
Der Siebte Altenbericht
Je älter ein Mensch wird, desto kleiner wird in der Regel sein Aktionsradius, desto mehr Zeit verbringt er im nahen Wohnumfeld und in der Wohnung. Die Lebensqualität im Alter hängt deshalb in besonderem Maße von den lokalen Umständen ab. Im Siebten Altenbericht "Sorge und Mitverantwortung in der Kommune - Aufbau und Sicherung zukunftsfähiger Gemeinschaften" wird untersucht, welche Voraussetzungen vor Ort gegeben sein müssen, damit ein gutes Leben im Alter möglich ist.
Der Bericht ist seit dem 11. November 2016 als Bundestags-Drucksache 18/10210 allen Interessierten zugänglich (zum Download: siehe unten).
Mit Blick auf Gesundheit, Pflege, Wohnen und Mobilität hat die zuständige Sachverständigenkommission herausgearbeitet, wie die Kommunen gesellschaftliche Teilhabe und eine möglichst lange selbstständige Lebensführung älter werdender Menschen sicherstellen können. Dabei hat die Kommission auch Defizite und Verbesserungsmöglichkeiten benannt sowie Empfehlungen an die Politik ausgesprochen.
Die Kernbotschaften des Berichts lauten:
Gestaltungsaufgaben der Kommunen
Die Kommunen können und sollen die örtlichen Rahmenbedingungen für das Älterwerden maßgeblich gestalten. Ihre Gestaltungsmöglichkeiten und Kompetenzen sollten deshalb gestärkt und ausgebaut werden, vor allem in der Pflege, im Bereich Wohnen sowie im Gesundheitswesen. So ist es beispielsweise sinnvoll, dass die Kommunen seit Kurzem die Möglichkeit haben, in Eigenregie medizinische Versorgungszentren einzurichten und zu betreiben. Dies ist ein wichtiger Baustein, um eine hochwertige gesundheitliche Versorgung mit kurzen Wegen auch in ländlichen Regionen sicherzustellen.
Finanzielle Spielräume der Kommunen
Viele Kommunen haben allerdings nur geringe oder gar keine finanziellen Spielräume für wirksame Maßnahmen zur Verbesserung der Lebenssituation ihrer älteren Bürgerinnen und Bürger. Dies betrifft insbesondere hochverschuldete Kommunen. Zwar gibt es einige nationale und europäische Förderprogramme, mithilfe derer vereinzelt Strukturen effektiv verändert werden können (z.B. das Bund-Länder-Programm Soziale Stadt). Es muss aber auch darüber nachgedacht werden, wie die finanzielle Situation vor allem der stark verschuldeten Kommunen langfristig verbessert werden kann.
Vernetzung lokaler Akteure
Auf lokaler Ebene können die Herausforderungen des demografischen und sozialen Wandels besser bewältigt werden, wenn mehr Planung, Abstimmung, Vernetzung und Koordinierung zwischen den Akteuren der lokalen Seniorenpolitik stattfindet. Lokale Projekte der Altenhilfe funktionieren besser und erreichen mehr Menschen, wenn sie von mehreren Akteuren gemeinsam initiiert und umgesetzt werden.
Kommunen als Netzwerkmanager
In solchen Akteursnetzwerken können die Kommunen wichtige Aufgaben übernehmen: Sie koordinieren, sie managen, sie moderieren, sie motivieren, sie ermöglichen. Dies sieht man beispielsweise in jenen Kommunen, in denen es eine hauptamtliche Pflegekoordination gibt, deren Aufgabe es ist, lokale Pflegenetzwerke aufzubauen. Dabei kooperieren die Kommunen, die Pflegekassen und andere Akteure und verbessern auf diese Weise die Pflegeinfrastruktur vor Ort. Dafür müssen die Kommunen zum Teil neue Kompetenzen sowie ein neues Rollenverständnis entwickeln.
