Wechsel suprapubischer Blasenkatheter

Pflegespezifische Themen; z.B. Delegation, Pflegedokumentation, Pflegefehler und Haftung, Berufsrecht der Pflegeberufe

Moderator: WernerSchell

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wuniish
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Wechsel suprapubischer Blasenkatheter

Beitrag von wuniish » 05.10.2011, 12:02

Wechsel suprapubischer Blasenkatheter und die Delegationsproblematik

Ein herzliches Hallo,
auf der Suche nach einer belastbaren Aussage über die Delegationsfähigkeit beim Wechsel eines bereits liegenden suprapubischen Blasenkatheters durch Pflegefachkräfte im ambulanten Bereich bin ich auf völlig widersrüchliche Aussagen getroffen und bin nun genauso schlau wie vorher.
Gibt es eine belastbare u. verbindliche Aussage (Quelle) - z.B. in Form einer Richtlinie oder Gerichtsurteil?
Dankeschön im Voraus.

Herbert Kunst
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Katheterwechsel durch Pflegefachkraft

Beitrag von Herbert Kunst » 05.10.2011, 12:37

Hallo,

zur Katheterproblematik gibt es hier im Forum schon zahlreiche Beiträge. Siehe z.B. unter
viewtopic.php?t=15385&highlight=katheter (hier wird die Leistung als mögliche Maßnahme der häuslichen Krankenpflege bezeichnet – daher sind die Richtlinien zur häuslichen Krankenpflege eine wichtige Grundlage)
viewtopic.php?t=11451&highlight=katheter
viewtopic.php?t=8751&highlight=katheter
viewtopic.php?p=29594#29594
Siehe dann besonders unter
http://www.wernerschell.de/Rechtsalmana ... gation.php

Wer eine Tätigkeit als Nichtarzt, z.B. als Pflegefachkraft, beherrscht, sorgfältig und gefahrfrei ausführen kann (dies praktisch und theoretisch gelernt hat), darf bei entsprechender Anordnung bzw. Verordnung auch tätig werden. Dies auch bei der erwähnten Maßnahme. - Wo liegen die Probleme?

Gruß
Herbert Kunst
Für menschenwürdige Pflege sind wir alle verantwortlich! - Dazu finde ich immer wieder gute Informationen unter http://www.wernerschell.de

PflegeCologne
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Wechsel suprapubischer Blasenkatheter .... ja

Beitrag von PflegeCologne » 05.10.2011, 12:50

Hallo,
mit Herbert bin ich der Meinung, dass der angesprochene Katheterwechsel als übertragbare Tätigkeit infrage kommt. Die Delegationsgrundsätze beschreiben das Prinzip der möglichen Delegation:
http://www.wernerschell.de/Rechtsalmana ... gation.php
Im Übrigen sind auch die „Richtlinien der Häuslichen Krankenpflege“ als Handlungsgrundlage anzusehen.
Wer sich als Pflegekraft nicht imstande sieht, die Maßnahme ordentlich auszuführen, muss sich ggf. verweigern.
Lb Grüße
Pflege Cologne
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wuniish
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Beitrag von wuniish » 05.10.2011, 14:01

Vielen Dank für die schnellen Antworten.

Verstehe ich das richtig, dass der Wechsel eines suprapubischen Blasenkatheters einer "normalen" Versorgung u. dem Wechsel eines transurethraler Katheters gleichzusetzen ist und damit grundsätzlich an Pflegefachkräfte delegationsfähig ist und keinem Arztvorbehalt unterliegt?

Hintergrund meiner Fragestellung ist ein Verbesserungsvorschlag des MDK im Rahmen einer Qualtitätsprüfung unseres amb. Pflegedienstes.

Vielen Dank nochmals.

Lutz Barth
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Zurückhaltung ist geboten!

Beitrag von Lutz Barth » 05.10.2011, 16:22

Mit Verlaub: Das Problem wird hier aus sozialversicherungsrechtlicher Persepktive beleuchtet, wobei darauf hinzuweisen ist, dass der Wechsel eines suprapubischen Katheters weiter als eine ärztliche Leistung qualifiziert ist und demzufolge zu Lasten der KV abzurechnen ist.

Hiervon zu unterscheiden ist die zivilrechtliche Haftungsproblematik und ggf. die strafrechtliche Verantwortlichkeit.

