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Selbsttötung - Hilfeleistungspflicht ?
Verfasst: 04.01.2004, 21:19
von Gast
Muss ich erhängte Personen, bei denen es eindeutig ist, dass sie klinisch tot sind, trotzdem abschneiden und reanimieren, da ich als Krankenpfleger ja nicht den Tod feststellen darf?
Für eine Antwort mit Rechtsgrundlage wäre ich sehr dankbar.
Hilfeleistungspflicht - auf jeden Fall !
Verfasst: 06.01.2004, 11:09
von Gast
Ich bin der Meinung, dass eingegriffen werden muss - auch zur eigenen Sicherheit. Es können leicht strafrechtliche Vorwürfe erhoben werden. Vielleicht kann ein Experte weitere Anmerkungen abliefern?!
H.P.
Hilfeleistung - Rechtslage kompliziert !
Verfasst: 07.01.2004, 11:04
von Berti
Hallo Sven,
die von Dir angesprochene Situation wirft zahlreiche Fragen auf, die kurz und bündig nicht befriedigend beantwortet werden können. Ich möchte Dich daher auf das Buch von Lissel „Rechtsfragen im Rettungswesen – Risiken im Einsatz“, Verlag Boorberg, aufmerksam machen. Darin werden zahlreiche Rechtssituationen verständlich abgehandelt. Einschlägige Gerichtsentscheidungen, die umfassend die Hilfeleistungspflicht usw. erläutern, sind zu finden in dem Buch von Werner Schell „Sterbebegleitung und Sterbehilfe …“. Kunz Verlag (jetzt Schlütersche Buchreihe; siehe in dieser Homepage Rubrik „Publikationen“). Hilfreiche Gerichtsentscheidungen finden sich auch unter http.//
www.pflegerechtportal.de.
Massstab des Handelns wird wahrscheinlich der § 323 c StGB sein müssen. Danach wäre in einer Gefahrenlage die zumutbare Hilfe zu erbringen. D.h., bei einer Selbsttötungshandlung muss man eingreifen, sobald der Täter das Geschehen nicht mehr selbst in der Hand hat. Man muss das Bestmögliche tun. Konkret wäre z.B. ein Strick zu lösen und Versuche zu starten, das Leben, wenn möglich, zu retten. Wäre bereits nach den Umständen zweifelsfrei erkennbar der Tod eingetreten, ist eine (strafrechtliche) Hilfeleistungspflicht wohl nicht mehr anzunehmen. Denn bei eingetretenem Tod ist ja nichts mehr zu retten. Aber genau zu diesem Punkt kannst Du in den zitierten Quellen nachlesen.
Gruß Berti
Selbsttötung - Hilfeleistungspflicht ?
Verfasst: 23.01.2004, 20:59
von Gast
Frage: Muss ich erhängte Personen, bei denen es eindeutig ist, dass sie klinisch tot sind, trotzdem abschneiden und reanimieren, da ich als Krankenpfleger ja nicht den Tod feststellen darf?
Meine Meinung:
Nur Ärzte dürfen den Tod eines Menschen feststellen (nach Leichenschau). Daher ist niemals eine Pflegekraft befugt, darüber zu befinden, ob jemand (klinisch) tot ist. Weil demzufolge hinsichtlich des Todes keine sichere Erklärung vorliegen kann, muss wohl in geeigneter Weise geholfen werden. Es ist alles Zumutbare zu verlangen, was geeignet ist, der konkreten Person zu helfen (auch wenn es letztlich vielleicht vergeblich war).
Mike
Re: Selbsttötung - Hilfeleistungspflicht ?
Verfasst: 23.01.2004, 21:12
von Kemal
Hallo Mike,
jetzt würde ich aber gerne von Dir wissen was Du unter "Zumutbar" verstehst. Das ist nämlich sehr individuell.
mfg Kemal
Hilfe muss individuell zumutbar sein
Verfasst: 23.01.2004, 21:21
von Gast
Zitat:
Hallo Mike, jetzt würde ich aber gerne von Dir wissen was Du unter "Zumutbar" verstehst. Das ist nämlich sehr individuell.
Hallo Kemal,
zumutbar - auf die Ausgangsfrage bezogen - wäre natürlich, den vermeintlich Erhängten aus seiner Lage zu befreien und die geeigneten Maßnahmen zu ergreifen, ihn, wenn es möglich ist, wieder ins Leben zurückzuholen.
Man darf immer solche Hilfemaßnahmen unterlassen, die nicht zumutbar sind. Dies ist so in § 323 c StGB geregelt. So muss z.B. eine Person, die nur unter alltäglichen Bedingungen schwimmgewandt ist, nicht ins Wasser springen, um als Retter einen Ertrinkenden herauszuholen. Solche Aktionen, die sehr riskant sind, müssen denjenen Personen vorbehalten bleiben, die solche Rettungstätigkeiten gelernt und geübt haben (z.B. Rettungsschwimmer). Solche Beispiele zeigen, dass es letztlich in der Tat immer auf die Einzelsituation ankommt. - Alles klar?
MfG Mike
Selbsttötung - Hilfeleistungspflicht ?
Verfasst: 25.01.2004, 17:32
von Gast
Ich denke, dass hier die bereits mehrfach angesprochene Buchveröffentlichung von
Lissel
"Rechtsfragen im Rettungswesen - Risiken im Einsatz"
Boorberg Verlag
einschlägig ist. Das Buch befasst sich umfassend mit den Fallgestaltungen der Hilfeleistungspflicht.
Mike