Ärztlich assistierte Suizids gefordert - Ärzte sind Heiler!

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Ärztlich assistierte Suizids gefordert - Ärzte sind Heiler!

Beitrag von Presse » 08.03.2009, 17:10

"Ärzte sind Heiler und Helfer und keine Mechaniker des Todes" - Montgomery zu Forderungen des Medizinrechtlers Taupitz nach Zulassung des ärztlich assistierten Suizids

Berlin - "Assistierter Suizid widerspricht dem ärztlichen Ethos. Kranke Menschen haben einen Anspruch darauf, dass Ärzte ihnen in ihrer Not beistehen und ihr Leiden lindern. Assistierter Suizid aber ist keine ärztliche Aufgabe und darf es auch nicht werden. Wir wollen nicht, dass Ärzte sich an der Tötung von Menschen beteiligen - auch nicht als Gehilfen", kritisierte Dr. Frank-Ulrich Montgomery, Vizepräsident der Bundesärztekammer, Forderungen des Medizinrechtlers Prof. Dr. Jochen Taupitz, das ärztliche Tätigkeitsfeld um die sogenannte Suizidbeihilfe zu erweitern.

Taupitz bestreite mit Recht, dass es einen Zwang zum Leben gebe, befürworte aber zugleich eine Art Automatismus zum Tod. "Taupitz' Überlegungen kommen einer Pflicht zum Sterben gleich, wenn er sagt, dass ein Demenzkranker, der in gesunden Zeiten in einer Patientenverfügung einen Therapieverzicht festgelegt hat, auch dann nicht mehr behandelt werden darf, wenn er - bei offensichtlichem Wohlbefinden - an einer behandelbaren Komplikation erkrankt. Zumal sich der Demenzkranke gegen einen solchen Zwang zum Sterben dann auch nicht mehr wehren kann."

Auch die leichtfertige Behauptung von Taupitz, dass es besser sei, selbstbestimmt zu früh in den Tod zu gehen als fremdbestimmt ewig zu leben, ist mit den Grundsätzen der ärztlichen Ethik unvereinbar und wohl eher juristischer Selbstgefälligkeit geschuldet, die die Skrupel des Lebensmüden auf die Fragen von Selbst- oder Fremdbestimmung allein reduziert. Jeder Suizidversuch, jeder Wunsch nach einem Suizid ist immer auch ein Hilfeschrei. Da muss man handeln und helfen und nicht einfach technokratisch die vermeintliche Forderung nach Selbstbestimmung vollziehen. Denn Ärzte sind Heiler und Helfer und keine Mechaniker des Todes", sagte Montgomery.

Quelle: Pressemitteilung vom 8.3.2009
Pressekontakt: Pressestelle der deutschen Ärzteschaft, 030/400456-700 od. 0172-2142791
http://www.bundesaerztekammer.de/page.a ... .7005.7016

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Ärztliche Assistenz?

Beitrag von Lutz Barth » 09.03.2009, 11:39

Ärztliche Assistenz?

Der vermeintliche Tabubruch des renommierten Medizinrechtlers Taupitz war einerseits nach der Debatte im Deutschen Ethikrat wohl absehbar aber letztlich auch dringend erforderlich.
Die Debatte ist nunmehr eröffnet und es bedarf keiner großen Phopheterie, dass es hier zu leidenschaftlichen Auseinandersetzungen kommen wird.
Insofern blicke ich mit Spannung auf die Tagung am 16.10.09, wo das Thema insgesamt zur Diskussion gestellt wird.
Mehr dazu erfahren Sie auf den Seiten des Veranstalters:
>>> http://www.nursing-health-events.de/ <<<

Lutz Barth
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Ärztliche Assistenz beim Suizid - Tagung am 16.10.09

Beitrag von WernerSchell » 09.03.2009, 11:56

>>> Siehe auch die Ankündigung unter
Ärztliche Assistenz beim Suizid - Tagung am 16.10.09
viewtopic.php?p=41802#41802
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Ärzte sind keine Suizidhelfer

Beitrag von Presse » 09.03.2009, 15:53

Ärzte sind keine Suizidhelfer

Die Landesärztekammer Baden-Württemberg kommentiert aktuelle Medienberichte

Stuttgart, den 9. März 2099 - Nach heutigen Medienberichten schlägt der Mannheimer Medizinrechtler Prof. Jochen Taupiz vor, Ärzte als qualifizierte Suizidhelfer einzusetzen.

