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Übersetzungen unter Mitwirkung von Pflegekräften

Verfasst: 24.02.2010, 12:47
von udourb
Übersetzungen unter Mitwirkung von Pflegekräften

Ich habe eine Frage zu dem Thema Übersetzungen in der Pflege.
Leider konnte ich bislang keine Einträge hierzu im Forum finden.
Es geht um folgende Problematik:

Oftmals werden Pflegekräfte die ihren Ursprung in nichtdeutschsprachigen Ländern haben, bei Kommunikationsproblemen, sei es bei Aufklärungsgesprächen oder pflegerisch notwendigen Themen zu übersetzen.
Meiner Meinung nach, sollten hierfür staatlich geprüfte Übersetzen hinzugezogen werden. Dies wird aber oft aus Kostengründen, gerade in kleinen Häusern, nicht gemacht, sondern auf die Mitarbeiten zurückgegriffen, die der entsprechenden Landessprache mächtig sind.

Nun meine Konkreten Fragen:

1. In wie weit können diese Mitarbeiter "gezwungen" werden, diese Übersetzungen zu tätigen?
2. Wie sieht die rechtliche Situation aus, wenn die Inhalte fehlerhaft oder unklar übersetzt werden?
3. Wie ist die Sachlage, wenn die Patienten bei Komplikationen angeben, die Mitarbeiten hätten nicht korrekt übersetzt?
4. Können die Mitarbeiter die Übersetzungen ablehnen, bzw. sind sie durch irgendeine gesetzliche Regelung abgesichert, wenn sie die Übersetzungen leisten?

Ich würde mich freuen, wenn ich hier Antworten erhalte.

Übersetzungen unter Mitwirkung von Pflegekräften

Verfasst: 24.02.2010, 13:39
von Herbert Kunst
Hallo,

zunächst einmal gibt es allgemeine Informationen zur Aufklärungspflicht und Einwilligung unter
http://www.wernerschell.de/Rechtsalmana ... immung.php
viewtopic.php?t=992&postdays=0&postorde ... ng&start=0

Dort gibt es auch Informationen zu
Die Aufklärung von ausländischen Patienten
Näheres hier
http://www.wernerschell.de/Rechtsalmana ... ienten.php
Aufklärung ausländischer Patienten
viewtopic.php?t=13123&highlight=dolmetscher

Zu den gestellten Fragen einige ergänzende Anmerkungen:

1. In wie weit können diese Mitarbeiter "gezwungen" werden, diese Übersetzungen zu tätigen?
Eine strenge Rechtspflicht kann als rechtlich problematisch angesehen werden. V.A. bei schwierigen medizinischen / pflegerischen Fragestellung und schlechten Verständigungsmöglichkeiten sehe ich eine Weigerungsmöglichkeit. Im Zweifel sollte also auf professionelle Übersetzer verwiesen werden. Finanzielle Erwägungen können allein keine Veranlassung geben, MitarbeiterInnen wegen ständiger Übersetzungen unter Druck. Der Einsatz von MitarbeiterInnen ist allerdings ein einfaches und schnell zu gestaltendes Verfahren.
2. Wie sieht die rechtliche Situation aus, wenn die Inhalte fehlerhaft oder unklar übersetzt werden?
"Wer handelt, der haftet". Wer eine Tätigkeit übernimmt, muss grundsätzlich auch mit der gebotenen Sorgfalt handeln. Geschieht dies nicht, kann sich die Haftungsfrage stellen.
3. Wie ist die Sachlage, wenn die Patienten bei Komplikationen angeben, die Mitarbeiten hätten nicht korrekt übersetzt?
Wenn eine Übersetzung vorgenommen wird, sollte m.E. gesichert werden, dass derartige Vorwürfe im Nachhinein ausgeschlossen werden. Gibt es vorweg Schwierigkeiten / Bedenken, muss für Klarheit gesorgt werden. Vielleicht sollte in Betrieben, in denen häufiger Übersetzungen anfallen, eine Dienstanweisung verfasst werden, um den Beteiligten Sicherheit zu geben, auch haftungsrechtlicher Art.
4. Können die Mitarbeiter die Übersetzungen ablehnen, bzw. sind sie durch irgendeine gesetzliche Regelung abgesichert, wenn sie die Übersetzungen leisten?
Ggf. ergibt sich, wie immer im Arbeitsrecht, ein Weigerungsrecht. Spezielle Regelungen für das hier angesprochene Thema sind mir nicht bekannt.
Bitte die o.a. Quellen auswerten - und ggf. noch einmal nachfragen.

Gruß
Herbert Kunst

Verfasst: 24.02.2010, 14:47
von udourb
@ Herbert Kunst,

vielen Dank für die schnelle Antwort.

Mit den hier getätigten Aussagen kann ich schon eine Menge anfangen.

LG
Udo

Arbeitnehmervertretung sollte sich einblenden

Verfasst: 27.02.2010, 08:09
von Rob Hüser
Hallo,
die Hinweise von Herbert sind m.E. goldrichtig. Ich würde aber noch hinzufügen wollen:
Es kann auch die Arbeitnehmervertretung mit der Angelegenheit befasst werden. Sie könnte dann gegenüber dem Arbeitgeber für die notwendigen Klarstellungen (Dienstanweisung, Haftungsfreistellung usw.) sorgen. Dann wäre es entbehrlich, dass sich jeder Mitarbeiter selbst um die Wahrnehmung seiner Rechte bemühen muss - und sich vielleicht nur Ärger einhandelt.
MfG Rob

Differenzierung erforderlich!

Verfasst: 27.02.2010, 09:24
von Lutz Barth
Ohne hier konkreten Rechtsrat erteilen zu wollen, möchte ich darauf hinweisen, dass die aufgeworfenen Fragen nach einer differenzierten Antwort verlangen.

