Klinik haftet für tödliche Bakterieninfektion
Verfasst: 06.09.2008, 10:32
Klinik haftet für tödliche Bakterieninfektion
Urteil des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 03.12.2002 ( 5 U 100/00 )
Am 03.12.2002 verurteilte der für Arzthaftungssachen zuständige 5. Zivilsenat des OLG Oldenburg die städtische Klinik in D. zu Schadensersatz dem Grunde nach, weil die Klinik den Tod einer Patientin verschuldet habe. Der Senat gab damit der Klage der Hinterblieben, nämlich des 5-jährigen Sohnes und des 35-jährigen Ehemannes der Verstorbenen, statt und änderte ein anderslautendes Urteil des Landgerichts Oldenburg. Zur Verhandlung über die Höhe des Schadensersatzes verwies das OLG die Sache an das Landgericht zurück.
Die 29-Jährige Frau aus der Wesermarsch hatte sich im März 1997 zur Entbindung in die städtischen Kliniken in D. begeben. Nach einer Kaiserschnittentbindung am 09.03.1997 wurde bei ihr eine sog. Streptokokkeninfektion festgestellt, die schließlich im Juni 1997 zu ihrem Tode führte.
Wie sich nachträglich herausstellte, war sowohl bei der Kaiserschnittentbindung wie auch bei einer zwei Tage später erfolgenden Revisionsoperation ein Operationshelfer eingesetzt, der mit Streptokokken infiziert war. Dieser war allerdings erst Wochen zuvor ergebnislos auf die-se Bakterien untersucht worden.
Es waren nämlich bereits im Dezember des Vorjahres und dann erneut im Februar 1997 in der Klinik mehrere derartiger Infektionsfälle aufgetreten. In diesem Zusammenhang hatte man den Operationshelfer zuvor als Träger der Bakterien erkannt und aus dem OP-Team genommen. Nach einer Penicillin-Therapie und drei negativen Kontrolluntersuchungen in Form von Rachenabstrichen hatte der OP-Helfer dann 3 Wochen vor der fraglichen Operation seinen Dienst wieder angetreten.
Das Landgericht Oldenburg hatte die Klage u.a. mit dem Argument abgewiesen, diese Vorgehensweise der Klinik entspreche dem ärztlichen Standard. Es sei nicht zu beanstanden, den OP-Helfer nach entsprechender Therapie und dreifach negativer Kontrolluntersuchung wieder einzusetzen. Die Kläger hätten im übrigen nicht beweisen können, dass sich die Be-klagte tatsächlich bei jenem OP-Helfer angesteckt habe.
Demgegenüber hat der 5. Senat des OLG einen groben Behandlungsfehler der Klinikleitung darin gesehen, dass diese nicht bereits bei Auftreten der ersten Infektionen im Dezember 1996 bzw. Februar 1997 alle Chefärzte der Klinik über die Infektionen informiert hatte. Wie sich nämlich herausstellte, hatte die Klinikleitung zwar die Untersuchung der in Frage kommenden OP-Helfer veranlasst, den Umstand, dass wiederholt Streptokokkeninfektionen aufgetreten waren, aber nicht weiter bekannt gemacht, auch nicht der Frauenklinik. Dieser Umstand und der weitere Punkt, dass die Klinikleitung auch bei Auftreten eines weiteren positiven Befundes am 07.03.1997 nicht reagierte und weder die Ärzte informierte noch entschiedene krankenhaushygienische Maßnahmen einleitete, rechtfertige es, dieses Verhalten insgesamt als grob fehlerhaft zu bezeichnen. Die Einstufung als grober Behandlungsfehler führe im übrigen zu einer Umkehr der Beweislast: Nicht die Kläger müßten beweisen, dass sich die Verstorbene beim OP-Helfer angesteckt habe, sondern die Klinik müsse den Entlas-tungsbeweis führen. Dies sei ihr nicht gelungen. Daher schulde sie grundsätzlich Schadensersatz.