Demgegenüber erklärt die Präsidentin der Landesärztekammer Baden-Württemberg, Dr. med. Ulrike Wahl: "Oberstes Gebot ärztlichen Handelns ist die Erhaltung und Wiederherstellung der Gesundheit von Patienten." Es sei ferner ärztlicher Auftrag, Leben zu erhalten, Gesundheit zu schützen, Leiden zu lindern und Sterbenden bis zum Tod beizustehen. "Ein ärztlich assistierter Suizid kommt nach meinem Empfinden der aktiven Sterbehilfe sehr nahe und ist mit unserem ärztlichen Ethos unvereinbar - ganz unabhängig von einer formal-juristischen Betrachtung." Was Prof. Taupitz vorschlage, so die Kammerpräsidentin, suggeriere zwar Selbstbestimmung des Betroffenen, stelle jedoch in Wirklichkeit einen ethischen Dammbruch dar: "Wo wäre die Grenze zur Tötung auf Verlangen?", so Dr. Wahl.

Quelle. Pressemitteilung der Landesärztekammer Baden-Württemberg vom 09.03.2009
https://www.aerztekammer-bw.de/35/01pre ... hilfe.html

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Statement ist wenig überzeugend!

Beitrag von Lutz Barth » 09.03.2009, 18:39

Das Statement der Kammerpräsidentin ist wenig überzeugend, lässt es doch darauf schließen, dass hier die Präsidentin den Grund und die Reichweite des Selbstbestimmungsrechts nachhaltig verkennt. Es geht nicht - wie diese zu suggerieren wohl beabsichtigt - um eine "formale rechtliche Betrachtung", sondern um handfeste Dogmatik.

Insofern ist nachhaltig zu begrüßen, dass Jochen Taupitz mit seinem Statement die Debatte eröffnet hat.

In diesem Zusammenhang wird freilich auch zu erörtern sein, ob und in welchem Umfange dem Standesethos eine Bedeutung beizumessen ist. Es streiten gute Gründe dafür, dass das Recht nicht allgemeinhin das übernimmt, was die Ärzteschaft für sich als verbindlich erachtet. Hierauf hat der Unterzeichnende mehrfach in seinen kritischen Beiträgen hingewiesen und mir ist völlig klar, dass allein die "These" zu nachhaltige Irritationen bei der verfassten Ärzteschaft, hier wohl aber in erster Linie bei den Funktionären, führen muss.

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Montgomery ausmustern

Beitrag von enno » 09.03.2009, 23:13

montgomery gehört nach meiner meinung in die ausgemustert. er will nur vorteile haben, das menschliche leid interessiert ihm nicht. er gehört zu den halbgöttern in weis, dennen es nur um macht und anerkennung geht.
mfg enno

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Verbot der Suizidbeihilfe gefordert

Beitrag von Presse » 11.03.2009, 06:44

Medizinethiker fordert gesetzliches Verbot der Suizidbeihilfe

Mannheim – Der Mannheimer Medizinethiker Axel W. Bauer hat sich dafür ausgesprochen, Suizidbeihilfe in Deutschland generell unter Strafe zu stellen. Als Beispiel könne das österreichische Strafrecht dienen, wonach bei der Mitwirkung an einer Selbsttötung eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren drohe, sagte das Mitglied des Deutschen Ethikrats dem „Mannheimer Morgen“ vom Dienstag.

... (mehr)
http://www.aerzteblatt.de/v4/news/news.asp?id=35746

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Die Patientenverfügung ist nur ein Indiz

Beitrag von Service » 11.03.2009, 08:41

Sehr geehrte Damen und Herren,

nachdem ein süddeutscher Rechtsprofessor im Spiegel Ärzte zur Beihilfe zum Suizid aufgefordert hat gibt es neue Stimmen in der Diskussion um Sterbebegleitung und die gesetzliche Regelung des Patientenwillens.
Der Kölner Ethiker Prof. Dr. Wolfgang M. Heffels bezeichnet die Patientenverfügung lediglich als ein Indiz für die Entscheidungsfindung und sieht die Verantwortung in jedem Fall bei den handelnden Ärzten. Diese Situation sei auch durch neue gesetzliche Regelungen nicht zu vereinfachen. Prof. Heffels wird diese These auch auf dem JuraHealth Congress 2009 in Berlin erläutern. Zwei Tage lang sprechen dort Politiker, Juristen, Ethiker, Mediziner und Pflegewissenschaftler über Fragen der Patientenautonomie.

