Expertenstandards in der Pflege – ein „Goldstandard“?
Verfasst: 07.01.2009, 09:43
Expertenstandards in der Pflege – ein „Goldstandard“?
Die Pflege schickt sich an, im Rahmen ihres Professionalisierungsprozesses zugleich Expertenstandards auf den Weg zu bringen, die für den Teilausschnitt der Pflege als integraler Ausschnitt eines therapeutischen Gesamtplanes gleichsam eine gute pflegefachliche Diagnostik und Therapie im Sinne eines sog. „Goldstandards“ verbürgen sollen. Wie in der Medizin kann perspektivisch davon ausgegangen werden, dass die Standards nach allgemeiner Verbindlichkeit streben, zumal, wenn wir die entsprechenden Passagen in dem Pflege-Weiterentwicklungsgesetz zunächst unkommentiert zur Kenntnis nehmen. Hier wird zunächst von einer Verbindlichkeit ausgegangen und da muss es nachhaltig irritieren, wenn derzeit auf einzelnen Fachkongressen herbe Kritik etwa an dem Expertenstandard Sturzprophylaxe geübt wird (vgl. dazu den Kurzbericht „Interdisziplinärer SturzCongress kritisierte Expertenstandard“, in Die Schwester/Der Pfleger 01/2009, S. 5).
Die Empfehlung, eine Skala auszufüllen habe keine Relevanz sowie überhaupt der Nutzen des Expertenstandards in der Praxis nicht untersucht und belegt worden sei, so wohl ein entscheidendes Ergebnis auf dem Kongress, dass aus dem berufenen Munde v. Prof. Dr. Gabriele Meyer von der Universität Witten/Herdecke stammt.
Das Ergebnis ist daher wenig überraschend: es wird davor gewarnt, den Expertenstandard zur absoluten Handlungsleitlinie zu erheben und zur juristischen Bewertung der Pflegequalität heranzuziehen.
Wir alle dürfen darauf gespannt sein, ob diese Kritik an einem Expertenstandard von der Praxis „gehört wird“, weist diese doch in die richtige Richtung, wonach den Expertenstandards in aller Regel nicht von „Haus aus“ eine normative Rechtsverbindlichkeit zukommt, ohne dass dieser zugleich zu einem Sorgfaltspflichtenmaßstab aus zivilrechtlicher Perspektive bei der Beurteilung eines lege artis Behandlung über § 276 BGB transformiert wurde. Auch wenn insoweit den Pflegenden bei der Anwendung eines Expertenstandards ein gewisser individueller Handlungsspielraum eröffnet wird, im Übrigen aber der Standard nach intraprofessioneller Verbindlichkeit strebt, so lassen die ersten kritischen Stimmen aus der Praxis jedenfalls den Schluss zu, dass von einer unreflektierten Anwendung der Standards wohl dringend abzuraten sei.
Wir vom IQB werden an dem Thema selbstverständlich „dran bleiben“ und uns dazu in Kürze positionieren.
Lutz Barth
Die Pflege schickt sich an, im Rahmen ihres Professionalisierungsprozesses zugleich Expertenstandards auf den Weg zu bringen, die für den Teilausschnitt der Pflege als integraler Ausschnitt eines therapeutischen Gesamtplanes gleichsam eine gute pflegefachliche Diagnostik und Therapie im Sinne eines sog. „Goldstandards“ verbürgen sollen. Wie in der Medizin kann perspektivisch davon ausgegangen werden, dass die Standards nach allgemeiner Verbindlichkeit streben, zumal, wenn wir die entsprechenden Passagen in dem Pflege-Weiterentwicklungsgesetz zunächst unkommentiert zur Kenntnis nehmen. Hier wird zunächst von einer Verbindlichkeit ausgegangen und da muss es nachhaltig irritieren, wenn derzeit auf einzelnen Fachkongressen herbe Kritik etwa an dem Expertenstandard Sturzprophylaxe geübt wird (vgl. dazu den Kurzbericht „Interdisziplinärer SturzCongress kritisierte Expertenstandard“, in Die Schwester/Der Pfleger 01/2009, S. 5).
Die Empfehlung, eine Skala auszufüllen habe keine Relevanz sowie überhaupt der Nutzen des Expertenstandards in der Praxis nicht untersucht und belegt worden sei, so wohl ein entscheidendes Ergebnis auf dem Kongress, dass aus dem berufenen Munde v. Prof. Dr. Gabriele Meyer von der Universität Witten/Herdecke stammt.
Das Ergebnis ist daher wenig überraschend: es wird davor gewarnt, den Expertenstandard zur absoluten Handlungsleitlinie zu erheben und zur juristischen Bewertung der Pflegequalität heranzuziehen.
Wir alle dürfen darauf gespannt sein, ob diese Kritik an einem Expertenstandard von der Praxis „gehört wird“, weist diese doch in die richtige Richtung, wonach den Expertenstandards in aller Regel nicht von „Haus aus“ eine normative Rechtsverbindlichkeit zukommt, ohne dass dieser zugleich zu einem Sorgfaltspflichtenmaßstab aus zivilrechtlicher Perspektive bei der Beurteilung eines lege artis Behandlung über § 276 BGB transformiert wurde. Auch wenn insoweit den Pflegenden bei der Anwendung eines Expertenstandards ein gewisser individueller Handlungsspielraum eröffnet wird, im Übrigen aber der Standard nach intraprofessioneller Verbindlichkeit strebt, so lassen die ersten kritischen Stimmen aus der Praxis jedenfalls den Schluss zu, dass von einer unreflektierten Anwendung der Standards wohl dringend abzuraten sei.
Wir vom IQB werden an dem Thema selbstverständlich „dran bleiben“ und uns dazu in Kürze positionieren.
Lutz Barth