Entgegen der Auffassung etwa von H. Böhme ist nicht "alles erlaubt, was nicht gesetzlich verboten ist", so dass diesbezüglich Risiken offen zu benennen sind, die mit der Delegation "ärztlicher Tätigkeiten" auf das Pflegepersonal (zumal auf solches in stationären Pflegeeinrichtungen) nach wie vor verbunden sind.

Vor einer "Gleichsetzung" der verschiedenen Möglichkeiten resp. Formen der Katheterversorgung mit Blick auf die damit verbundenen Rechtsfolgen darf gerade nicht ausgegangen werden.

Ob in absehbarer Zeit eine neue rechtsqualitative Bewertung vorzunehmen ist, hängt maßgeblich davon ab, wie sich der G-BA hinsichtlich der "übertragbaren ärztlichen Aufgaben" positionieren wird, auch wenn "faktisch" die verschiedenen ärztlichen Tätigkeiten schon in der Praxis von den Pflegekräften wahrgenommen werden.

Nach Jahren endloser Debatten über die "Delegationsfragen" wird man/frau darauf drängen und beharren müssen, dass hierzu demnächst aus Gründen der Transparenz und vor allem der gebotenen Rechtssicherheit eindeutige Regelungen erlassen werden, die dann einstweilen verbindlich sind und zwar jeweils bezogen auf die unterschiedlichen Versorgungssektoren.
Wir vertreten nicht immer die herrschende Lehre!

thorstein
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Beitrag von thorstein » 05.10.2011, 17:04

Ensprechend dieser Quelle wäre der Wechsel delegierbar:

http://www.kbv.de/wordpress/wp-content/ ... tungen.pdf

Wie belastbar solch eine Information ist, sei dahingestellt.

Faktisch wird es aber in einigen Einrichtungen und ambulanten Diensten delegiert. Das ergibt sich schon aus dem meiner Ansicht nach dramatischen Mangel an Urologen, die bereit sind Hausbesuche zu machen.

PflegeCologne
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Katheterwechsel durch Pflegefachkraft

Beitrag von PflegeCologne » 06.10.2011, 07:34

Guten Morgen,
natürlich ist die hier angesprochene Tätigkeit eine ärztliche Aufgaben. Sie darf aber unter den bereits näher beschriebenen Voraussetzungen vom Arzt übertragen werden. Wenn auch darüber vielfach unterschiedliche Auffassungen vertreten werden, rechtlich und tatsächlich ist das so.
Natürlich kann man aus berufsrechtlichen Aspekten dagegen sein nach dem Motto: Ärzte sollen ihre Aufgaben selbst erledigen.
Man darf auch haftungsrechtliche Fragen ansprechen. Insoweit wäre eine Haftpflichtabsicherung sinnvoll. ....
MfG Pflege Cologne
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Lutz Barth
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Beitrag von Lutz Barth » 06.10.2011, 14:53

Natürlich kann man aus berufsrechtlichen Aspekten dagegen sein nach dem Motto: Ärzte sollen ihre Aufgaben selbst erledigen.
...und genau dies ist der springende Punkt, so dass eigentlich der Hinweis (im Übrigen auch gebetsmühlenartig vom Pflegerechtler H. Böhme vorgetragen), ggf. für einen ausreichenden Versicherungsschutz Sorge zu leisten, das dahinterstehende Problem nicht (!) klärt.

Thorstein hat einen Literaturhinweis erteilt, der in seiner Komplexität gewertet werden muss. Im Einzelfall mag die Katherisierung mit dem hier einschlägigen Verfahren der Delegation zugänglich sein, wenngleich sich die Haftungsrisiken aus organisationsrechtlicher Sicht ergeben( vgl. auf dem von Thorstein angegebenen Link die Seite 40).

Entscheidend sind die "Rechtsbeziehungen" zwischen dem Arzt und dem externen Personal und die damit verbundenen Delegationsvoraussetzungen! Haftungsfolgen müssen also angesprochen werden, auch wenn im konkreten Einzelfall ggf. die Delegation zulässig wäre.

