Missstände ohne Ende – wo kommen sie her?
Verfasst: 08.10.2006, 12:39
Viele Menschen werden aus idealistischem Grund in der Altenpflege tätig. Sie begegnen dieser Arbeit vielleicht als Praktikanten, in Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, aus familiären und vielen anderen Anlässen, und beschließen Altenpfleger zu werden. Allerdings sind auch etliche in die Altenpflege geschleust worden, die als Langzeitarbeitslose gemeldet waren, weil es politisch so gewollt wurde. Gewiss haben wir heute ein Überangebot an examinierten Kräften, was sich durch die Anzahl an Bewerbungen bestätigt, und in einige Jahren vermutlich einen Pflegenotstand, weil zu wenige da sind.
Die engagierten Menschen, die Altenpfleger/innen werden, treffen auf Situationen, die sehr unterschiedlich ausfallen – selbst bei den gleichen Wohlfahrtsverbänden oder Trägerschaft. Diese Situationen sind oft Ergebnis der Schwerpunkte des Managements und es gibt durchaus schwarze Schafe. Allerdings würde ein Fokussieren auf diese schwarze Schafe den Blick für die Schwerpunkte der Kostenträger und der Politik wegnehmen. Denn, trotz wiederholten Meldungen, sehen sich diese Herrschaften nicht in der Lage, die Situation in den Griff zu bekommen.
Die Umstände des Gutachtenverfahrens tun ihr Teil dazu, dass Ambivalenz in die Altenpflege kommt – und durch eine große Anzahl an Ereignisse überwiegt. Das Gutachtenverfahren hat eine nicht unerhebliche Wirkung auf die personelle Besetzung eines Hauses, gerade mit Bezug auf die Kostendeckung. Zwar ist es eine Jahresprognose, dass letztendlich entscheidet, doch dieses nimmt die Befürchtungen vieler Mitarbeiter nicht weg. Es ist nämlich vielen schon ergangen, dass, wenn die Mitarbeiter sich mit Pflegeplanung und Selbstbestimmung der Bewohner befasst haben und ein gutes Ergebnis für die Bewohner erwirkt haben, die Kostenträger die Pflegestufen senkten und Mitarbeiter abgebaut werden müssen. Dieses kommt den Mitarbeitern pervers vor, denn sie verlieren ihre Arbeit, wenn sie gute Leistungen erbringen. Hat noch einen Beruf hiermit zu kämpfen?
Bekanntlich ergeben auch die für Leistungen vorgesehene Zeiten, die für Gutachten erheblich sind, einen völlig anderen Personalspiegel, als in den meisten Häusern gegeben ist. Dieses hat insofern Bedeutung, als Bewohner oder ihre Angehörige solche Zeiten einfordern und die Hoffnung haben, eine Ermäßigung zu erwirken, wenn die Pflege es nicht schafft. Ebenfalls hat Plaisir eine Personalerhöhung von 20% in den meisten Fällen empfohlen, wenn alle Auflagen erfüllt werden sollen. Diese sind sehr klare Tatsachen, die durch das Fokussieren auf schwarze Schafe aus den Augen verloren werden.
Ich habe es begrüßt als die MDK-Qualitätsprüfungen in der stationären Pflege angekündigt wurden und habe eifrig mit der Anleitung für solche Besuche gearbeitet, weil sie eine vernünftige Orientierungsgrundlage für die Arbeit in Altenheimen geboten hat. Die neue Anleitung bietet die gleiche Grundlage. Ich finde es deswegen wichtig, weil die Altenpflege oft aus dem Bauch (bzw. mit dem Herzen) gehandelt hat. Alles war gut gemeint und mit den besten Absichten durchgeführt, aber wenn es eng wurde, dann hatten die Bewohner das Nachsehen. Idealismus kann eben auch schwärmerisch sein!
Es müssen Grundlagen geschaffen werden, auf denen die Arbeit zuverlässig ablaufen kann. Es müssen Standards erstellt und eingehalten werden, es muss klar werden, was, wann, wie oft, mit was, und von wem durchgeführt werden soll. Es muss auch klar werden, wer befugt ist was zu tun und wer für was zuständig ist. Dieses ist leider weitgehend versäumt worden – und zwar von der Leitung. Viel zu oft trifft man auf Heimleiter, die ein großes Harmonie-bedürfnis zeigen, die sich für „die Rechte der Bewohner“ und eine „menschliche“ Pflege fordern, die aber ihr Teil nicht dazu tun. Es passt solche Heimleiter auch, dass hierfür die Pflegedienstleiter gerade stehen müssen.
Die Rolle der Pflegedienstleiter hat sich erheblich geändert, obwohl manche Stelleninhaber sich noch nicht geändert haben. Es wird nicht mehr eine All-Mutter gebraucht, sondern ein Pflegemanager, ausgestattet mit den neusten Hilfsmitteln um einen Pflegedienst zu leiten, Mitarbeiter zu führen, Kunden zufrieden zu stellen, Angebote attraktiv zu machen, und sich auf dem Markt zu behaupten. Ich erlebe viele meiner Kolleginnen in dieser Position jedoch, als wären bestimmte Glieder amputiert. Sie werden nicht befähigt, sondern behindert.
