Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk
Unabhängige und gemeinnützige Interessenvertretung
für hilfe- und pflegebedürftige Menschen in Deutschland
Harffer Straße 59 - 41469 Neuss
Neuss, den 30.10.2013
An die
CDU, CSU und SPD
z.Hd. der Koalitions-Arbeitsgruppe „Gesundheit“ (und Pflege)
info@cdu.de; angela.merkel@cdu.de; hermann.groehe@cdu.de; jens.spahn@bundestag.de; landesleitung@csu-bayern.de; parteivorstand@spd.de; karl.lauterbach@bundestag.de; karl.lauterbach@wk2.bundestag.de;
Sehr geehrte Damen und Herren,
es besteht offensichtlich weitgehend Einvernehmen darüber, dass im Rahmen der Koalitionsverhandlungen
Eckpunkte für eine Pflegereform abgesprochen werden (müssen).
Einigkeit besteht wahrscheinlich darin, den Pflegebedürftigkeitsbegriff neu zu gestalten, um damit die dementiell Erkrankten in den Kreis der Leistungsempfänger einzubeziehen (§§ 14, 15 SGB XI). Einigkeit wird es sicherlich auch geben, wenn es um die Stärkung der ambulanten Versorgungsstrukturen geht.
Die Geld- und Sachleistungen sollten unter Berücksichtigung der zurückliegenden Kaufkraftverluste angemessen erhöht werden (Inflationsausgleich). Im Übrigen sollten Leistungsausweitungen, ähnlich dem Pflege-Neuausrichtungsgesetz (PNG) nach dem Motto „kleines Taschengeld für alle“ vermieden werden. Leistungsverbesserungen müssen dort ansetzen, wo die Hilfe und Unterstützung besonders wichtig ist.
Besondere Aufmerksamkeit sollte auch geeigneten Vorgaben für neue kommunale Strukturen von Quartierskonzepten (im Rahmen der örtlichen Daseinsvorsorge) gewidmet werden. Offensichtlich erkennen die Kommunen nur vereinzelt und völlig unzureichend, was es angesichts der demografischen Entwicklung jetzt zu tun gilt.
Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk hatte bereits am
05.07.2011 für die seinerzeit angekündigte
Pflegereform dem Deutschen Bundestag (bzw. dem Gesundheitsausschuss) umfangreiche
Vorschläge unterbreitet. Darauf kann jetzt aus Gründen der Vereinfachung und zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen werden (Stellungnahme ist als pdf-Datei angefügt). Die Vorlage ist auch im Internet abrufbar unter folgender Adresse:
http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwe ... 072011.pdf
Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk erscheint es wichtig herauszustellen, dass der
Hauptknackpunkt einer Pflegereform darin gesehen werden muss, neben der Veränderung des Pflegebedürftigkeitsbegriffes den
Pflegenotstand aufzulösen. Dazu haben wir in der o.a. Stellungnahme bereits nähere Ausführungen gemacht (beginnend ab Seite 9). Vereinfacht lässt sich sagen:
Ohne deutlich mehr Personal wird es keine bessere Pflege geben!
+++
Dazu passend: Statement Werner Schell beim Niederrheinischen Pflegekongress am 25.09.2013:
->
http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwe ... erview.mp4 +++
Grundlagen für verbesserte Personalausstattungen sollten
Personalbemessungssysteme (möglichst als Rechtsverordnungen) sein, so dass eine bedarfsgerechte Personalzuordnung entsprechend den jeweiligen Pflegeanforderungen gewährleistet werden kann. Die zwischen den Verbänden ausgehandelten Stellenschlüssel sind völlig unzureichend (und weichen regional voneinander ab). Der § 75 SGB XI sollte dieserhalb grundlegend überarbeitet werden. - Im Übrigen gibt es für die Krankenhäuser überhaupt keine verbindlichen Stellenvorgaben (ähnlich der 1995 abgeschafften PPR).
Einer Stellenausweitung zur Gewährleistung einer verbesserten Zuwendung für pflegebedürftige Menschen und Patienten müssen natürlich auf Länderebene entsprechende Qualifizierungsmaßnahmen folgen. Die Tarifvertragsparteien sind ergänzend aufgerufen, schnellstmöglich verbesserte Arbeitsbedingungen, vor allem höhere Vergütungen, zu vereinbaren. – So kann auch die massive Anwerbung von Pflegekräften aus dem Ausland, meist ohne ausreichende Sprachkompetenz (für Demenzkranke mit verheerenden Auswirkungen) vermieden werden.
