"Patientendaten sind keine Handelsware"
Bartmann warnt vor Geschäft mit elektronischen Patientenakten
Die Bundesärztekammer warnt vor einer externen Speicherung von Patientendaten auf zentralen Servern der Industrie im Auftrag der Krankenkassen. „Das hohe Sicherheitsniveau kollektivvertraglicher Regelungen zwischen Krankenkassen und Kassenärztlichen Vereinigungen muss auch in Selektivverträgen gelten“, mahnte Dr. Franz-Joseph Bartmann, Vorsitzender des Ausschusses „Telematik“ der Bundesärztekammer. Es sei zu befürchten, dass dieser Standard in dem Hausarztvertrag, der zurzeit zwischen der AOK Baden-Württemberg, dem Hausärzteverband und dem MEDI Verbund verhandelt wird, unterschritten werde. Denn dabei sei vorgesehen, dass Ärzte zukünftig Patientendaten in von den Krankenkassen finanzierte „persönliche Gesundheitsakten“ einspeisen.
Bartmann wies darauf hin, dass im Gegensatz dazu die rechtlichen Rahmenbedingungen des Gesundheitskarten-Projekts jede kommerzielle Nutzung von Patientendaten ausdrücklich unter Strafe stellten: „Eine Nutzung der Daten der elektronischen Gesundheitskarte durch andere Personen als den Patienten sowie Mitarbeiter der Gesundheitsberufe ist durch Verschlüsselung mit Hilfe der Chipkarte unter Kontrolle des Patienten ausgeschlossen.“
Besorgt äußerte sich der Telematikexperte der Bundesärztekammer auch über eine drohende Kommerzialisierung von elektronischen Patientenakten, wie sie sich jetzt in den USA abzeichnet. So hat der Internet-Konzern Google erste Praxistests seiner Online-Patientenakte „Google Health“ angekündigt. Zwar sollen die Patientendaten der Online-Akte nicht ohne explizite Zustimmung der Patienten weitergegeben oder verkauft werden. Allein die Möglichkeit einer kommerziellen Weiterverwendung aber sei alarmierend. „Wir dürfen nicht zulassen, dass Patientendaten zur Handelsware werden. Diese hochsensiblen Gesundheitsdaten gehören nicht in die Hände von unbefugten Dritten, die in Betracht ziehen, daraus ein Geschäft zu machen“, sagte Bartmann. Auch bei der notwendigen kritischen Auseinandersetzung mit der elektronischen Gesundheitskarte dürften andere Bedrohungen gegenüber den Patientendaten nicht ignoriert werden.
Auf dem 111. Deutschen Ärztetag im Mai dieses Jahres werden die Auswirkungen der Gesundheitstelematik auf das Patient-Arzt-Verhältnis unter einem gesonderten Tagesordnungspunkt diskutiert. „Die Ärzteschaft steht vor der Entscheidung, ob sie den Aufbau einer durch rechtliche Rahmenbedingungen wie auch zertifizierte Sicherheitstechnologie geschützten Telematikinfrastruktur konstruktiv im Sinne der Patienten begleiten will oder ob sie die Implementierung von Telematik im Gesundheitswesen weitgehend Industrieunternehmen überlassen will, deren Geschäftsmodelle offenbar auch den Handel mit Patientendaten mit einbeziehen“, betonte Bartmann.
Quelle: Pressemitteilung vom 18.3.2008
http://www.baek.de/page.asp?his=3.71.5877.6027.6071
Patientendaten sind keine Handelsware
Moderator: WernerSchell