Pflege-Skandal in München gefilmt!
Verfasst: 20.01.2005, 12:37
Versteckte Kamera filmt Pflege-Skandal
Erschreckende Szenen in Münchner Heim
Verzweifelt klingelt die 94-jährige Ernestine Kirschner in der Nacht nach einem Pfleger. Die Schlaganfall-Patientin müsste umgelagert werden, ihre Füße haben sich im Gitter ihres Bettes verfangen. Als nach über einer Stunde Hilfe kommt, betet die rechtsseitig gelähmte Frau bereits in Todesangst das "Vater unser". Der Pfleger packt die zitternde Patientin und herrscht sie an: "Sie sollten sich doch nicht bewegen." Den Klingelknopf hängt er außer Reichweite - "damit endlich Ruhe ist".
Das RTL-Magazin "Extra" zeigte am Montagabend diese erschütternde Szene aus einem Münchner Pflegeheim der Inneren Mission. Werner Kirschner, der Sohn der pflegebedürftigen Frau, hatte mit Unterstützung des Fernsehsenders eine versteckte Kamera im Zimmer seiner Mutter installiert. "Ich hatte das Gefühl, dass meine Mutter nicht gut betreut wird", sagt der Münchner. Kontroll-Listen für die Nacht seien bereits nachmittags abgehakt, körperliche Beschwerden der Mutter nicht schriftlich dokumentiert worden.
Als die Kamera nach einer Woche entdeckt wurde, erteilte das Pflegeheim dem Diplom-Kaufmann sofort Hausverbot, der Heimvertrag wurde gekündigt. Werner Kirschner weiß, dass er mit den heimlichen Aufnahmen illegal handelte. Er habe das tun müssen, "um falsche Pflege nachzuweisen", erklärt er. Jetzt will er für die Garantie einer würdevollen Betreuung seiner Mutter im Pflegeheim kämpfen. Eine häusliche Betreuung seiner Mutter könne er nicht leisten, sagt Kirschner. Die Familie kümmere sich bereits um die pflegebedürftige Schwiegermutter. Für einen zweiten Pflegefall fehlten Geld und Platz.
"Verhalten ist nicht zu entschuldigen"
"Das Verhalten des Pflegers ist nicht zu entschuldigen", sagt Winfried Fischer vom medizinischen Dienst der Krankenversicherung. Er führt in den 90 Münchner Pflegeheimen unangemeldete Qualitätsprüfungen durch. Wenn Pflegekräfte überfordert seien, müssten sie sich wehren, rät Fischer. "Viele Misshandlungen entziehen sich unserer Kontrolle, wir sind auf Hinweise angewiesen." Gegen das Heim, in dem sich der Vorfall ereignete, lägen bisher keine Beschwerden vor.
"Die gezeigten Bilder spielen sich in tausenden von Heimen ab", sagt Sozialarbeiter Claus Fussek. Ursache sei der "allgemein bekannte" mangelhafte Personalschlüssel - im Fall von Ernestine Kirschner bestritten zwei Pflegern für 100 Pflegebedürftige die Nachtwache. "Wegschauen trotz Wissens, das nenne ich gesellschaftlich organisierte Verantwortungslosigkeit", sagt Fussek. Vom Träger des Pflegeheims war zu dem Vorfall keine Stellungnahme zu erhalten.
Sylvie-Sophie Schindler
Quelle: Münchner Merkur Nr. 14 vom 19.1.2005
http://www.marktplatz-oberbayern.de/reg ... 41380.html
Quelle: Münchner Merkur Nr. 14 vom 19.1.2005
Erschreckende Szenen in Münchner Heim
Verzweifelt klingelt die 94-jährige Ernestine Kirschner in der Nacht nach einem Pfleger. Die Schlaganfall-Patientin müsste umgelagert werden, ihre Füße haben sich im Gitter ihres Bettes verfangen. Als nach über einer Stunde Hilfe kommt, betet die rechtsseitig gelähmte Frau bereits in Todesangst das "Vater unser". Der Pfleger packt die zitternde Patientin und herrscht sie an: "Sie sollten sich doch nicht bewegen." Den Klingelknopf hängt er außer Reichweite - "damit endlich Ruhe ist".
Das RTL-Magazin "Extra" zeigte am Montagabend diese erschütternde Szene aus einem Münchner Pflegeheim der Inneren Mission. Werner Kirschner, der Sohn der pflegebedürftigen Frau, hatte mit Unterstützung des Fernsehsenders eine versteckte Kamera im Zimmer seiner Mutter installiert. "Ich hatte das Gefühl, dass meine Mutter nicht gut betreut wird", sagt der Münchner. Kontroll-Listen für die Nacht seien bereits nachmittags abgehakt, körperliche Beschwerden der Mutter nicht schriftlich dokumentiert worden.
Als die Kamera nach einer Woche entdeckt wurde, erteilte das Pflegeheim dem Diplom-Kaufmann sofort Hausverbot, der Heimvertrag wurde gekündigt. Werner Kirschner weiß, dass er mit den heimlichen Aufnahmen illegal handelte. Er habe das tun müssen, "um falsche Pflege nachzuweisen", erklärt er. Jetzt will er für die Garantie einer würdevollen Betreuung seiner Mutter im Pflegeheim kämpfen. Eine häusliche Betreuung seiner Mutter könne er nicht leisten, sagt Kirschner. Die Familie kümmere sich bereits um die pflegebedürftige Schwiegermutter. Für einen zweiten Pflegefall fehlten Geld und Platz.
"Verhalten ist nicht zu entschuldigen"
"Das Verhalten des Pflegers ist nicht zu entschuldigen", sagt Winfried Fischer vom medizinischen Dienst der Krankenversicherung. Er führt in den 90 Münchner Pflegeheimen unangemeldete Qualitätsprüfungen durch. Wenn Pflegekräfte überfordert seien, müssten sie sich wehren, rät Fischer. "Viele Misshandlungen entziehen sich unserer Kontrolle, wir sind auf Hinweise angewiesen." Gegen das Heim, in dem sich der Vorfall ereignete, lägen bisher keine Beschwerden vor.
"Die gezeigten Bilder spielen sich in tausenden von Heimen ab", sagt Sozialarbeiter Claus Fussek. Ursache sei der "allgemein bekannte" mangelhafte Personalschlüssel - im Fall von Ernestine Kirschner bestritten zwei Pflegern für 100 Pflegebedürftige die Nachtwache. "Wegschauen trotz Wissens, das nenne ich gesellschaftlich organisierte Verantwortungslosigkeit", sagt Fussek. Vom Träger des Pflegeheims war zu dem Vorfall keine Stellungnahme zu erhalten.
Sylvie-Sophie Schindler
Quelle: Münchner Merkur Nr. 14 vom 19.1.2005
http://www.marktplatz-oberbayern.de/reg ... 41380.html
Quelle: Münchner Merkur Nr. 14 vom 19.1.2005