Überdies liegt gerade in der kritiklosen Übernahme von ärztlichen Aufgaben des externen (!) Arztes zu Teilen auch der "Pflegenotstand" begründet! Diese Tendenz wurde u.a. durch namhafte Pflegerechtler geradezu befördert, in dem diese die Mitarbeit bei Diagnostik und Therapie des externen Arztes zu "Pflichtaufgaben" des Pflegepersonals vor allem in stationären Einrichtungen deklariert haben. Hierüber gegenwärtig erneut Klage zu führen, macht erkennbar keinen Sinn, denn zwischenzeitlich ist die Debatte vorangeschritten und so denn der G-BA will, werden künftig bestimmte ärztliche Tätigkeiten substituiert werden, will heißen, die Pflegekräfte haften dann vollumfänglich, vorbehaltlich einer Haftung durch den Träger.
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Nachgeliefert...

Beitrag von Lutz Barth » 06.10.2011, 15:21

Dazu passt die aktuelle Mitteilung in der Ärzte Zeitung:

Grüne: Aufgaben für Ärzte, Pfleger und Co. neu verteilen

Quelle: Ärzte Zeitung v. 06.10.11 >>> http://www.aerztezeitung.de/politik_ges ... sid=673264 <<< (html)

Die "Pflege" ist irgendwann einmal angekommen und befinden sich dann tatsächlich auf gleicher Augenhöhe mit der verfassten Ärzteschaft, ganz ohne Medizinstudium. Dass ist eine imposante Entwicklung und eigentlich ein "Vertrauensbeweis" in die Kompetenz der Gesundheitsfachberufe, ohne die eine Patientensicherheit wohl nicht mehr gewährleistet ist. Also, von mangelnder Wertschätzung kann derzeit wohl keine Rede sein und die beruflich Pflegenden können erhobenen Hauptes über die Station huschen und es ist dann nur noch eine Frage der Zeit, wann die Ärzte sich an den wehenden Kittel der Schwestern und Pfleger heften, um an der nächsten Visite teilnehmen zu können. :wink:
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Keine Substitution (!?) ärztlicher leistungen

Beitrag von Lutz Barth » 06.10.2011, 15:27

Montgomery: Kooperation und Delegation gegen Versorgungsdefizite – Facharztstandard muss Patientenrecht bleiben

Quelle: BÄK, Mitteilung v. 06.10.11 >>> http://www.bundesaerztekammer.de/page.a ... .9826.9827 <<< (html)


Kurze Anmerkung (L. Barth, 06.10.11):

Es ist nachhaltig zu begrüßen, dass die BÄK die Substitution ärztlicher Tätigkeit und die Lockerung des Arztvorbehaltes für Diagnostik und Therapie im Interesse von Patientensicherheit, Versorgungsqualität und Rechtssicherheit strikt ablehnt.
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Arztvorbehalt für Diagnostik und Therapie

Beitrag von Presse » 07.10.2011, 06:38

Bundesärztekammer pocht auf Facharztstandard
Berlin – Bei allen Konzepten gegen den Ärztemangel muss gewährleistet sein, dass die Patienten eine Betreuung auf Facharztniveau erhalten. Das hat die Bundesärztekammer (BÄK) betont. „Die Substitution ärztlicher Tätigkeit und die Lockerung des Arztvorbehaltes für Diagnostik und Therapie lehnen wir im Interesse von Patientensicherheit, Versorgungsqualität und Rechtssicherheit strikt ab“, sagte deren Präsident Frank Ulrich Montgomery am Donnerstag.
Zwar sei es in Zeiten des Ärztemangels und des steigenden Versorgungsbedarfs wichtig, dass Ärzte eng mit nicht-ärztlichen Gesundheitsberufen zusammenarbeiteten. Das dürfe aber nicht auf Kosten der Behandlungsqualität gehen.
...
http://www.aerzteblatt.de/nachrichten/4 ... andard.htm

Deutsches Ärzteblatt print
Nichtärztliche Fachberufe im Krankenhaus: Hilfe oder Konkurrenz?
http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/art ... p?id=70612

Ärzteschaft und Pflege brauchen Dialog
Im Bundesausschuss steht eine Entscheidung über die künftige Kooperation zwischen Ärzten und Pflegern an. Der Deutsche Pflegerat mahnt zu konstruktivem Dialog. mehr »
http://www.aerztezeitung.de/nl/?sid=673 ... ege&n=1405

Siehe auch unter
viewtopic.php?t=15623

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