Regionale Unterschiede in Deutschland
Bei all dem muss berücksichtigt werden, dass jede Kommune spezifischen Herausforderungen gegenübersteht und entsprechend angepasste Lösungen braucht. So ist in vielen ländlichen Regionen das wichtigste Thema die Mobilität und die Erreichbarkeit der medizinischen Versorgung, in Ballungsräumen steht hingegen eher die Versorgung mit bezahlbarem Wohnraum, die Gestaltung von Quartieren und die Belebung von Nachbarschaften im Vordergrund. Wenn der Bund und die Länder die Rahmenbedingungen für kommunales Handeln setzen und Förderprogramme auflegen, müssen sie diese regionale und kommunale Vielfalt im Blick behalten und dürfen keine pauschalen Lösungen vorgeben.
Lokale Sorgestrukturen
Lokale Strukturen der Sorge und der Mitverantwortung funktionieren dann am besten, wenn sich Familienangehörige, professionelle Fachkräfte, Nachbarinnen und Nachbarn, Freundinnen und Freunde sowie freiwillig Engagierte zusammen um einen Menschen kümmern. Es ist eine wichtige Aufgabe der lokalen Politik, solche Sorgestrukturen systematisch zu fördern und aufzubauen.
Ausgleich sozialer Benachteiligungen
Allerdings ist es eine Herausforderung, bestimmte Bevölkerungsgruppen in lokale Netzwerke einzubinden, etwa Menschen mit sehr niedrigen Einkommen, zurückgezogen lebende Menschen, Menschen mit Mobilitätseinschränkungen oder Menschen mit Sprachbarrieren. Maßnahmen zur Stärkung von lokalen Sorgestrukturen müssen sich deshalb daran messen lassen, wie gut sie sozial benachteiligte Menschen erreichen.
Aufteilung von Sorgeaufgaben zwischen Männern und Frauen
Weitaus mehr Frauen als Männer übernehmen Sorgeaufgaben, vor allem innerhalb der Familie und im informellen sozialen Netzwerk. Daraus können den Frauen handfeste materielle Nachteile entstehen, wenn sie etwa wegen der Pflege eines Familienmitglieds ihre Arbeitszeit reduzieren oder früher in den Ruhestand gehen und deswegen im Alter eine niedrigere Rente bekommen. Ein Ausbau lokaler Sorgestrukturen ist deshalb nur dann nachhaltig und gerecht, wenn solche Nachteile abgebaut werden und Frauen und Männer in gleichem Maße Aufgaben der Sorge und der Unterstützung übernehmen.
Teilhabe und Partizipation als Ziel lokaler Politik
Teilhabe drückt sich auch darin aus, dass Menschen die Möglichkeit haben, sich in die Gemeinschaft einzubringen und sich an Planungs- und Entscheidungsprozessen zu beteiligen. Ältere Menschen sollten stärker an der Planung und Umsetzung von Maßnahmen der Seniorenpolitik beteiligt werden. In den Kommunen sollte eine lokale Politik nicht nur für ältere Menschen, sondern auch mit älteren Menschen praktiziert werden!
Hier können Sie den Siebten Altenbericht der Bundesregierung als Bundestags-Drucksache herunterladen:
>>> https://www.siebter-altenbericht.de/ind ... ericht.pdf
Bestellung des Siebten Altenberichts in gedruckter Form (kostenpflichtig)
>>> https://shop.bundesanzeiger-verlag.de/p ... regierung/
Die wichtigsten Aussagen, Ergebnisse und Empfehlungen des Siebten Altenberichts werden in einer Broschüre zusammengefasst:
>>> https://www.siebter-altenbericht.de/ind ... ericht.pdf
Bestellung der zusammenfassenden Broschüre in gedruckter Form
>>> https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/service/pu ... une/112210
Quelle und weitere Informationen:
https://www.siebter-altenbericht.de/der ... richt.html
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Zukunft für alle sichern
Staatssekretär Dr. Kleindiek eröffnet Fachkonferenz
„Kommunen in der alternden Gesellschaft“
Der Siebte Altenbericht der Bundesregierung hat deutlich gemacht: Für die Qualität des Lebens im Alter sind die Infrastruktur und die sozialen Netzwerke vor Ort entscheidend – in den Kommunen müssen daher die Weichen für die gesundheitliche wie pflegerische Versorgung und das Wohnumfeld älterer Menschen in der Zukunft gestellt werden. Heute (Dienstag) hat sich die Fachkonferenz „Kommunen in der alternden Gesellschaft“ mit den Empfehlungen des Siebten Altenberichts befasst. Mehr als 350 Vertreter aus Politik, Verbänden, Kirchen, Stiftungen und Seniorenorganisationen hatten die Gelegenheit, mit Mitgliedern der Sachverständigenkommission des Siebten Altenberichts zu diskutieren.