Lesen Sie dazu im Anhang und untenstehend unsere aktuelle Presseinformation.
Für Rückfragen und weitere Informationen stehe ich jederzeit gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen
_________________________________
Martin v. Berswordt-Wallrabe
- Geschäftsführer -
CareEffects - Informationstransfer für Pflege und Gesundheitswirtschaft
Friedrichstraße 90
10117 Berlin
Telefon 030 / 2025 3573
Telefax 030 / 2025 3333
http://www.careeffects.de
Geschäftsführer: Albert Okoniewski, Martin v. Berswordt-Wallrabe
Amtsgericht Berlin-Charlottenburg HRB 116339


Pressemitteilung
Berlin, 11. März 2009


"Die Patientenverfügung ist nur ein Indiz"
Kölner Ethikprofessor Dr. Wolfgang M. Heffels sieht die Verantwortung stets bei den handelnden Ärzten


Kontroverse Diskussionen zum Umgang mit dem Patientenwillen erwarten die Besucher auf dem JuraHealth Congress 2009 im Mai in Berlin. Als Referent spricht auch Prof. Dr. Wolfgang M. Heffels, der in der Patientenverfügung nur einen Mosaikstein bei der Suche nach einer Entscheidung im Sinne des Betroffenen sieht.

Die aktuellen Überlegungen um die gesetzliche Regelung von Patientenverfügungen setzen an der falschen Stelle an, meint der Kölner Ethiker Prof. Dr. Wolfgang M. Heffels von der Katholischen Hochschule NRW und klagt über eine "Trivialisierung der Diskussion". Ganz gleich auf welchem Wege ein schriftlich fixierter Patientenwille niedergelegt wurde, stelle er stets nur eine spekulative Äußerung des Betroffenen über seine mögliche Entscheidung in der letztendlichen Krankheitssituation dar. "Es ist ethisch nicht vertretbar, den Handelnden, also Ärzten und nahen Angehörigen, durch juristische Konstruktionen die Verantwortung zu nehmen", so Prof. Heffels. Sie müssten in der Situation jeweils entscheiden, ob die schriftlichen Handlungsanweisungen in der Patientenverfügung mutmaßlich dem tatsächlichen Willen des Betroffenen entsprechen oder ob es daran berechtigte Zweifel gibt. Die aktuelle juristische Diskussion führe also am Kern des Problems vorbei und sei von Praktikern nicht mehr nachvollziehbar. "Eine gesetzliche Regelung nimmt die Ethik aus der Entscheidung", kritisiert Prof. Heffels und wird diese Thesen am 14. Mai beim JuraHealth Congress in der Berliner Urania ausführen.

Neben der pflegewissenschaftlichen Perspektive geht es auf dem JuraHealth Congress 2009 vor allem um die juristische und ethische Sicht auf den Umgang mit Patientenwillen. In ihrer Eröffnungsrede wird Bundesjustizministerin Brigitte Zypries die kurz zuvor erwartete Entscheidung des Deutschen Bundestages zur Zukunft der Patientenverfügungen kommentieren. Mit der Vorsitzenden Richterin Frau Dr. Meo-Micaela Hahne vom Bundesgerichtshof spricht zudem eine Juristin, die zahlreiche wegweisende Urteile in dieser Frage verantwortet.

Als einer der führenden niederländischen Geistlichen und renommierter Medizinethiker erörtert Erzbischof Willem Jacobus Eijk aus Utrecht zentrale Thesen zu ethischen Entscheidungen im Umgang mit sterbenden Menschen und zur Bedeutung des Patientenwillens.

