Verweigerung eines Spezialrollstuhls - Ermittlungsgebot
Verfasst: 11.03.2009, 17:08
Verweigerung eines Spezialrollstuhls als einziges Fortbewegungsmittel im Haus
Bundesverfassungsgericht mahnt vor Ablehnung auch für ein Eilverfahren notwendige Amtsermittlungen an
Aus Artikel 1 Absatz Grundgesetz (GG) in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip (Artikel 20 GG) folgt ein Anspruch auf die Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein. Dazu gehört auch das Interesse, sich im Rahmen von krankheitsbedingt sehr eingeschränkten Möglichkeiten im Wohnumfeld einen Rest an Mobilität zu erhalten. Die Bewilligung eines speziellen Rollstuhls darf nicht wegen noch notwendiger Ermittlungen möglicher Gefahren beim Betrieb im Eilrechtsschutzverfahren ausgeschlossen werden. Darin und in der Zurückweisung des Angebots einer Beschwerdeführerin, ihre Fahrtauglichkeit an einem leihweise überlassenen Rollstuhl unter Beweis zu stellen, liegt eine Verletzung des Gebots effektiven Rechtsschutzes.
Eine 48-jährige Frau (Beschwerdeführerin) hatte Erfolg mit ihrer Verfassungsbeschwerde gegen sozialgerichtliche Beschlüsse, die es abgelehnt hatten, ihr einen speziellen Elektrorollstuhl, der für sie die einzige Möglichkeit darstellt, sich im häuslichen Bereich ohne fremde Hilfe zu bewegen, im Wege des Eilrechtsschutzes zu bewilligen. Die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) hob die angegriffenen Beschlüsse der Vorinstanzen (Sozialgericht – SG - und Landessozialgericht – LSG) auf, die wegen der noch notwendigen Ermittlungen möglicher Gefahren für die Beschwerdeführerin beim Betrieb des Rollstuhls eine Bewilligung im Eilrechtsschutz ausgeschlossen und auf das Hauptsacheverfahren verwiesen hatten. Das BVerfG ging von einer Verletzung des Gebots effektiven Rechtsschutzes aus, weil die Sozialgerichte das Beweisangebot der Beschwerdeführerin, ihre Fähigkeit zur gefahrenfreien Nutzung eines entsprechend ausgerüsteten Elektrorollstuhls mit einem leihweise zur Verfügung gestellten Fahrzeug vorzuführen, bereits im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes hätten berücksichtigen müssen. Die Sache wurde zur erneuten Entscheidung an das SG zurückverwiesen.
Beschluss des BVerfG vom 25.02.2009 – 1 BvR 120/09 -
Vollständiger Beschlusstext unter
http://www.bundesverfassungsgericht.de/ ... 12009.html
Bundesverfassungsgericht mahnt vor Ablehnung auch für ein Eilverfahren notwendige Amtsermittlungen an
Aus Artikel 1 Absatz Grundgesetz (GG) in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip (Artikel 20 GG) folgt ein Anspruch auf die Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein. Dazu gehört auch das Interesse, sich im Rahmen von krankheitsbedingt sehr eingeschränkten Möglichkeiten im Wohnumfeld einen Rest an Mobilität zu erhalten. Die Bewilligung eines speziellen Rollstuhls darf nicht wegen noch notwendiger Ermittlungen möglicher Gefahren beim Betrieb im Eilrechtsschutzverfahren ausgeschlossen werden. Darin und in der Zurückweisung des Angebots einer Beschwerdeführerin, ihre Fahrtauglichkeit an einem leihweise überlassenen Rollstuhl unter Beweis zu stellen, liegt eine Verletzung des Gebots effektiven Rechtsschutzes.
Eine 48-jährige Frau (Beschwerdeführerin) hatte Erfolg mit ihrer Verfassungsbeschwerde gegen sozialgerichtliche Beschlüsse, die es abgelehnt hatten, ihr einen speziellen Elektrorollstuhl, der für sie die einzige Möglichkeit darstellt, sich im häuslichen Bereich ohne fremde Hilfe zu bewegen, im Wege des Eilrechtsschutzes zu bewilligen. Die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) hob die angegriffenen Beschlüsse der Vorinstanzen (Sozialgericht – SG - und Landessozialgericht – LSG) auf, die wegen der noch notwendigen Ermittlungen möglicher Gefahren für die Beschwerdeführerin beim Betrieb des Rollstuhls eine Bewilligung im Eilrechtsschutz ausgeschlossen und auf das Hauptsacheverfahren verwiesen hatten. Das BVerfG ging von einer Verletzung des Gebots effektiven Rechtsschutzes aus, weil die Sozialgerichte das Beweisangebot der Beschwerdeführerin, ihre Fähigkeit zur gefahrenfreien Nutzung eines entsprechend ausgerüsteten Elektrorollstuhls mit einem leihweise zur Verfügung gestellten Fahrzeug vorzuführen, bereits im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes hätten berücksichtigen müssen. Die Sache wurde zur erneuten Entscheidung an das SG zurückverwiesen.
Beschluss des BVerfG vom 25.02.2009 – 1 BvR 120/09 -
Vollständiger Beschlusstext unter
http://www.bundesverfassungsgericht.de/ ... 12009.html