Sie werden zum einen dadurch behindert, dass viele Mitarbeiter nicht geeignet sind, die intellektuellen Anforderungen zu erfüllen, weil sie herzliche Helfer sind, nicht präzise Fachpersonen. Im Grunde, sind die Mitarbeiter, die wir in der Altenpflege brauchen, die Besten die es gibt – fähig den körperlichen, geistigen und die unterschätzten seelischen Stärken zu erweisen, die ich in den allerwenigsten Menschen sehe. Schlicht gesagt, es sind Superfrauen und –männer, die sich einen Stress aussetzen sollen, die aber woanders viel besser bezahlt werden.
Sie werden zum anderen behindert, weil jegliche Justierung in den Betrieben, etwa eine Änderung der Wochenarbeitszeit ohne Lohnausgleich, gleich von dem Kostenträger eingeheimst wird, indem sie bei der nächsten Verhandlung das Personal reduzieren. Selbst wenn man, wie oben gesehen, was völlig gegenläufig wäre, die Löhne kürzt, kann man sich nicht mehr Raum schaffen.
Wenn man berücksichtigt, dass der Anteil an examinierten Kräften wahrscheinlich gekürzt wird und die Heime weiterhin zu Gunsten der ambulanten Pflege gekürzt werden sollen, dann fragt man sich schon, wer hier Qualität will!
Manche Träger haben zudem auch eine Erwartungshaltung, die sie zwar werbewirksam machen, die allerdings kaum mit den Mitarbeitern abgesprochen ist. Gerade kirchliche Träger erwarten von den Mitarbeitern karitatives oder diakonisches Handeln, ohne zu sagen, wie dieses bewerkstelligt werden soll. Manche haben sogar eine leise Hoffnung, dass diese Mehrarbeit „ehrenamtlich“ verrichtet werden könnte – was allerdings von vielen Mitarbeitern in einem gewissen Maß schon geschieht, aber nicht wahrgenommen wird.
Abschließend möchte ich nur sagen, dass es viel zu tun gibt, dass ist klar. Doch wer wirft die Stöcke zwischen unsere Beine? Wer schafft Arbeitsplätze für Kontrollbehörden, anstatt Verfahren einfacher zu machen und mehr Berater zu finanzieren? Wer schafft uns sogar noch mehr Arbeit durch unüberlegte Reformen, die den bürokratischen Aufwand erheblich erhöhen, für den wir gar nicht ausgestattet sind?
Es ist alles symptomatisch für eine Gesellschaft von gejagten, die angepeitscht wird von Dilettanten, die Ideen von Gestern nachjagen. Das ist der wahre Skandal.
Die engagierten Menschen, die Altenpfleger/innen werden, treffen auf Situationen, die sehr unterschiedlich ausfallen – selbst bei den gleichen Wohlfahrtsverbänden oder Trägerschaft. Diese Situationen sind oft Ergebnis der Schwerpunkte des Managements und es gibt durchaus schwarze Schafe. Allerdings würde ein Fokussieren auf diese schwarze Schafe den Blick für die Schwerpunkte der Kostenträger und der Politik wegnehmen. Denn, trotz wiederholten Meldungen, sehen sich diese Herrschaften nicht in der Lage, die Situation in den Griff zu bekommen.
Die Umstände des Gutachtenverfahrens tun ihr Teil dazu, dass Ambivalenz in die Altenpflege kommt – und durch eine große Anzahl an Ereignisse überwiegt. Das Gutachtenverfahren hat eine nicht unerhebliche Wirkung auf die personelle Besetzung eines Hauses, gerade mit Bezug auf die Kostendeckung. Zwar ist es eine Jahresprognose, dass letztendlich entscheidet, doch dieses nimmt die Befürchtungen vieler Mitarbeiter nicht weg. Es ist nämlich vielen schon ergangen, dass, wenn die Mitarbeiter sich mit Pflegeplanung und Selbstbestimmung der Bewohner befasst haben und ein gutes Ergebnis für die Bewohner erwirkt haben, die Kostenträger die Pflegestufen senkten und Mitarbeiter abgebaut werden müssen. Dieses kommt den Mitarbeitern pervers vor, denn sie verlieren ihre Arbeit, wenn sie gute Leistungen erbringen. Hat noch einen Beruf hiermit zu kämpfen?
Bekanntlich ergeben auch die für Leistungen vorgesehene Zeiten, die für Gutachten erheblich sind, einen völlig anderen Personalspiegel, als in den meisten Häusern gegeben ist. Dieses hat insofern Bedeutung, als Bewohner oder ihre Angehörige solche Zeiten einfordern und die Hoffnung haben, eine Ermäßigung zu erwirken, wenn die Pflege es nicht schafft. Ebenfalls hat Plaisir eine Personalerhöhung von 20% in den meisten Fällen empfohlen, wenn alle Auflagen erfüllt werden sollen. Diese sind sehr klare Tatsachen, die durch das Fokussieren auf schwarze Schafe aus den Augen verloren werden.
