"Wir stehen ohnehin mit einem Bein im Gefängnis"
Verfasst: 04.05.2010, 19:38
... so lautet vielfach das resignierende Statement der beruflich Pflegenden, wenn diese mit der Kategorie des Rechts konfrontiert werden.
Ich selbst habe dann aber in vielen Veranstaltungen die Erfahrung machen können, dass sich nach einem Seminar diese „Ängste“ ganz überwiegend in Wohlgefallen auflösen und zwar bedingt durch einen klaren Blick auf das rechtlich Gebotene aber eben auch Erforderliche.
Derzeit wird mehr oder weniger gehaltvoll über die Neuordnung der Gesundheitsberufe und damit über ein „neues Berufsbild Pflege“ diskutiert und man/frau scheut sich hierbei, einstweilen offensiv künftig die „pflegerechtlichen Implikationen“ zu benennen und letztlich eine hierzu dogmatisch verträgliche Lösung vorzuschlagen.
Schon beginnen sich neue Mythen um das künftige Berufsbild Pflege zu ranken und die Pflegerechtswissenschaft leistet hierzu einen nicht unbeachtlichen Beitrag: Namhafte Pflegerechtler skizzieren in ihren Statements vielfach „nur“ ein pflegerechtliches Vakuum und nähren so einstweilen noch die ohnehin vorhandenen Ängste bei den beruflich Pflegenden.
Dies erscheint mir persönlich umso unerklärlicher, weil doch alle Diskutanten nach wie vor sich von der Leitidee des Sachverständigenrats und insbesondere dem Gutachten des DKI inspirieren lassen, wonach es zwingend notwendig erscheint, die Aufgaben im Gesundheitswesen vor allem mit Blick auf die „ärztlichen Aufgaben“ neu zu ordnen. Diese Neuordnung sollte aber jedenfalls rechtlich nicht derart überbewertet werden, als würden wir uns hiermit von dem (ungeschriebenen) Arzt- und Pflegerecht in der Gänze verabschieden müssen.
Dem ist mitnichten so, da die Rechtsfolgen für die Pflegeberufe mehr als transparent sind.
(Künftiger rechtstatsächlicher „Befund“!):
Beruflich Pflegende nehmen künftig „ärztliche Aufgaben“ als eigene Pflichtaufgaben war
Hieraus folgt:
• Die über die sog. Grundpflege hinausgehenden pflegerischen Tätigkeiten sind zunächst stets als „Körperverletzungstatbestände“ zu qualifizieren.
Als Rechtfertigungsgrund kommt daher der Einwilligung nach erfolgter Aufklärung eine überragende Bedeutung analog dem Arztstrafrecht in Betracht. Die beruflich Pflegenden nehmen demzufolge im Rahmen einer echten Substitution künftig die Aufklärungspflichten in eigenständiger Kompetenz und Verantwortung wahr.
Versäumnisse in der Aufklärung gereichen unmittelbar zu Lasten der Pflegenden.
• Ferner schulden die beruflich Pflegenden eine lege artis Behandlung.
Diese besteht zuvörderst in einer Anamnese, Diagnose und Therapie, wobei auch hier regelmäßig gilt: Vor der Therapie haben die „Götter“ die Diagnose gesetzt und freilich muss die pflegerische (ärztliche) Behandlung indiziert sein.
Versäumnisse bei der (Pflege)Anamnese, (Pflege)Diagnose und Therapie gehen damit unmittelbar zu Lasten der Pflegenden und zwar ungeachtet der Tatsache, dass ggf. hier ein Versicherungsschutz oder aber die Haftung des Trägers greift.
• Mit der Übertragung und Übernahme der „ärztlichen Tätigkeit“ ändert sich das Rollenverhältnis zwischen Arzt und Pflegenden dergestalt, als dass die Pflegenden mit Blick auf die konkret übertragende Aufgabe aus ihrer „Erfüllungs- und Verrichtungsgehilfeneigenschaft“ gegenüber dem Arzt (nicht hingegen aber im Verhältnis zu den Trägern) entlassen werden und im Übrigen keine Weisungsrechte mehr durch den Arzt begründet sind.
• Die Arzt-Pfleger-Beziehung wird künftig durch die Grundsätze der horizontalen Arbeitsteilung (unter Einschluss einer angenommen, ggf. notwendigen Konsultationspflicht) bestimmt.
Der Kurzbeitrag ist auch im BLOG „Neuordnung der Gesundheitsfachberufe“ eingestellt und dort können Sie – wie immer – einen Kommentar hinterlassen. Vielleicht haben Sie auch die eine oder andere Frage, auf die wir dann gerne in einem größeren Beitrag zur Gesamtproblematik eingehen werden.
>>> http://blog-neuordnung-gesundheitsberuf ... %e2%80%9c/ <<<
Vgl. dazu im Übrigen auch
Bedarf es eines eigenständigen „Pflege(haftungs)rechts“?