Dies gilt insbesondere mit Blick auf die sog. "Aufklärungsgespräche" und den sog. "pflegerisch notwendigen Themen".

Hier wird daran zu erinnern sein, dass die Aufklärung derzeit noch vom Arzt geschuldet ist und nicht auf die Pflegekräfte delegiert werden kann! Dies gilt nicht nur für die Diagnose, sondern auch für die angedachte Therapie. Das Pflege-Weiterentwicklungsgesetz mit den entsprechenden Modellvorhaben (hier insbesondere die Substitution ärztlicher Aufgaben an das Pflegepersonal) hat an dieser Pflicht des Arztes zunächst keine Änderung bewirkt, zumal eine Stellungnahme des G-BA über die ggf. zu übertragenen Tätigkeiten noch aussteht. Nur in Parenthese sei angemerkt, dass sich hier die beabsichtigte "Weiterentwicklung" der Pflege nicht so recht einstellen will, da auch nach mehr als 1,5 Jahren die Richtlinien ausbleiben.

Vgl. in diesem Zusammenhang stehend über die bereits erteilten Literaturhinweise hinaus:
Die ärztliche Aufklärungspflicht, (Ärztekammer Berlin, Stand November 2009) >>> http://www.aerztekammer-berlin.de/10arz ... flicht.pdf <<<

Aus der Rechtsprechung etwa: Kammergericht Berlin, Urt. v. 08.05.08 (Az. 20 U 202/06) zur Beiziehung eines Sprachmittlers bei Aufklärung eines ausländischen Patienten und aufklärungspflichtiges Embolierisiko bei einer "einfachen" Knieoperation >>> Quelle: Gerichtsentscheidungen Berlin-Brandenburg >>> http://www.gerichtsentscheidungen.berli ... focuspoint

Durch diese Hinweise wird deutlich, dass ggf. der Arzt sich einzelner Mitarbeiter als „Sprachmittler“ resp. Übersetzer bedienen kann, wenngleich hierdurch der Arzt von seiner Verpflichtung zur Aufklärung nicht entlastet wird.

Im Übrigen empfehle ich zu diesem Problem speziell unter den Suchwörtern „ausländischer Patient Aufklärung Arzt“ zu googeln; hier werden dann in der Folge instruktive Beiträge und Rechtsprechungshinweise angezeigt.

Mit freundlichen Grüßen
L. Barth

Aufklärungspflicht liegt beim Arzt !

Verfasst: 27.02.2010, 09:36
von Rob Hüser
Lutz Barth hat geschrieben: ....Durch diese Hinweise wird deutlich, dass ggf. der Arzt sich einzelner Mitarbeiter als „Sprachmittler“ resp. Übersetzer bedienen kann, wenngleich hierdurch der Arzt von seiner Verpflichtung zur Aufklärung nicht entlastet wird. ...
Hallo Lutz,
es ging m.E. bei der Frage allein darum abzuklären, ob und inwieweit Pflegekräfte bei einer Übersetzung mitzuwirken müssen / können und sich insoweit haftungsrechtliche Probleme ergeben können. Es versteht sich natürlich, dass die Aufklärung in Diagnostik und Therapie grundsätzlich eine ärztliche Aufgabe bleibt und bei der Diskussion nicht infrage gestellt werden kann.
MfG Rob

Verfasst: 27.02.2010, 09:57
von Lutz Barth
Hallo Rob,

ob dies tatsächlich so ist, weiß ich nicht. Aber selbst wenn die Frage auf die von Dir benannten Szenarien abzielen sollte, bleiben einige Aspekte offen, zumal diese dann weiter vor den unterschiedlichen Versorgungssektoren problematisiert werden müssen.

Handelt es sich z.B. um eine stationäre Alteneinrichtung, dann wird sich die weitere Frage anschließen müssen, wer dann eigentlich das Pflegepersonal zu Übersetzungsarbeiten hinzuziehen darf. Vielleicht der externe freiberuflich tätige Hausarzt, der nach überwiegender Meinung in der pflegerechtlichen Literatur kein "Weisungsrecht" gegenüber dem "fremden Pflegepersonal" hat?

Freilich könnte diesbezüglich auch der Träger der Einrichtung eine "Verfahrensanweisung" erlassen, so dass hieraus folgend sich eine Entschärfung der Haftungsproblematik ergibt.

Nun - insgesamt ein interessantes Thema und ich bin geneigt, dieses demnächst in einem Beitrag zu probematisieren und zwar gerade vor dem Hintergrund der Versorgungssituation in einer Alteneinrichtung, die sich derzeit noch überwiegend durch eine Arztferne auszeichnet. Perspektivisch wird uns dieses Thema aber auch unter dem Aspekt der Neuordnung der Gesundheitsberufe begleiten, wenn und soweit Pflegefachkräfte genuin ärztliche Aufgaben wahrnehmen dürfen. Auch wenn ein Großteil der Pflegerechtler sich zu den haftungsrechtlichen Konsequenzen noch "ausschweigt", vertrete ich dazu eine eindeutige Position: es findet keine haftungsrechtliche Privilegierung statt, so dass dann im Zweifel das Pflegepersonal auch ganz exklusiv haftet, vorbehaltlich der allgemeinen Tendenz, wonach vermehrt die Haftung bei den Trägern konzentriert wird.

Sofern also perspektivisch das Pflegefachpersonal ärztliche Aufgaben übernehmen kann, werden hiermit auch die ehemals vom Arzt geschuldeten Primärpflichten übertragen. Ein solches gilt dann auch für die Pflicht zur Aufklärung und den sich daraus ergebenden weiteren Fragestellungen.

Gruß
L. Barth