Entgelterhöhung im Seniorenheim

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Entgelterhöhung im Seniorenheim

Beitrag von Presse » 14.12.2012, 15:56

Entgelterhöhung im Seniorenheim braucht Zustimmung der Bewohner
vzbv kippt vor Gericht nachteilige Vertragsklauseln


Senioreneinrichtungen dürfen Entgelte wegen veränderter Kosten grundsätzlich nicht ohne Zustimmung der Bewohner erhöhen. Dies entschied das Landgericht Berlin und kippte auch drei weitere Vertragsklauseln einer Berliner Seniorenresidenz. Die Verbraucherzentralen und der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) haben seit 2011 über 100 Verträge geprüft und zahlreiche Anbieter abgemahnt oder verklagt. Gefördert wird das Projekt für Verbraucherrechte in der Pflege vom Bundesfamilienministerium.

Bei der Klage des vzbv gegen eine Berliner Seniorenresidenz vor dem Landgericht Berlin (Az.: 15 O 181/12) ging es um einseitige Entgelterhöhungen, Verpflichtungen nach Vertragsende und die Abtretung von Forderungen an Dritte. In allen Punkten entschied das Gericht zugunsten der Verbraucher. Das Urteil vom 13.11.2012 ist noch nicht rechtskräftig.

Entgelte erst nach Zustimmung zu erhöhen

„Wenn es für den Bewohner ohne veränderten Betreuungsbedarf teurer werden soll, geht dies in vielen Fällen nur mit seiner Zustimmung“, sagt Projektkoordinator Heiko Dünkel: „In der Praxis nehmen sich Seniorenheimbetreiber dagegen oft pauschal einseitige Entgelterhöhungen heraus.“ Nach Ansicht des Landgerichts Berlin verstößt eine solche Vertragsklausel grundsätzlich gegen das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (WBVG) sowie allgemeines Zivilrecht. Wenn nicht bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind, bedarf eine Entgelterhöhung nach § 9 WBVG der Zustimmung des Bewohners oder muss notfalls sogar gerichtlich durchgesetzt werden.

Übergriff auf persönlichen Besitz und Abtretung unzulässig

Auch andere Klauseln im Vertrag bewerteten die Richter als unwirksam, weil sie Verbraucher benachteiligen:
•So bringen viele Bewohner eigene Möbel und andere persönliche Gegenstände mit, die bei Vertragsende wieder abgeholt werden müssen. Das erlaube der Einrichtung aber nicht, diese einfach selbst auf Kosten des Bewohners einzulagern. So hatte 1998 bereits das Berliner Kammergericht in einem ähnlichen Fall entschieden.
•Dagegen dürfen die Anbieter zum Beispiel mit Selbstzahlern für den Todesfall eine Zwei-Wochen-Frist für die Rückgabe der Wohnräume vereinbaren und die Wohnkosten als „Nutzungsausfall“ abrechnen. Davon muss der Betreiber aber ersparte Aufwendungen abziehen und darf laut Gericht auch keine Investitionskosten einrechnen.
•Schließlich hält das Gericht eine im Vertrag vorgesehene Abtretung der Zahlungsforderung etwa an Inkassounternehmen für unwirksam. Dabei würden geschützte Privatgeheimnisse und sensible Sozialdaten offenbart und gegen Strafrecht verstoßen.

Quelle: Pressemitteilung vom 14.12.2012
Verbraucherzentrale Bundesverbandes e.V. (vzbv)
Markgrafenstraße 66
10969 Berlin
Tel.: 030 – 25 800 0
E-Mail: info@vzbv.de
http://www.vzbv.de

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Urteil des LG Berlin vom 13.11.2012 (Az.: 15 O 181/12), nicht rechtskräftig
http://www.vzbv.de/cps/rde/xbcr/vzbv/LG ... geheim.pdf
(PDF, 5128,37 KB)

Weitere Informationen
Projekt für Verbraucherrechte in der Pflege
http://www.vzbv.de/5274.htm

WernerSchell
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Preisanpassungen im Heim - BewohnerInnen beteiligen

Beitrag von WernerSchell » 19.10.2014, 16:45

Pflegeheimbewohner müssen bei Preisanpassungen gefragt werden
Erstes Oberlandesgericht kippt einseitige Entgelterhöhungen