Als wichtiger Congress der Pflegebranche greift der JHC 2009 in Berlin selbstverständlich auch den jüngst vorgelegten Expertenstandard zur Ernährung auf, der in der Urania im direkten Dialog von Pflegewissenschaft und Kostenträgern diskutiert wird. Gerade im Bereich der künstlichen Ernährung gilt es immer wieder, den Patientenwillen zu achten und einzuschätzen. Zur Sicht der Betroffenen äußert sich die Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Frau Staatssekretärin Helga Kühn-Mengel.

Flankiert wird das hochkarätige Vortragsprogramm durch begleitende Workshops und Diskussionen sowie eine Fachausstellung. Alle Informationen zum JuraHealth Congress 2009 sowie der vollständige Ablauf der beiden Congresstage sind auf der Internetseite http://www.jurahealth-congress.de zu finden.

Weitere Informationen für Teilnehmer und Anmeldung unter 0221 / 95 15 84-0 oder http://www.jurahealth-congress.de

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Sterbehilfe - Der Streit um den selbstbestimmten Tod

Beitrag von WernerSchell » 11.03.2009, 08:48

TV-Tipp
viewtopic.php?t=11278

18.03.2009, 00.00 - 00.45 Uhr, ARD

Sterbehilfe
Der Streit um den selbstbestimmten Tod


Film von Liz Wieskerstrauch

Seit drei Jahren liegt die Mutter von Urs F. nach einem Suizidversuch im Koma. Sie hat einen Abschiedsbrief geschrieben und in ihm ausdrücklich alle lebensverlängernden Maßnahmen abgelehnt. Doch weil keine Patientenverfügung von ihr vorliegt, wird sie am Leben erhalten, vielleicht noch 30 Jahre. Der Sohn ist auf der Suche nach Wegen, der Mutter das Sterben zu ermöglichen. Ein 60-jähriger ALS-Kranker will dem befürchteten Erstickungstod zuvorkommen und bittet seine Frau, ihm beim Suizid zu helfen. Eine Mutter tötet ihren Sohn, der seit neun Jahren im Wachkoma liegt und nicht mehr leben will. In all diesen Beispielen geht es um Sterbehilfe, um passive oder aktive, um indirekte oder direkte. Wann ist welche Art der Sterbehilfe sinnvoll und möglich? Was ist erlaubt, was verboten? Die Verwirrung ist groß, sogar bei Ärzten und Juristen. Dabei ist auch nach dem aktuellen Gesetz viel mehr möglich, als angenommen wird.

Quelle: ARD - Programmhinweis
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
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„Trivialisierung“ der Diskussion? Unhaltbarer Vorwurf!

Beitrag von Lutz Barth » 11.03.2009, 10:22

An welche Adresse dieser Vorwurf des Kölner Ethikers Prof. Dr. Wolfgang M. Heffels von der Katholischen Hochschule NRW auch immer gerichtet sein mag, offenbart dieser doch letztlich das Kernproblem in der bisherige Debatte um die Patientenverfügung: Gegenwartsethiker schwingen sich auf, ihre spezifische Philosophie vom Wert des Selbstbestimmungsrechts und damit dem schriftlich fixierten Willen kunstvoll zu entfalten und damit wird schlicht und ergreifend die zwingend gebotene Verfassungsinterpretation als eine Alltagsphilosophie verstanden, in der das zentrale Freiheitsrecht vollständig seiner Bestimmung und Inhalte „beraubt“ wird. In der Tat ist eine zunehmende Trivialisierung in der Debatte zu beobachten, kommen doch die Philosophen und so manche Ethiker scheinbar ganz ohne eine fundierte Exegese der einschlägigen verfassungsrechtlichen Bestimmungen aus. Die logische Folge besteht dann in der nicht haltbaren und im Übrigen scharf zu kritisierende These des Kölner Ethikers, dass die juristische Diskussion „am Kern des Problems“ vorbeiführe und von den Praktikern nicht mehr nachvollziehbar sei. Hier ist zu differenzieren zwischen der Notwendigkeit, für mehr Transparenz und Rechtssicherheit für die Praxis zu sorgen und einem intraprofessionellen Dialog, in dem die Rechtswissenschaftler mit Blick auf die mit der Patientenverfügung gebotenen Fragen eine rechtswissenschaftlich geforderte dogmatische Diskussion führen.