Die dazugehörige Entscheidung können Sie hier online abrufen.
http://app.olg-ol.niedersachsen.de/efun ... 145&ident=
Dr. Oehlers
-Pressesprecher-
Quelle: Pressemitteilung vom 30. Dezember 2002
Oberlandesgericht Oldenburg
Richard-Wagner-Platz 1 - Telefon: 0441/220 - 1163
26135 Oldenburg
Urteil des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 03.12.2002 ( 5 U 100/00 )
Am 03.12.2002 verurteilte der für Arzthaftungssachen zuständige 5. Zivilsenat des OLG Oldenburg die städtische Klinik in D. zu Schadensersatz dem Grunde nach, weil die Klinik den Tod einer Patientin verschuldet habe. Der Senat gab damit der Klage der Hinterblieben, nämlich des 5-jährigen Sohnes und des 35-jährigen Ehemannes der Verstorbenen, statt und änderte ein anderslautendes Urteil des Landgerichts Oldenburg. Zur Verhandlung über die Höhe des Schadensersatzes verwies das OLG die Sache an das Landgericht zurück.
Die 29-Jährige Frau aus der Wesermarsch hatte sich im März 1997 zur Entbindung in die städtischen Kliniken in D. begeben. Nach einer Kaiserschnittentbindung am 09.03.1997 wurde bei ihr eine sog. Streptokokkeninfektion festgestellt, die schließlich im Juni 1997 zu ihrem Tode führte.
Wie sich nachträglich herausstellte, war sowohl bei der Kaiserschnittentbindung wie auch bei einer zwei Tage später erfolgenden Revisionsoperation ein Operationshelfer eingesetzt, der mit Streptokokken infiziert war. Dieser war allerdings erst Wochen zuvor ergebnislos auf die-se Bakterien untersucht worden.
Es waren nämlich bereits im Dezember des Vorjahres und dann erneut im Februar 1997 in der Klinik mehrere derartiger Infektionsfälle aufgetreten. In diesem Zusammenhang hatte man den Operationshelfer zuvor als Träger der Bakterien erkannt und aus dem OP-Team genommen. Nach einer Penicillin-Therapie und drei negativen Kontrolluntersuchungen in Form von Rachenabstrichen hatte der OP-Helfer dann 3 Wochen vor der fraglichen Operation seinen Dienst wieder angetreten.
Das Landgericht Oldenburg hatte die Klage u.a. mit dem Argument abgewiesen, diese Vorgehensweise der Klinik entspreche dem ärztlichen Standard. Es sei nicht zu beanstanden, den OP-Helfer nach entsprechender Therapie und dreifach negativer Kontrolluntersuchung wieder einzusetzen. Die Kläger hätten im übrigen nicht beweisen können, dass sich die Be-klagte tatsächlich bei jenem OP-Helfer angesteckt habe.
Demgegenüber hat der 5. Senat des OLG einen groben Behandlungsfehler der Klinikleitung darin gesehen, dass diese nicht bereits bei Auftreten der ersten Infektionen im Dezember 1996 bzw. Februar 1997 alle Chefärzte der Klinik über die Infektionen informiert hatte. Wie sich nämlich herausstellte, hatte die Klinikleitung zwar die Untersuchung der in Frage kommenden OP-Helfer veranlasst, den Umstand, dass wiederholt Streptokokkeninfektionen aufgetreten waren, aber nicht weiter bekannt gemacht, auch nicht der Frauenklinik. Dieser Umstand und der weitere Punkt, dass die Klinikleitung auch bei Auftreten eines weiteren positiven Befundes am 07.03.1997 nicht reagierte und weder die Ärzte informierte noch entschiedene krankenhaushygienische Maßnahmen einleitete, rechtfertige es, dieses Verhalten insgesamt als grob fehlerhaft zu bezeichnen. Die Einstufung als grober Behandlungsfehler führe im übrigen zu einer Umkehr der Beweislast: Nicht die Kläger müßten beweisen, dass sich die Verstorbene beim OP-Helfer angesteckt habe, sondern die Klinik müsse den Entlas-tungsbeweis führen. Dies sei ihr nicht gelungen. Daher schulde sie grundsätzlich Schadensersatz.
Die dazugehörige Entscheidung können Sie hier online abrufen.
http://app.olg-ol.niedersachsen.de/efun ... 145&ident=
Dr. Oehlers
-Pressesprecher-
Quelle: Pressemitteilung vom 30. Dezember 2002
Oberlandesgericht Oldenburg
Richard-Wagner-Platz 1 - Telefon: 0441/220 - 1163
26135 Oldenburg