Vertragsklauseln, die Pflegeeinrichtungen Preisanpassungen ohne Zustimmung der Betroffenen gestatten, sind unzulässig. Das hat das Oberlandesgericht Hamm entschieden. Geklagt hatte der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) gegen einen Pflegeanbieter aus Nordrhein-Westfalen.
Will ein Pflegeheim gestiegene Kosten auf seine Bewohnerinnen und Bewohner umlegen, müssten diese zwingend vorher zustimmen. Behält sich der Unternehmer im Vertrag jedoch vor, Preise in diesen Fällen einseitig zu erhöhen, widerspreche dies sowohl dem Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (WBVG) als auch allgemeinen juristischen Prinzipien. Das Oberlandesgericht Hamm folgt damit den Argumenten der Verbraucherschützer.
„Gerade wenn es um die ausufernden Investitionskostenpauschalen geht, bedeutet dieses Urteil einen Schutz vor überzogenen Forderungen“, so Heiko Dünkel, Projektleiter beim Verbraucherzentrale Bundesverband. „Betroffene zahlen meist einen Löwenanteil der Kosten aus eigener Tasche. Der Gesetzgeber wollte die Selbstbestimmungsrechte von Verbrauchern in Pflege- und Betreuungseinrichtungen mit dem WBVG deutlich stärken“.
Die Gerichte sind in der Frage der Entgelterhöhungen (Paragraf 9 WBVG) bisher uneins. So hatte die Vorgängerinstanz, das Landgericht Dortmund, noch geurteilt, eine Zustimmung der Betroffenen sei nicht notwendig. Im Juni hatte das Landgericht Düsseldorf hingegen eine generelle Zustimmung zu Preisanpassungen verlangt. Die Zivilgerichte in Berlin und Mainz fordern diese zumindest bei Selbstzahlern, die noch keine Leistungen aus der Pflegeversicherung erhalten.
Das Oberlandesgericht Hamm verwarf im aktuellen Urteil nun auch eine Vertragsklausel, die der Einrichtung unangemessene Zugriffsrechte auf Möbel und andere persönliche Sachen des Bewohners, etwa nach dessen Versterben, einräumte. Die Kammer folgt damit der Linie anderer Gerichte. Die weit verbreitete kostenpflichtige Räumung der Zimmer ohne Rücksicht auf trauernde Angehörige und ohne Kostentransparenz wird mit dieser Entscheidung weiter erschwert .

Projekte zum Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz
Der vzbv nimmt seit 2010 gemeinsam mit den Verbraucherzentralen die Vertragstexte von Pflegeanbietern unter die Lupe. Das seit Juni 2013 laufende Projekt „Höherer Verbraucherschutz nach dem Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz“ nimmt insbesondere neue Wohnformen und Einrichtungen der Behindertenhilfe in den Fokus. Die Maßnahmen werden gefördert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ).

Erwähnte Gerichtsentscheidungen:
• Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 22.08.2014, Az. 1-12 U 127/13, nicht rechtskräftig
• Landgericht Dortmund (Vorgängerinstanz), Urteil vom 27.08.2013, Az. 25 O 135/13
• Landgericht Düsseldorf, Urteil vom 25.06.2014, Az. 12 O 273/13, nicht rechtskräftig
• Landgericht Mainz, Urteil vom 31.05.2013, Az. 4 O 113/12, rechtskräftig
• Landgericht Berlin, Urteil vom 13.11.2012, Az. 15 O 181/12, rechtskräftig
• Berliner Kammergericht, Hinweisbeschluss vom 17.05.2013, Az. 23 U 276/12

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Urteil des OLG Hamm, Urteil vom 22.08.2014, Az. 1-12 U 127/13, nicht rechtskräftig
(PDF, 12944,42 KB)
http://www.vzbv.de/cps/rde/xbcr/vzbv/Pf ... -08-22.pdf

Quelle: Pressemitteilung vom 16.10.14
Verbraucherzentrale Bundesverbands e.V. (vzbv)
Markgrafenstraße 66
10969 Berlin
Tel.: 030 – 25 800 525
E-Mail: presse@vzbv.de
Internet: http://www.vzbv.de
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Vertragsklauseln in Heimverträgen

Beitrag von WernerSchell » 02.06.2016, 07:04

Wie Altersheime Senioren mit versteckten Vertragsklauseln abzocken
Der Aufenthalt in einem Altersheim kostet viel Geld. Zusätzlich zu den Pflegekosten verlangen die Träger Gebühren für Medikamente oder Arztbesuche.
Doch das ist oft gar nicht erlaubt.
Quelle: Focus
http://www.focus.de/finanzen/altersvors ... 79922.html
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
https://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/
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