Reform der Pflegesysteme - "Wir alle sind gefordert" -
Stellungnahme von Pro-Pflege Selbsthilfenetzwerk zum Koalitionsvertrag (Abschnitt 9.2.: Pflege- Weiterentwicklung der Pflegeversicherung) hier
http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwe ... ysteme.php
Dort sind u.a. Ausführungen von Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk darüber zu finden, dass es einen neuen § 612a BGB geben soll / muss. Ich finde die diesbezüglichen Forderungen wichtig, sie sollten umfassend Unterstützung finden!
Hier der Textauszug:
--- Wirksames Beschwerdemanagement ermöglichen
Im Übrigen müssen geeignete Maßnahmen ergriffen werden, für Pflegeeinrichtungen Beschwerdemanagementsysteme zu installieren, die wirksam Pflegemissstände aufklären und beseitigen helfen. Dazu erscheint u.a. eine Vorschrift im BGB erforderlich (= Neufassung des § 612a BGB), die es MitarbeiterInnen in der Pflege nachteilsfrei ermöglicht, offensiver mit Anregungen und Beschwerden umzugehen.
Dazu hat sich Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk 2008 wiederholt an den Deutschen Bundestag gewandt und auf notwendige Beschlussnotwendigkeiten aufmerksam gemacht, erfolglos. U.a. wurde dazu von hier ausgeführt:
Die seit Jahren beklagten Pflegemängel werden weder durch das 2008 reformierte SGB XI (mit neuen Transparenzvorgaben und Bewertungssystemen –„Schulnoten“ für Pflegeeinrichtungen) und die neuen Länder-Heimgesetze (z.B. mit regelmäßigen unangemeldeten Heimprüfungen) noch durch das WBVG entscheidend vermindert werden können.
Daher müssen die MitarbeiterInnen der Pflegeeinrichtungen in die Verbesserung der Pflegesituationen verstärkt eingebunden werden. Beschwerden über organisatorische und personelle Unzulänglichkeiten in den Pflegeeinrichtungen müssen dadurch angeregt bzw. ermöglicht werden, indem die Mitteilungen über solche Zustände durch eine gesetzliche Vorschrift für die MitarbeiterInnen „nachteilsfrei“ gestellt werden (ähnlich dem § 17 Arbeitsschutzgesetz).
Insoweit wird bereits im Deutschen Bundestag eine Gesetzesinitiative diskutiert, die u.a. die Einfügung eines neu gefassten § 612a in das BGB vorsieht:
§ 612a BGB – Anzeigerecht
(1) Ist ein Arbeitnehmer aufgrund konkreter Anhaltspunkte der Auffassung, dass im Betrieb oder bei einer betrieblichen Tätigkeit gesetzliche Pflichten verletzt werden, kann er sich an den Arbeitgeber oder eine zur innerbetrieblichen Klärung zuständigen Stelle wenden und Abhilfe verlangen. Kommt der Arbeitgeber dem Verlangen nach Abhilfe nicht oder nicht ausreichend nach, hat der Arbeitnehmer das Recht, sich an eine zuständige außerbetriebliche Stelle zu wenden.
(2) Ein vorheriges Verlangen nach Abhilfe ist nicht erforderlich, wenn dies dem Arbeitnehmer nicht zumutbar ist. Unzumutbar ist ein solches Verlangen stets, wenn der Arbeitnehmer aufgrund konkreter Anhaltspunkte der Auffassung ist, dass
1. aus dem Betrieb eine unmittelbare Gefahr für Leben oder Gesundheit von Menschen oder für die Umwelt droht,
2. der Arbeitgeber oder ein anderer Arbeitnehmer eine Straftat begangen hat,
3. eine Straftat geplant ist, durch deren Nichtanzeige er sich selbst der Strafverfolgung aussetzen würde,
4. eine innerbetriebliche Abhilfe nicht oder nicht ausreichend erfolgen wird.
3) Von den Absätzen 1 und 2 kann nicht zuungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden.
(4) Beschwerderechte des Arbeitnehmers nach anderen Rechtsvorschriften und die Rechte der Arbeitnehmervertretungen bleiben unberührt.
Quelle für das Zitat u.a.: Drucksache des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz – Nr. 16(10)849
Es macht wenig Sinn, von den Pflegekräften stets und ständig engagiertes bzw. couragiertes Verhalten im Betrieb abzuverlangen, sie dann aber anschließend im Stich zu lassen. Es liegt auf der Hand, dass man den Pflegekräften Schutz zu bieten hat. Insoweit scheint der neugefasste § 612a BGB (oder eine entsprechende Vorschrift im WBVG) sehr hilfreich. Dabei wird natürlich nicht verkannt, dass auch eine solche Vorschrift nicht in allen Fällen verhindern kann, dass es gleichwohl Sanktionen gegen unliebsame ArbeitnehmerInnen geben wird. Aber die vorgeschlagene Neuregelung könnte dazu beitragen, eine neue Kultur des Hinschauens zu entwickeln.
Auch die Hauptversammlung des Marburger Bundes hat den Deutschen Bundestag anlässlich seiner Hauptversammlung am 07.11.2009 aufgefordert, für mehr Informationsfreiheit einzutreten, damit endlich der Schutz von Fehlermeldern (Whistleblowers) für das Gesundheitswesen gesetzlich festgeschrieben wird. Dies sei auch Voraussetzung dafür, dass die Idee des Critical Incident Reporting Systems (CIRS), also der Mitteilung von Beinahe-Schadensfällen, nachhaltig Fuß fassen kann. In einer Pressemitteilung des Marburger Bundes vom 07.11.2009 heißt es dazu:
„Die Beschäftigten im Gesundheitswesen dürfen keine arbeitsrechtlichen Folgen befürchten müssen, wenn sie Gefahren und Rechtsverstöße in ihrem Arbeitsbereich melden. Eine Novellierung des § 612a BGB zum Informationsschutz für Beschäftigte mit der Aufnahme eines Anzeigerechtes ist erforderlich“, heißt es in dem Beschluss des Ärzteverbandes.