Brief:
Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk
Unabhängige und gemeinnützige Initiative
Vorstand: Werner Schell – Harffer Straße 59 – 41469 Neuss
Tel.: 02131 / 150779 – E-Mail:
ProPflege@wernerschell.de
Internet:
http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de
Neuss, den 30.08.2009
An den
Landrat des Rhein-Kreises Neuss
und die Mitglieder des Sozial- und Gesundheitsausschusses
Grevenbroich
Betr.: Gesundheitsversorgung älterer Menschen
Sehr geehrte Damen und Herren,
der Sozial- und Gesundheitsausschuss des Rhein-Kreises Neuss wird sich am 03.09.2009 unter TOP 7.4 mit der Gesundheitsversorgung älterer Menschen befassen. Grundlage dafür ist die Studie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (Pressemitteilung vom 8.7.2009).
Ich teile Ihnen mit, dass Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk dazu bereits am 12.07.2009 eine Presseerklärung abgegebenen hat. Diese Erklärung und umfangreiche Diskussionsbeiträge finden Sie unter
viewtopic.php?t=12337
viewtopic.php?t=12335&highlight=hamburg
http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwe ... erftig.php
Die Pressemitteilung von Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk ist auch unten angefügt und steht damit direkt für eine Auswertung und Vorstellung zur Verfügung.
Ich mache bei dieser Gelegenheit noch einmal darauf aufmerksam, dass die medizinische Versorgung in den Stationären Pflegeeinrichtungen (Heimen) dringend einer Verbesserung bedarf. Die von der AOK Rheinland/Hamburg vorgestellten modellhaften Versorgungsveränderungen sind leider unzureichend. Sie betreffen nur einige wenige Heime und lassen die Versicherten anderer Krankenkassen (zunächst) außen vor.
Es wird daher (nochmals) beantragt, den Arbeitskreis medizinische Versorgung in den Heimen zu aktivieren, so dass schnellstmöglich über die weiteren Aktivitäten gesprochen werden kann. Es kann nicht sein, dass wir uns periodisch über Unzulänglichkeiten in der Heimversorgung unterhalten, oder gar entrüsten, und dann die notwendigen Folgerungen nur sehr zögerlich bzw. halbherzig angehen.
Mit freundlichen Grüßen
Werner Schell -
http://www.wernerschell.de
++++++++++++++++++++++++++++
Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk
Unabhängige und gemeinnützige Initiative
Vorstand: Werner Schell – Harffer Straße 59 – 41469 Neuss
Tel.: 02131 / 150779 – E-Mail:
ProPflege@wernerschell.de
Internet:
http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de
Pressemitteilung vom 12.07.2009
Text auch unter
http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwe ... lungen.php
Die Pflegesysteme sind reformbedürftig:
Neuer Pflegebedürftigkeitsbegriff mit leistungsrechtlichen Folgerungen, deutliche Personalausweitungen und eine angemessene Stärkung der Angehörigenrechte sind überfällig!
Das Institut für Rechtsmedizin des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) hat am 08.07.2009 in einer umfangreichen Pressemitteilung die Ergebnisse einer neuen Studie zur Versorgung älterer Menschen in Hamburg vorgestellt. Im Rahmen dieser Studie wurden mehrere Aspekte zur medizinischen Versorgung älterer Menschen gleichzeitig parallel analysiert. Es ging dabei u.a. um die bereits seit Jahren aufgrund von MDK-Prüfungen bekannten Mängel in den Bereichen Mobilität, Ernährung und Mundgesundheit.
Prof. Dr. Klaus Püschel, Leiter der Rechtsmedizin am UKE, bemerkte dazu u.a.:
„Die hier präsentierte Basisdokumentation zur Situation älterer Menschen in Hamburg und Umgebung lehrt uns allerdings wenn auch nicht das Fürchten, so doch eine erhebliche Skepsis. Unsere Problembeschreibung und die daraus resultierende Zukunftsangst haben einen realen Kern. Der demographische Wandel droht uns zu überrollen. Dieser Konflikt muss entschärft werden.“
Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk nimmt die Hamburger Studie nochmals zum Anlass, bereits früher erhobene Forderungen bezüglich der notwendigen Reformmaßnahmen zu wiederholen:
Das Pflegeversicherungssystem (SGB XI) muss – im Zusammenwirken mit der Betroffe-nenseite (pflegebedürftige Menschen und Angehörige) - grundlegend reformiert werden. Überfällig ist eine Überarbeitung des Pflegebedürftigkeitsbegriffes (§ 14 SGB XI) mit einer Ausweitung des Leistungsrechts. Dabei muss der Grundsatz „ambulant vor stationär“ eine Stärkung erfahren. Die Rechte der Angehörigen, die die größte Gruppe der Pflegenden stellen, müssen ausgeweitet bzw. gestärkt werden. Dabei sollte der Leitgedanke: „Angehörige und Pflegekräfte gemeinsam zum Wohle der Pflegebedürftigen“ als Orientierung dienen.