Da kann es natürlich sein, dass der eine oder andere ein wenig in der Diskussion mit der Fülle grundrechts(theoretischer) Sichtweisen überfordern zu sein scheint – aber mit Verlaub: die Rechtswissenschaftler identifizieren ebenso wie die Ethiker ihre Problemfelder zunächst im intraprofessionellen Bereich und da wird es wohl wenig zielführend sein, wenn die Rechtswissenschaftler ihren Horizont an dem der Ethiker – gleich welcher Konfession – in einem säkularem Verfassungsstaat ausrichten, geschweige denn hierauf „verpflichtet werden“. Rechtswissenschaft – und hier allen voran die Verfassungsrechtswissenschaft -bedeutet ein stückweit mehr als das Ansinnen, gelegentlich einen Blick in die berühmte Glaskugel zu werfen!

Die These des Kölner Ethikers ist unhaltbar und dürfte insofern geradezu paradigmatisch für die von ihm selbst gerügte „Trivialisierung“ stehen.

Wir nehmen dieses Statement zum Anlass, diesbezüglich einen weiteren Blog im Web zu etablieren, weil durchaus die Befürchtung ansteht, dass der „Glaubenskampf“ um das selbstverständliche Selbstbestimmungsrecht mit unverminderter Härte weiter geführt wird.

Lutz Barth, 11.03.09
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Taupitz fordert Ärzte zur Suizidbeihilfe auf

Beitrag von Service » 15.03.2009, 14:52

Schlechter Rat: Ethikrat-Mitglied Taupitz fordert Aerzte zur Suizidbeihilfe auf

Mannheim / Berlin (ALfA). Der Mannheimer Medizinrechtler Jochen Taupitz, Mitglied des Deutschen Ethikrates, hat in einem Gespraech mit dem Nachrichtenmagazin "Spiegel" Aerzte aufgefordert, als Suizidhelfer taetig zu werden. Aerzte seien fuer diese Aufgabe besonders gut qualifiziert, da sie wuessten, wie man Medikamente richtig dosiert. Menschen mit schweren koerperlichen Leiden haetten gute Gruende, aus dem Leben zu scheiden, erklaerte Taupitz. Nichts sei schlimmer als ein misslungener Suizid, so das Ethikrat-Mitglied zur Begruendung fuer den Vorschlag. Aus juristischer Sicht spreche nichts gegen eine Unterstuetzung durch Aerzte, da Suizid und Beihilfe zum Suizid nicht strafbar seien. Auch im Berufsrecht gebe es "keine Regel, die den Aerzten die Suizidhilfe verbietet".

Scharfe Kritik an der Forderung des Medizinrechtlers, das aerztliche Taetigkeitsfeld um die sogenannte Suizidbeihilfe zu erweitern, uebte der Vizepraesident der Bundesaerztekammer, Dr. Frank-Ulrich Montgomery. "Assistierter Suizid widerspricht dem aerztlichen Ethos. Kranke Menschen haben einen Anspruch darauf, dass Aerzte ihnen in ihrer Not beistehen und ihr Leiden lindern. Assistierter Suizid aber ist keine aerztliche Aufgabe und darf es auch nicht werden. Wir wollen nicht, dass Aerzte sich an der Toetung von Menschen beteiligen - auch nicht als Gehilfen", kritisierte er in einer Pressemitteilung vom 8. Maerz. Taupitz bestreite mit Recht, dass es einen Zwang zum Leben gebe, befuerworte aber zugleich eine Art Automatismus zum Tod. "Taupitz' Ueberlegungen kommen einer Pflicht zum Sterben gleich, wenn er sagt, dass ein Demenzkranker, der in gesunden Zeiten in einer Patientenverfuegung einen Therapieverzicht festgelegt hat, auch dann nicht mehr behandelt werden darf, wenn er - bei offensichtlichem Wohlbefinden - an einer behandelbaren Komplikation erkrankt. Zumal sich der Demenzkranke gegen einen solchen Zwang zum Sterben dann auch nicht mehr wehren kann", so der stellvertretende Aerztekammerpraesident.