- zugleich eine Anmerkung zu Hanika, Pflegerecht und Patientensicherheit im Lichte der Delegations-, Substitutions- und Allokationsdiskussionen, in PflR 2009, S. 372 ff.
v. L. Barth, in PMR 2010 >>> http://www.pflegerecht-zeitschrift.de/E ... R_2010.pdf <<<
Ich selbst habe dann aber in vielen Veranstaltungen die Erfahrung machen können, dass sich nach einem Seminar diese „Ängste“ ganz überwiegend in Wohlgefallen auflösen und zwar bedingt durch einen klaren Blick auf das rechtlich Gebotene aber eben auch Erforderliche.
Derzeit wird mehr oder weniger gehaltvoll über die Neuordnung der Gesundheitsberufe und damit über ein „neues Berufsbild Pflege“ diskutiert und man/frau scheut sich hierbei, einstweilen offensiv künftig die „pflegerechtlichen Implikationen“ zu benennen und letztlich eine hierzu dogmatisch verträgliche Lösung vorzuschlagen.
Schon beginnen sich neue Mythen um das künftige Berufsbild Pflege zu ranken und die Pflegerechtswissenschaft leistet hierzu einen nicht unbeachtlichen Beitrag: Namhafte Pflegerechtler skizzieren in ihren Statements vielfach „nur“ ein pflegerechtliches Vakuum und nähren so einstweilen noch die ohnehin vorhandenen Ängste bei den beruflich Pflegenden.
Dies erscheint mir persönlich umso unerklärlicher, weil doch alle Diskutanten nach wie vor sich von der Leitidee des Sachverständigenrats und insbesondere dem Gutachten des DKI inspirieren lassen, wonach es zwingend notwendig erscheint, die Aufgaben im Gesundheitswesen vor allem mit Blick auf die „ärztlichen Aufgaben“ neu zu ordnen. Diese Neuordnung sollte aber jedenfalls rechtlich nicht derart überbewertet werden, als würden wir uns hiermit von dem (ungeschriebenen) Arzt- und Pflegerecht in der Gänze verabschieden müssen.
Dem ist mitnichten so, da die Rechtsfolgen für die Pflegeberufe mehr als transparent sind.
(Künftiger rechtstatsächlicher „Befund“!):
Beruflich Pflegende nehmen künftig „ärztliche Aufgaben“ als eigene Pflichtaufgaben war
Hieraus folgt:
• Die über die sog. Grundpflege hinausgehenden pflegerischen Tätigkeiten sind zunächst stets als „Körperverletzungstatbestände“ zu qualifizieren.
Als Rechtfertigungsgrund kommt daher der Einwilligung nach erfolgter Aufklärung eine überragende Bedeutung analog dem Arztstrafrecht in Betracht. Die beruflich Pflegenden nehmen demzufolge im Rahmen einer echten Substitution künftig die Aufklärungspflichten in eigenständiger Kompetenz und Verantwortung wahr.
Versäumnisse in der Aufklärung gereichen unmittelbar zu Lasten der Pflegenden.
• Ferner schulden die beruflich Pflegenden eine lege artis Behandlung.
Diese besteht zuvörderst in einer Anamnese, Diagnose und Therapie, wobei auch hier regelmäßig gilt: Vor der Therapie haben die „Götter“ die Diagnose gesetzt und freilich muss die pflegerische (ärztliche) Behandlung indiziert sein.
Versäumnisse bei der (Pflege)Anamnese, (Pflege)Diagnose und Therapie gehen damit unmittelbar zu Lasten der Pflegenden und zwar ungeachtet der Tatsache, dass ggf. hier ein Versicherungsschutz oder aber die Haftung des Trägers greift.
• Mit der Übertragung und Übernahme der „ärztlichen Tätigkeit“ ändert sich das Rollenverhältnis zwischen Arzt und Pflegenden dergestalt, als dass die Pflegenden mit Blick auf die konkret übertragende Aufgabe aus ihrer „Erfüllungs- und Verrichtungsgehilfeneigenschaft“ gegenüber dem Arzt (nicht hingegen aber im Verhältnis zu den Trägern) entlassen werden und im Übrigen keine Weisungsrechte mehr durch den Arzt begründet sind.
• Die Arzt-Pfleger-Beziehung wird künftig durch die Grundsätze der horizontalen Arbeitsteilung (unter Einschluss einer angenommen, ggf. notwendigen Konsultationspflicht) bestimmt.
Der Kurzbeitrag ist auch im BLOG „Neuordnung der Gesundheitsfachberufe“ eingestellt und dort können Sie – wie immer – einen Kommentar hinterlassen. Vielleicht haben Sie auch die eine oder andere Frage, auf die wir dann gerne in einem größeren Beitrag zur Gesamtproblematik eingehen werden.
>>> http://blog-neuordnung-gesundheitsberuf ... %e2%80%9c/ <<<
Vgl. dazu im Übrigen auch
Bedarf es eines eigenständigen „Pflege(haftungs)rechts“?
- zugleich eine Anmerkung zu Hanika, Pflegerecht und Patientensicherheit im Lichte der Delegations-, Substitutions- und Allokationsdiskussionen, in PflR 2009, S. 372 ff.
v. L. Barth, in PMR 2010 >>> http://www.pflegerecht-zeitschrift.de/E ... R_2010.pdf <<<