebogen, dem HLS-EU-Q47, mit dem 2.000 Menschen persönlich
befragt wurden.
Die Ergebnisse der Studie zeigen: 54,3 Prozent der Deutschen verfügen über eine
eingeschränkte Gesundheitskompetenz. Mehr als die Hälfte der Deutschen sieht sich
somit vor erhebliche Schwierigkeiten gestellt, wenn es darum geht, mit gesundheitsrelevanten
Informationen umzugehen, um gesundheitliche Belastungen und Krankheiten
zu bewältigen, sich im Alltag stellende Herausforderungen der Gesundheitserhaltung
anzugehen und dazu erforderliche Entscheidungen zu treffen. Über eine eingeschränkte
Gesundheitskompetenz zu verfügen bedeutet außerdem, größere Orientierungsschwierigkeiten
im Gesundheitssystem zu haben, häufiger nicht zu wissen, an wen
man sich bei gesundheitlichen Problemen wenden soll, häufiger in das Krankenhaus
eingewiesen zu werden, öfter den ärztlichen Notfalldienst in Anspruch zu nehmen und
häufiger vor Kommunikationsschwierigkeiten mit den Gesundheitsprofessionen gestellt
zu sein. Zudem verfügen Menschen mit geringer Gesundheitskompetenz nach ihrer
eigenen Einschätzung häufiger über einen schlechten Gesundheitszustand.
Die Studie macht auf soziale Ungleichheiten zwischen Bevölkerungsgruppen aufmerksam.
Vor allem Menschen mit Migrationshintergrund (71 %), mit geringem Bildungsniveau
(62 %), mit niedrigem Sozialstatus (78%), mit chronischer Krankheit (73 %) und in
höherem Alter (66 %) weisen eine vergleichsweise eingeschränkte Gesundheitskompetenz
auf.
Die Ergebnisse unterstreichen, wie wichtig die Förderung der Gesundheitskompetenz
der Bevölkerung in Deutschland ist und dazu eine gesamtgesellschaftliche Strategie
gefordert ist. Zugleich bilden sie eine Grundlage dafür, passgenaue und auf einzelne
Bevölkerungsgruppen zugeschnittene Interventionsmaßnahmen entwickeln zu können,
denn sie liefern wichtige Erkenntnisse über die Informations- und Kompetenzvoraussetzungen
der Bevölkerung. Aus ihnen lassen sich wichtige Hinweise darüber ableiten,
welche Interventionsmaßnahmen besonders aussichtsreich sein dürften. Dass Interventionen
auf die Verbesserung der persönlichen Gesundheitskompetenz zielen sollten,
steht außer Frage – doch ebenso, dass dies allein nicht ausreichend ist. Vielmehr
ist erforderlich, auch das Gesundheitssystem viel stärker als bisher auf die Stärkung
von Gesundheitskompetenz auszurichten und es informations- und nutzerfreundlicher
zu gestalten. Auf der Basis der Studienergebnisse wurde als ein erster Schritt bereits
eine Material- und Methodensammlung erarbeitet, die Patienten- und Verbraucherberater,
aber auch die Gesundheitsprofessionen nutzen können, um zu einem besseren
und fördernden Umgang mit Menschen mit niedriger Gesundheitskompetenz zu gelangen
(Schmidt-Kaehler et al. 2017). ...
Quelle und weitere Informationen: http://www.uni-bielefeld.de/gesundhw/ag ... LS-GER.pdf
+++
Siehe auch unter:
Die Förderung der Gesundheitskompetenz älterer Menschen
erfordert eine umfassende Strategie
>>> viewtopic.php?f=4&t=22147&p=100748#p100748