Eröffnet wurde die Konferenz von Dr. Ralf Kleindiek, Staatssekretär im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ): „Ältere Menschen werden unsere Gesellschaft mehr und mehr prägen. Deshalb muss unsere Politik für ältere Menschen stärker darauf ausgerichtet sein, ein eigenständiges und selbstbestimmtes Leben im Alter zu unterstützen. Vor Herausforderungen stellt uns dabei die regionale und soziale Ungleichheit in Deutschland. Die Kommunen sind hier vor große Aufgaben gestellt und müssen in Zukunft noch stärker die Grundlage dafür schaffen, dass vor Ort gute Lebensbedingungen - nicht nur im Alter, sondern für alle Generationen – bestehen.“
Schon jetzt gehört in Deutschland mehr als jede vierte Person zur Generation 60 plus – 2050 wird es bereits mehr als jede dritte Person sein. Deshalb muss schon heute die Basis dafür geschaffen werden, um auch in Zukunft ein menschen-würdiges, solidarisches und selbstbestimmtes Leben für alle zu sichern. Hierfür seien starke, handlungsfähige Kommunen unverzichtbar, hat der Siebte Altenbericht festgestellt. Aber nicht alle Kommunen können schon heute ihre Seniorenpolitik so gestalten wie es für eine zeitgemäße Seniorenpolitik notwendig ist.
Deshalb betonte Staatssekretär Kleindiek: „Wenn einige Kommunen nicht mehr in der Lage sind, die Daseinsvorsorge sicherzustellen, so wie es die Sachverständigenkommission formuliert, dann haben wir im ganzen Land ein Problem – ungleiche Verhältnisse in der Lebensqualität sind auch eine Frage der Gerechtigkeit. Damit können wir die Kommunen nicht allein lassen“.
Die Sachverständigenkommission zum Siebten Altenbericht schlägt hierzu die Einführung einer neuen Gemeinschaftsaufgabe Demografie vor und hat damit die Diskussion zum Thema eröffnet. Außerdem setzen sich die Sachverständigen dafür ein, Altenhilfestrukturen zu fördern, auszubauen und zu verstetigen. Segmentierungen in Politik und Verwaltung sollen überwunden werden und die unterschiedlichen Bereiche - wie vor allem Gesundheit, Pflege, Wohnen und Engagement - vor Ort vernetzt werden.
Der Siebte Altenbericht der Bundesregierung wurde am 2. November 2016 als Bundestagsdrucksache 18/10210 veröffentlicht und steht unter http://www.siebter-altenbericht.de zur Verfügung.
Hintergrundinformationen:
Zwischen 1990 und 2014 hat sich die Zahl der Menschen ab 65 Jahren bundesweit um rund 5,2 Mio. auf 17,1 Mio. erhöht. Das entspricht einem Anstieg von 43 Prozent. Die Gesamtbevölkerung wuchs dagegen im gleichen Zeitraum nur um 1,8 Prozent.
Waren 2014 noch 27 Prozent mindestens 60 Jahre alt (rund 22 Mio. von insgesamt rund 81 Mio.), werden es 2030 voraussichtlich 35 Prozent (rund 28 Mio.) sein. Auch danach wird der Anteil älterer Menschen an der Bevölkerung weiter wachsen: 2050 werden es voraussichtlich 38 Prozent jenseits der 60 sein.
2014 lebten gut 4,5 Mio. Menschen 80 plus in Deutschland, ihre Zahl wird in den kommenden Jahrzenten kontinuierlich steigen und 2050 etwa 9,9 Mio. Noch 85 Prozent der Menschen ab 85 Jahren leben heute im eigenen Haushalt.
Web-Ansicht: http://www.bmfsfj.de/bmfsfj/aktuelles/p ... ern/115722
Quelle: Pressemitteilung vom 04.04.2017
Kontakt: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Glinkastraße 2410117 Berlin
Telefon: 030 201 791 30
E-Mail: poststelle@bmfsfj.bund.de