Ich bin gerne bereit, Ihnen kurzfristig nähere Begründungen zu der Auffassung zu übersenden, dass die Auflösung des Pflegenotstandes höchste Priorität haben sollte. Erst am 22.10.2013 hat es dazu von hier eine Pressemitteilung gegeben, die ich zunächst zu Ihrer Unterrichtung (unten) anfüge. Diese Veröffentlichung hat ein außergewöhnliches positives Echo gefunden.
Beim übernächsten großen
Pflegetreff in Neuss am 13.05.2014 wird der
Pflegenotstand das alleinige Thema sein. Bei dieser Veranstaltung werden u.a. die Präsidentin des Deutschen Berufsverbandes für Pflegeberufe, Frau
Prof. Christel Bienstein, und Herr
Prof. Michael Isfort vom Deutschen Institut für angewandte Pflegeforschung (dip) anwesend sein. Herr Prof. Isfort befasst sich seit vielen Jahren mit der unzureichenden Personalausstattung in Heimen und Krankenhäusern. -
Im Zusammenhang mit dem Pflegetreff am 13.05.2014 wird es zwangsläufig bundesweite Aktivitäten zur Verbesserung der menschlichen Zuwendung in den stationären Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern geben.
Die Herren
Jens Spahn und
Prof. Karl Lauterbach, die sich nach Medienberichten in der Koalitions-Arbeitsgruppe „Gesundheit“ (und Pflege) vorrangig mit den entsprechenden Themen befassen (werden), können gerne den Termin
13.05.2014 für eine Teilnahme an unserer Veranstaltung
blocken. - Für eine kurze Rückmeldung, ob dies ggf. möglich ist, wäre ich wegen der weiteren Planungen dankbar. Die ersten Hinweise zum Pflegetreff am 13.05.2014 sind (mit entsprechendem Bildmaterial) anschaubar unter folgender Adresse:
viewtopic.php?t=19125
Für Ihre Bemühungen vielen Dank.
Mit freundlichen Grüßen
Werner Schell
Vorstand von Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk –
http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de
Diplom-Verwaltungswirt - Oberamtsrat a.D. - Buchautor/Journalist - Dozent für Pflegerecht (u.a. an der St. Elisabeth-Akademie Düsseldorf/Neuss und der Volkshochschule Neuss) -
http://www.wernerschell.de
Mitglied im Verband der Medizin- und Wissenschaftsjournalisten e. V.-
http://www.medizinjournalisten.de/
Infos auch bei
https://www.facebook.com/werner.schell.7
+++
Pressemitteilung vom 22.10.2013
Ökonomie im Gesundheits- und Pflegesystem - Patienten stehen nicht mehr im Mittelpunkt
Die BRD hat sich bereits in ihren Anfängen zur Marktwirtschaft bekannt. Im Gefolge dieser marktwirtschaftlichen Ausrichtung ist auch das Gesundheits- und Pflegesystem ökonomisch ausgerichtet worden. Diese ökonomische Ausrichtung ist wohl grundsätzlich richtig, darf aber nicht zum Selbstzweck werden. Vielfältige soziale Aspekte müssen Berücksichtigung finden (-> Art. 1, 2 und 20 Grundgesetz).
Leider sind aber die einschlägigen Lobbyisten seit vielen Jahren dabei, allein der ökonomischen Ausrichtung des Gesundheits- und Pflegesystems stets mehr Raum zu geben. Die Interessen der Patienten und pflegebedürftigen Menschen kommen dabei immer weniger zur Geltung. Es gelingt z.B. seit Jahren nicht einmal, die "Charta der Rechte hilfe- und pflegebedürftiger Personen" in subjektiv-öffentliche Rechte umzuwandeln und damit einen verbindlichen Rahmen zu geben.
So hat sich auch in den Krankenhäusern das Prinzip breit gemacht, dass Umsätze mittels Fallpauschalen (DRG) höchste Priorität haben (siehe z.B. die große Zahl unnötiger Operationen). Folglich bleiben auch die Interessen der Pflegekräfte auf der Strecke nach dem Motto: "Ärzte bringen Geld, Pflegekräfte kosten Geld." - Das ist eine Entwicklung, hier nur in Kürze skizziert, der in einer Gesundheits- und Pflegereform entschieden entgegen getreten werden muss.