"Auch die leichtfertige Behauptung von Taupitz, dass es besser sei, selbstbestimmt zu frueh in den Tod zu gehen als fremdbestimmt ewig zu leben, ist mit den Grundsaetzen der aerztlichen Ethik unvereinbar und wohl eher juristischer Selbstgefaelligkeit geschuldet, die die Skrupel des Lebensmueden auf die Fragen von Selbst- oder Fremdbestimmung allein reduziert", sagte Montgomery. "Jeder Suizidversuch, jeder Wunsch nach einem Suizid sei immer auch ein Hilfeschrei. Da muss man handeln und helfen und nicht einfach technokratisch die vermeintliche Forderung nach Selbstbestimmung vollziehen. Denn Aerzte sind Heiler und Helfer und keine Mechaniker des Todes", betonte Montgomery.

Weitere Informationen:
Renommierter Rechtsprofessor will Aerzte zu Suizidhelfern machen
Von Caroline Schmidt
Die Politik streitet noch, inwieweit das Selbstbestimmungsrecht von Patienten respektiert werden muss, da bricht der Medizinrechtler Jochen Taupitz ein Tabu. Aerzte sollten Suizidhelfer werden, fordert er im SPIEGEL-Gespraech - er sehe da keine juristischen Probleme.
SPIEGEL Online 08.03.09
http://www.spiegel.de/wissenschaft/mens ... 57,00.html

Quelle: Aktion Lebensrecht fuer Alle (ALfA) e.V. - ALfA-Newsletter 10/09 vom 14.03.2009

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Guter Rat!

Beitrag von Lutz Barth » 15.03.2009, 15:04

Es reicht nicht zu, sich im Diskurs auf eine einzelne Meinung zu stützen. Die Auffassung eines Herrn Dr. Montgomery ist hinreichend bekannt und offenbart keine neuen Erkenntnisse. So wie schon mit Blick auf die Patientenverfügung vertritt dieser eine eher wertkonservative Haltung, die allerdings nicht verfassungskonform ist, mal ganz davon abgesehen, dass das Arztethos für sich genommen nicht (!) verbindlich ist.

Es ist daher nur zu begrüßen, dass auch der Medizinrechtler Taupitz sich in dieser Frage deutlich positioniert hat, nach dem bereits in den letzten Jahren einige Rechtswissenschaften den Vorstoß gemacht haben. Insofern bricht der Medizinrechtler Taupitz kein Tabu, sondern trägt mit seiner Auffassung zur Diskussion bei, die im Übrigen mehr als überfällig ist.
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Entscheidungen am Lebensende: Teil der ärztlichen Kunst

Beitrag von Service » 27.03.2009, 19:10

Loebe, Matthias
Entscheidungen am Lebensende: Teil der ärztlichen Kunst
http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/art ... p?id=63928

Entscheidungen am Lebensende „Hochkomplex und individuell“
http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/art ... p?id=63001

Quelle: Deutsches Ärzteblatt, 27.3.2009

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Streitgespraech: Sind Aerzte geeignete Suizidhelfer?

Beitrag von Service » 12.04.2009, 14:04

Streitgespraech: Sind Aerzte geeignete Suizidhelfer?

Klinkhammer, Gisela; Richter-Kuhlmann, Eva; Stuewe, Heinz
Dr. med. Frank Ulrich Montgomery, Vizepraesident der BundesAerztekammer und Prof. Dr. iur. Jochen Taupitz, Medizinrechtler und Mitglied im Deutschen Ethikrat


Nach Ansicht des Mannheimer Medizinrechtlers Prof. Taupitz sollten Aerztinnen und Aerzte kuenftig als Suizidassistenten taetig sein duerfen. Fuer Dr. Montgomery wuerde dies jedoch das Aus des aerztlichen Ethos bedeuten.
Deutsches Aerzteblatt 2009; 106(15) 10.04.09
http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/art ... t&id=64081

Quelle: Aktion Lebensrecht fuer Alle (ALfA) e.V. - ALfA-Newsletter 14/09 vom 11.04.2009
Inhaltlich verantwortlich: C. Frodl
Aktion Lebensrecht fuer Alle (ALfA) e.V.
Geschaeftsstelle Augsburg:
Ottmarsgaesschen 8
D-86152 Augsburg
Telefon: 08 21 / 51 20 31
Telefax: 08 21 - 15 64 07
E-Mail: bgs@alfa-ev.de

Internet: http://www.alfa-ev.de

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Grundkonsens bei der Ärzteschaft?