Wir müssen im Zusammenhang mit einer Neuordnung sämtlicher Pflegesysteme (einschließlich Krankenhäuser und Rehabilitationseinrichtungen) auch darüber diskutieren und entscheiden, welche Pflege wir (uns leisten) wollen. Bei dieser Diskussion wird das Ausmaß der gebotenen leistungsrechtlichen Ausweitungen festzulegen sein. Die BürgerInnen müssen im Rahmen solcher Erörterungen erfahren, welche Leistungen die Pflegesysteme zukünftig erbringen (können) und inwieweit ggf. Individualvorsorge zu betreiben ist. Der (10.) Neusser Pflegetreff, Anfang 2010, wird genau dieses Thema aufgreifen und mit allem Nachdruck für entsprechende Folgerungen eintreten.
Bei all dem gilt es u.a. zu bedenken: Die Zahl der pflegebedürftigen Menschen wird in nächster Zeit deutlich zunehmen. Im Jahre 2030 wird es allein rd. 2 Millionen dementiell erkrankte Menschen geben. Die Hamburger Studie macht auf diesen Aspekte ebenfalls aufmerksam und folgert: „Unsere Problembeschreibung und die daraus resultierende Zu-kunftsangst haben einen realen Kern. Der demographische Wandel droht uns zu überrollen.“ Man darf auch von einer möglichen Pflege-Katastrophe sprechen!
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk tritt im Zusammenhang mit den gebotenen Reformanstrengungen auch für eine deutliche Verbesserung der Pflegestellenpläne (in Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern) ein, weil nur eine ausreichende Zahl von Pflege(fach)- und sonstigen Betreuungskräften die allseits gewünschte Zuwendung einschließlich Be-gleitung in schwierigen Situationen (z.B. palliativmedizinisch-/ pflegerische Betreuung, Sterbebegleitung) gewährleisten kann. Um solche Verbesserungen alsbald erreichen zu können, ist es u.a. erforderlich, im Pflegeversicherungsrecht einen neuen erweiterten Pflegebedürftigkeitsbegriff und ein bundeseinheitliches Personalbemessungssystem (an Stelle von unzulänglichen regional unterschiedlichen Stellenschlüsseln) einzuführen. Auch dieser personalwirtschaftliche Aspekt gehört zwingend zu den notwendigen Reformmaßnahmen. Pflegekräfte verdienen uneingeschränkt unsere Wertschätzung – und dies müssen wir in einer alternden Gesellschaft deutlich herausstellen. Daher wird es auch darum gehen müssen, über eine angemessene Erhöhung der Vergütungen für Pflegekräfte zu befinden.
Solange es eine Reform der Pflegesysteme „an Haupt und Gliedern“ nicht gibt, macht es wenig Sinn, auf die entsprechenden Einrichtungen mit „Schulnoten“ und anderen ähnlichen Druckmitteln eine bessere Pflege erzwingen zu wollen. Dies ist zum Scheitern verurteilt! Im Übrigen sind die entsprechenden Bewertungssysteme auch nicht mit der Betroffenenseite abgestimmt worden. Sie beruhen lediglich auf Abstimmungen, die allein zwischen dem GKV-Spitzenverband Bund und den Verbänden der Pflegeeinrichtungen stattgefunden haben. Durch die vielfältigen Einflussnahmen der Trägerverbände auf die Ausgestaltung der Bewertungssysteme wurde der „Bock zum Gärtner“ gemacht; - so formulierte u.a. ein MDS-Vertreter beim Neusser Pflegetreff am 17.02.2009.
Ohne grundlegende Veränderungen an den Pflege-Rahmenbedingungen wird es keine nachhaltigen Verbesserungen der Pflege geben. Dies auch deshalb, weil sich die pflegerischen Probleme durch den demographischen Wandel gravierend verschärfen werden.
Wir müssen bei allen Erörterungen um eine Verbesserung der Pflege-Rahmenbedingungen darauf achten, dass wir nicht unnötig Ängste bei den hilfe- und pflegebedürftigen Menschen schüren. Überzogene Skandalberichte (im Sommerloch) verzerren das Bild der Pflege.
Werner Schell
Text ist zur Veröffentlichung frei