Und dazu der Klartext für den Pflegebereich:
Pflegenotstand der BRD in Zahlen ... Auf 100 zu pflegende Personen ....
... über 80 Jahre kommen nach OECD-Berechnungen in der Langzeitpflege in Schweden 33,2 Vollzeitstellen, in Norwegen 22, in den Niederlanden 19, in der Schweiz 16,5 und in Deutschland lediglich 11,2.
Quelle: Zeitschrift „change“, Das Magazin der Bertelsmann Stiftung, 3/2013 (Seite 46). Titel der Ausgabe "Pflege - Ganz nah bei den Menschen - Große Herausforderungen und neue Wege in der Pflege".
Damit ist eindrucksvoll bestätigt, warum wir in Deutschland von einem Pflegenotstand sprechen müssen.
Wir haben einen Mangel dergestalt, dass für die stationären Pflegeeinrichtungen keine auskömmlichen Stellenschlüssel vorgesehen sind. Folglich fehlt für die gehörige Zuwendung Personal vorne und hinten. Würde man die dadurch eintretende Arbeitsverdichtungen u.a. durch bessere Stellenschlüssel auflösen und ergänzend angemessene Vergütungen vereinbaren, könnten wir uns auch mit Blick auf die Zukunft Diskussionen um einen Fachkräftemangel in der Pflege sparen (zumindest vorerst). Das Thema Pflegenotstand wird am 13.05.2014 Gegenstand eines großen Pflegetreffs in Neuss-Erfttal sein. Siehe dazu die ersten Hinweise unter:
viewtopic.php?t=19125
Zum Pflegenotstand finden Sie u.a. Beiträge unter:
viewtopic.php?t=18558
viewtopic.php?t=18285
Weiterhin richtig:
„Mehr Personal, bessere Pflege"
->
http://www.ngz-online.de/neuss/nachrich ... e-1.316561
Quelle:
viewtopic.php?t=19668
Ergänzend eine Krankenhausärztin:
"In dem ständig steigenden Arbeitsdruck geht langsam, aber stetig etwas verloren, was wesentlich wäre für eine patientenorientierte Medizin: genug Zeit für Zuwendung, Zuhören, Trost. Man muss es deutlicher sagen: Der Patient steht nicht mehr im Mittelpunkt medizinischer Bemühungen, sondern er, besonders sein kranker Körper, wird zum Störfaktor. Die ökonomisierte Medizin gleicht diese Probleme, die der Patient macht, mit Technik aus, die deutlich weniger Zeit und Personal erfordert:
- Kann ein Patient im Krankenhais nicht mehr genügend trinken und das heißt: nicht mehr genügend schnell, bekommt, bekommt er einen Tropf gelegt. …
- Isst ein Patient zu wenig oder zu langsam, wird ihm eine Magensonde gelegt. …
- Nässt ein Patient immer wieder ein, wird ihm ein Dauerkatheter gelegt. …
- Verhält sich ein Patient unruhig, werden Bettgestelle oder Fixierungen angebracht. …
… Rettet die Medizin vor der Ökonomie …"
Quelle: Werner Bartens "Das sieht aber gar nicht gut aus - War wir von Ärzten nie hören wollen"; Pantheon Verlag, München Oktober 2013 (Seite 82 ff.)
viewtopic.php?t=19688
Werner Schell - Vorstand von Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk
http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de
(Quelle:
viewtopic.php?t=19752 )
Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk …
führt regelmäßig Pflegetreffs mit bundesweiter Ausrichtung durch.
ist Kooperationspartner der „Aktion Saubere Hände.“
ist Initiator bzw. Mitbegründer des Quartierkonzeptes Neuss-Erfttal.
ist Unterstützer von "Bündnis für GUTE PFLEGE".
ist Unterstützer der "Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen".
unterstützt im Rahmen der Selbsthilfe auch Patienten mit Schlaganfall einschließlich deren Angehörige.
ist Mitgründer und Mitglied bei "Runder Tisch Demenz" (Neuss).
--->
Brieftext ist auch als pdf-Datei abrufbar unter ->
http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwe ... Pflege.pdf