Ich habe es begrüßt als die MDK-Qualitätsprüfungen in der stationären Pflege angekündigt wurden und habe eifrig mit der Anleitung für solche Besuche gearbeitet, weil sie eine vernünftige Orientierungsgrundlage für die Arbeit in Altenheimen geboten hat. Die neue Anleitung bietet die gleiche Grundlage. Ich finde es deswegen wichtig, weil die Altenpflege oft aus dem Bauch (bzw. mit dem Herzen) gehandelt hat. Alles war gut gemeint und mit den besten Absichten durchgeführt, aber wenn es eng wurde, dann hatten die Bewohner das Nachsehen. Idealismus kann eben auch schwärmerisch sein!
Es müssen Grundlagen geschaffen werden, auf denen die Arbeit zuverlässig ablaufen kann. Es müssen Standards erstellt und eingehalten werden, es muss klar werden, was, wann, wie oft, mit was, und von wem durchgeführt werden soll. Es muss auch klar werden, wer befugt ist was zu tun und wer für was zuständig ist. Dieses ist leider weitgehend versäumt worden – und zwar von der Leitung. Viel zu oft trifft man auf Heimleiter, die ein großes Harmonie-bedürfnis zeigen, die sich für „die Rechte der Bewohner“ und eine „menschliche“ Pflege fordern, die aber ihr Teil nicht dazu tun. Es passt solche Heimleiter auch, dass hierfür die Pflegedienstleiter gerade stehen müssen.
Die Rolle der Pflegedienstleiter hat sich erheblich geändert, obwohl manche Stelleninhaber sich noch nicht geändert haben. Es wird nicht mehr eine All-Mutter gebraucht, sondern ein Pflegemanager, ausgestattet mit den neusten Hilfsmitteln um einen Pflegedienst zu leiten, Mitarbeiter zu führen, Kunden zufrieden zu stellen, Angebote attraktiv zu machen, und sich auf dem Markt zu behaupten. Ich erlebe viele meiner Kolleginnen in dieser Position jedoch, als wären bestimmte Glieder amputiert. Sie werden nicht befähigt, sondern behindert.
Sie werden zum einen dadurch behindert, dass viele Mitarbeiter nicht geeignet sind, die intellektuellen Anforderungen zu erfüllen, weil sie herzliche Helfer sind, nicht präzise Fachpersonen. Im Grunde, sind die Mitarbeiter, die wir in der Altenpflege brauchen, die Besten die es gibt – fähig den körperlichen, geistigen und die unterschätzten seelischen Stärken zu erweisen, die ich in den allerwenigsten Menschen sehe. Schlicht gesagt, es sind Superfrauen und –männer, die sich einen Stress aussetzen sollen, die aber woanders viel besser bezahlt werden.
Sie werden zum anderen behindert, weil jegliche Justierung in den Betrieben, etwa eine Änderung der Wochenarbeitszeit ohne Lohnausgleich, gleich von dem Kostenträger eingeheimst wird, indem sie bei der nächsten Verhandlung das Personal reduzieren. Selbst wenn man, wie oben gesehen, was völlig gegenläufig wäre, die Löhne kürzt, kann man sich nicht mehr Raum schaffen.
Wenn man berücksichtigt, dass der Anteil an examinierten Kräften wahrscheinlich gekürzt wird und die Heime weiterhin zu Gunsten der ambulanten Pflege gekürzt werden sollen, dann fragt man sich schon, wer hier Qualität will!
Manche Träger haben zudem auch eine Erwartungshaltung, die sie zwar werbewirksam machen, die allerdings kaum mit den Mitarbeitern abgesprochen ist. Gerade kirchliche Träger erwarten von den Mitarbeitern karitatives oder diakonisches Handeln, ohne zu sagen, wie dieses bewerkstelligt werden soll. Manche haben sogar eine leise Hoffnung, dass diese Mehrarbeit „ehrenamtlich“ verrichtet werden könnte – was allerdings von vielen Mitarbeitern in einem gewissen Maß schon geschieht, aber nicht wahrgenommen wird.
Abschließend möchte ich nur sagen, dass es viel zu tun gibt, dass ist klar. Doch wer wirft die Stöcke zwischen unsere Beine? Wer schafft Arbeitsplätze für Kontrollbehörden, anstatt Verfahren einfacher zu machen und mehr Berater zu finanzieren? Wer schafft uns sogar noch mehr Arbeit durch unüberlegte Reformen, die den bürokratischen Aufwand erheblich erhöhen, für den wir gar nicht ausgestattet sind?
Es ist alles symptomatisch für eine Gesellschaft von gejagten, die angepeitscht wird von Dilettanten, die Ideen von Gestern nachjagen. Das ist der wahre Skandal.