Kontaminierte Spritze kostet einen Patienten das Leben
Tödlicher Hygiene-Fehler
von Isabel Clages
Hygiene-Fehler in der Arztpraxis können für Patienten tödlich enden und Praxis-Chefs in Teufels Küche bringen. Dies zeigt der Fall einer Arzthelferin, die einem Patienten durch eine kontaminierte Spritze den Tod brachte.
Zur Zahlung von Schmerzensgeld an die Witwe eines ehemaligen Patienten hat das Landgericht München I einen Münchner Orthopäden verurteilt (Az.: 9 O 18834/00). Der Patient hatte in der Praxis des Facharztes eine Injektion mit kontaminierter Nadel erhalten, wodurch es zu einer tödlichen Infektion kam. Nun wird die für Arzthaftung zuständige 9. Zivilkammer die Höhe des Schadenersatzes festlegen.
Verursacht wurde das Desaster durch die Nachlässigkeit einer unerkannt mit Streptokokken der Gruppe A infizierten Arzthelferin. Sie hatte morgens ohne sterile Handschuhe sämtliche für diesen Tag vorgesehenen Spritzen aufgezogen. Diese wurden bei Raumtemperatur im Behandlungsraum aufbewahrt. Erst durch diese grobe Nachlässigkeit wurde wohl die Infektion der Praxismitarbeiterin dem Ehemann der Klägerin zum Verhängnis.
Dem Mann wurde ein Mittel, gegen seine Beschwerden im oberen Sprunggelenk injiziert. Durch die verunreinigte Spritze infizierte er sich mit Streptokokken. Wenig später erlag er einem dadurch ausgelösten septischen Multiorganversagen. In unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang soll es zu einem weiteren Todesfall sowie zu vier anderen Infektionsfällen gekommen sein.
Richtlinien schreiben vor: Ampulle erst kurz vor der Injektion öffnen
„Die Vorbereitung der Spritzen ‚en bloc’ stellt einen massiven Verstoß gegen die Hygienevorschriften dar“, kommentiert Ingrid Jonas, Rechtsanwältin aus Koblenz. „Die einschlägigen Richtlinien sehen aus Gründen der Antisepsis Ampullenöffnung und Injektionszubereitung erst kurz vor der Injektion vor“, so die auf das Arztrecht spezialisierte Juristin.
„Zwar hat der Arzt den Fehler nicht selbst begangen. Er haftet jedoch für seine Mitarbeiterin, weil er einen Behandlungsvertrag mit dem Patienten geschlossen hat und damit die Verantwortung für dessen Behandlung übernimmt“, erläutert Jonas.
Mit Fällen, in denen Arzthelferinnen sich nicht an Bestimmungen gehalten haben, hatte die Juristin schon wiederholt zu tun. Deshalb ihr Ratschlag: „Vertrauen ist zwar gut. Trotzdem ist Ärzten anzuraten, die Arbeit ihrer Mitarbeiterinnen in regelmäßigen Abständen zu kontrollieren.“ Stellt ein Praxis-Chef dann fest, dass schlampig gearbeitet wird, empfiehlt Jonas, umgehend und deutlich zum Ausdruck zu bringen, dass dies im Wiederholungsfall Konsequenzen haben wird – etwa in Form einer Abmahnung.
Quelle: Zeitschrift „Ärztliche Praxis“
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