Beitrag von Lutz Barth » 13.04.2009, 09:16

Das Streitgespräch verschafft einen kursorischen Überblick über die mit der ärztlichen Assistenz beim Suizid verbundenen Probleme.

Besonders bemerkenswert dürfte die Antwort des Herrn Dr. Montgomery auf die Frage

„Apropos unterschiedliche Auffassungen: Bei einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts TNS vom November letzten Jahres sagten 35 Prozent der befragten Ärzte, dass sie Beihilfe zum Suizid unterstützen würden, und vier Prozent gaben an, dass sie es selbst schon getan hätten. Wie finden Sie das, Herr Montgomery?“

sein:

Montgomery dazu:

„Diese Umfrage hat uns sehr bewegt, weil Fachleute geantwortet haben, die von der Problematik etwas verstehen. Ich führe das Ergebnis darauf zurück, dass Ärzte in dem psychologischen Spannungsfeld am Ende eines Lebens unendliches Leiden sehen und nicht wissen, was der Mensch eigentlich wollte. Und aus diesem Hilfsbedürfnis entsteht der Gedanke an den assistierten Suizid. Ob sie es dann tun, ist eine komplett andere Frage.“

Auf die weitere Frage „Glauben Sie denn, dass es noch einen Grundkonsens in der Ärzteschaft zu dieser Frage gibt?“ antwortet Montgomery

"Ja. Aber die Frage ist, wo setzen wir diesen Konsens an? Wir werden in keiner ethischen oder moralischen Entscheidung hundertprozentige Mehrheiten haben."

Nun – dies, verehrter Herr Montgomery, steht doch mehr als zu bezweifeln an. Ob Ärzte sich in einem „psychologischen Spannungsfeld“ wähnen, vermag nur der/die einzelne Arzt/Ärztin zu beurteilen, wenngleich doch hieraus keineswegs folgt, dass es noch einen Grundkonsens gibt. Die Umfrage ist insofern eindeutig und weist zumindest darauf hin, dass ein erheblicher Anteil der Ärzteschaft sich vorstellen könnte, in bestimmten Situationen Suizidbeihilfe zu leisten.
Dass diese Umfrage „uns“ – damit dürfte wohl in erster Linie die BÄK und die Landesärztekammern gemeint sein – bewegt haben dürfte, steht außer Frage, wurde doch die Vertreter der verfassten Ärzteschaft in dieser Frage mit der Meinung der Basis konfrontiert, die darauf schließen lässt, dass jedenfalls in dieser Frage das überkommene Arztethos zunehmend verblasst ist. Vielleicht zeichnet sich ab, dass die Ärzteschaft entgegen allen Beteuerungen der Selbstverwaltungskörperschaften ein anderes Verständnis vom spezifischen Arztethos zu entwickeln und entsprechend zu verinnerlichen bereit ist, dass im Übrigen dem Selbstbestimmungsrecht der Patienten und der ureigenen Gewissensentscheidung gerecht wird. Insofern hat Taupitz völlig Recht mit seiner Annahme, dass der Eid des Hippokrates überhaupt keine rechtliche Bedeutung hat.
Gerade dieser Hippokratische Eid wird m.E. nach darauf hin zu überprüfen sein, ob er als mitgedachte „Schranke“ das ärztliche Tun und Handeln dergestalt mitbestimmt, dass qua Berufs- oder ärztlichem Standesrecht in Form einer spezifischen auf den Hippokratischen Eid festgelegten ethischen Grundausrichtung eine probate Möglichkeit dafür geschaffen worden ist, in bedeutsame Grundrechte auch der Ärzteschaften eingreifen zu können.

Ich habe hier erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken, da über das Arztethos gleichsam eine Supergrundrechtsschranke generiert wurde, die es zudem den Kammern gestattet, berufsrechtliche Sanktionen gegen den Arzt zu ergreifen, die allerdings in Anbetracht der Eingriffsintensität einer eindeutigen gesetzlichen Grundlage bedürfen!
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