Landesärztekammer lehnt Modellprojekt in Kaiserslautern ab:
Ärztliche Tätigkeit braucht auch ärztliche Kompetenz und Verantwortung
Mainz. Mit Verweis auf Kostendruck und Ärzteknappheit sollen in den Krankenhäusern die Aufgaben im ärztlichen Dienst neu geordnet werden. Sogar der Ersatz (Substitution) ärztlicher Leistungen soll erprobt werden. Doch werden tatsächlich ärztliche Tätigkeiten auf minder-qualifiziertes Personal übertragen, so drohen ernste Qualitätseinbußen.
Davor warnt die Landesärztekammer Rheinland-Pfalz eindringlich und lehnt in diesem Zusammenhang ein Projekt ab, das derzeit modellhaft erprobt werden soll. „Kostendruck und Mangel dürfen nicht dazu führen, dass ärztliche Leistungen von nicht-ärztlichen Mitarbeitern erbracht werden“, kritisiert der Präsident der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz Professor Dr. Frieder Hessenauer diese Pläne aufs Schärfste.
Das rheinland-pfälzische Gesundheitsministerium hat kürzlich das Projekt „Aufgabenneuverteilung im Krankenhaus“ gestartet. Eines dieser Modelle findet im Westpfalz-Klinikum am Standort Kaiserslautern in der Nephrologie statt. Hier soll das Pflegepersonal nicht mehr ausschließlich unter ärztlicher Aufsicht eingesetzt werden, sondern in bestimmten Bereichen eigenständig anstelle des Arztes handeln. Als Innovationen sind vorgesehen: Anamneseerhebung; ausgewählte Therapien anhand von Behandlungsplänen sowie Verlaufskontrolle und Ergebnissicherung dieser Therapie; Übernahme der täglichen Visite; Anordnung, Durchführung und Bewertung von Laboruntersuchungen; körperliche Untersuchungen und Festlegung des Entlassungszeitpunktes. Der Arzt wird erst bei abweichenden Verläufen hinzugezogen.
Diesen „Ausverkauf ureigener ärztlicher Leistungen“ lehnt die Landesärztekammer entschieden ab. Hessenauer: „Unter dem Deckmantel angeblicher Entlastung des ärztlichen Dienstes wird hier massiv in ärztliche Verantwortung eingegriffen!“ Der Kammer-Präsident: „Doch Qualität und Sicherheit der Patientenversorgung stehen für uns ganz oben und dürfen durch solche Pläne nicht in Gefahr gebracht werden!“
Entlastung des ärztlichen Dienstes sei zwar nötig, doch nur bei den vielen nicht-ärztlichen Aufgaben, die Ärztinnen und Ärzte in den vergangenen Jahren immer noch zusätzlich aufgebürdet bekommen haben, und die mit dem ärztlichen Beruf nichts zu tun haben.
Das sieht das Modell in Kaiserslautern jedoch nicht vor und geht nun ganz andere Wege der Arbeitsumgestaltung. Dies bringt auch massive juristische Haftungsprobleme mit sich. Hessenauer: „Wer verantwortet Therapie und Behandlung, wenn der Arzt erst dann verständigt und hinzugezogen wird, wenn er sozusagen den entgleisten Zug wieder aufs Gleis heben soll?“
Ganz besonders kritisch sieht die Ärztekammer die Absichten einer anderen Krankenhausstation außerhalb dieses Modellversuchs, auf der nicht-ärztliches, besonders ausgebildetes Personal Ultraschalluntersuchungen wie Doppleruntersuchungen der Halsschlagader durchführen soll.
Und noch einen Aspekt sieht die Landesärztekammer: Wenn wie im Projekt vorgesehen, regelmäßige stationäre ärztliche Betreuung nicht nötig ist, so müsste die Versorgung auch nicht im Krankenhaus erfolgen, sondern könnte ambulant organisiert werden. Ansonsten müssten Kliniken sich aus Kostengründen auch die Kassenprüfung gefallen lassen, ob in diesen Fällen nicht womöglich Patienten fälschlicherweise im Krankenhaus behandelt worden seien, so Hessenauer.
Kurzum: Modellversuche, die auf Arztersatz und Aufweichung des Facharztstandards in Diagnostik und Therapie hinauslaufen, darf es nicht geben. Es muss keine neue Versorgungsebene geschaffen werden. Somit wehren sich Ärztinnen und Ärzte entschieden gegen den Ersatz ärztlicher Leistung durch minder-qualifiziertes Personal. Delegationsmöglichkeiten von arztfremden Arbeiten sind jedoch ausbaufähig – aber nur unter der therapeutischen Gesamtverantwortung des Arztes. Dies fördert sogar die Konzentration auf ärztliche Kernkompetenzen.
Für die Weiterentwicklung von Delegationsideen ist die Landesärztekammer immer bereit. Allerdings nur unter der Maxime: Delegation Ja, Substitution Nein!
Quelle: Pressemitteilung vom 3.2.2010
Landesärztekammer Rheinland-Pfalz
Postfach 29 26
55019 Mainz
http://www.laek-rlp.de/presse/pressemit ... c51f01.php
Ärztliche Tätigkeit braucht auch ärztliche Kompetenz ....
Moderator: WernerSchell