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(K)ein Menschenrecht auf den eigenen Tod ...
Verfasst: 10.12.2008, 12:48
von Service
(K)ein Menschenrecht auf den eigenen Tod / "Öffentliches Interesse"
BÄK-Vize: Es gibt kein Menschenrecht auf den eigenen Tod
Am heutigen Mittwoch ist der Internationale Tag der Menschenrechte. Die Verabschiedung der Menschenrechtserklärung der Vereinten Nationen jährt sich zum 60. Mal.
Hamburg. Aus diesem Anlass befragt, äußert sich der Menschenrechtsbeauftragten der Bundesärztekammer (BÄK), Frank Ulrich Montgomery, laut katholischer Nachrichtenagentur wie folgt: Nach seiner Ansicht gibt es kein (!) Menschenrecht auf den eigenen Tod. «Jeder Mensch hat ein Recht auf sein eigenes Leben, das müssen wir für ihn durchsetzen», sagte Montgomery am Dienstag in Hamburg.
London. Ebenfalls heute wird im britischen Fernsehen vor abendlichem Millionenpublikum die begleitete Selbsttötung eines Menschen zu sehen sein. Die Dokumentation "Recht zu Sterben" (von Oscar-Preisträger John Zaritsky) zeigt die letzten Stunden und das Sterben des todkranken früheren Universitätsprofessors Craig Ewert. Er hatte sich im September 2006 mit Hilfe der Schweizer Sterbehilfeorganisation Dignitas das Leben genommen.
Ewerts Frau Mary, die ihrem Mann in den letzten Stunden zur Seite gestanden hatte, verteidigte die TV-Dokumentation. "Wenn der Tod privat und versteckt ist, sehen die Menschen ihren Sorgen davor nicht ins Gesicht. Craig war ein Lehrer. Und man kann sagen, er hat diesen Film als Lehrer gemacht."
Quelle Frankfurter Rundschau online von heute:
http://www.fr-online.de/in_und_ausland/ ... 3eaf61113e
Was ist „Öffentliches Interesse" im Sinne des Strafrechts ?
Die im letzten PV-Newsletter bekannt gegebene Sachentscheidung eines Berliner Oberstaatsanwaltes hat, zu einer regen Fachdebatte geführt. Die Sachentscheidung machte deutlich:
Das Nicht-Abstellen einer künstlichen Beatmung entgegen einer eindeutig auf die Situation bezogenen Patientenverfügung war „vorsätzliche Körperverletzung".
Die Berufsordnung der Berliner Ärztekammer enthält einen rechtswidrigen Passus zur „Unbeachtlichkeit" von Patientenverfügungen, wenn noch eine Besserung zu erwarten ist.
Ein Verfahren gegen den beschuldigten Oberarzt der Charité Dr. Dietmar K. wurde, u. a. wegen Verbotsirrtum, eingestellt. Pauschal wird das i. d. R. mit § 153 Abs. 1 Strafprozessordnung begründet: Wegen geringer Schuld und fehlenden öffentlichen Interesses. Oliver Tolmein nimmt dies in seinem Blog in FAZ.net zum Anlass, eine wichtige Frage des Strafrechts aufzuwerfen: Kein öffenliches Interesse? Immerhin habe der Fall bereits die Medien beschäftigt und die Frage der Befolgung von Patientenverfügungen würde derzeit stark in der Öffentlichkeit diskutiert.
Quelle:
http://faz-community.faz.net/blogs/biop ... 228-t.aspx
Auf Tolmeins Nachfrage hin hat die Berliner Ärztekammer eingeräumt, die in Frage stehende Formulierung sei „unglücklich gewählt", das würde jetzt im Hause diskutiert - und wahrscheinlich korrigiert. Richtig ist, dass eine Patientenverfügung zumindest niemals „unbeachtlich" ist. Geringfügige, zeitweilige Besserungsaussichten sind medizinisch quasi niemals mit letzter Sicherheit auszuschließen - solange der Patient noch nicht tot ist.
Weitere Fachkommentare zu diesem Fall finden Sie hier, im Forum „Gesetzeskunde":
viewtopic.php?t=10450
Quelle: Mitteilung vom 10.12.2008
http://www.patientenverfuegung.de/
Montgomery`s Visionen gehören kritisiert
Verfasst: 10.12.2008, 16:02
von Lutz Barth
Kritische Zeilen sind gefordert, um Herrn Montgomery ein wenig "einzubremsen".
Mehr dazu unter
http://www.iqb-info.de/Offener_Brief_an ... h_2008.pdf
Verfasst: 11.12.2008, 00:28
von thorstein
Herr Montgomery ist meines Wissens weder ein ausgewiesener Philosoph/ Ethiker, noch ein Jurist, und daher nicht ausreichend qualifiziert, abschließende Statements zu diesem Thema abzugeben. Aber er lebt wie viele seiner Kollegen in dem Glauben, omnipotent zu sein. Ärzte sind Dienstleiter und nicht die Herren (Damen) über Leben und Tod.
Menschenrecht auf den eigenen Tod gibt es nicht
Verfasst: 11.12.2008, 07:17
von Presse
Menschenrecht auf den eigenen Tod gibt es nicht
Dienstag, 09 Dezember 2008
Hamburg (KNA) Ein Menschenrecht auf den eigenen Tod gibt es nach Ansicht des Menschenrechtsbeauftragten der Bundesärztekammer (BÄK), Frank Ulrich Montgomery, nicht. «Jeder Mensch hat ein Recht auf sein eigenes Leben, das müssen wir für ihn durchsetzen», sagte Montgomery am Dienstag in Hamburg auf Anfrage. Kommerzialisierte Sterbehilfe, wie sie etwa der frühere Hamburger Justizsenator Roger Kusch anbiete, bezeichnete der BÄK-Vizepräsident als «ausgesprochen verabscheuenswürdig». ...
http://www.hwelt.de/c/content/view/2913/1/
Menschenrecht auf den eigenen Tod gibt es nicht
Verfasst: 15.12.2008, 07:05
von Service
Montgomery:
Menschenrecht auf den eigenen Tod gibt es nicht
Ein Menschenrecht auf den eigenen Tod gibt es nach Ansicht des Menschenrechtsbeauftragten der Bundesärztekammer (BÄK), Frank Ulrich Montgomery, nicht. «Jeder Mensch hat ein Recht auf sein eigenes Leben, das müssen wir für ihn durchsetzen», sagte Montgomery am Dienstag in Hamburg auf Anfrage. Kommerzialisierte Sterbehilfe, wie sie etwa der frühere Hamburger Justizsenator Roger Kusch anbiete, bezeichnete der BÄK-Vizepräsident als «ausgesprochen verabscheuenswürdig».
Mehr zum Thema:
http://www.1000fragen.de/projekt/aktuel ... hp?did=840
Quelle: Aktion Mensch, Mitteilung vom 14. Dezember 2008
Ein wahres Trauerspiel!
Verfasst: 15.12.2008, 12:14
von Lutz Barth
In der Öffentlichkeit entsteht zunehmend der Eindruck, dass unsere Parlamentarier – insbesondere solche, die das „C“ in ihrem Parteinamen tragen – mehr als überfordert zu sein scheinen. Bereits unlängst hat die CDU es verstanden, aus Respekt vor den Kirchen einstweilen davon Abstand zu nehmen, ihren Alternativentwurf – den Zweiten – einzubringen. Dass dieser sog. Bosbach-Entwurf abermals missglückt ist, war zu erwarten.
Dass allerdings nunmehr erneut die parlamentarische Debatte verschleppt werden soll, ist unerträglich und nicht hinnehmbar. Die Parlamentarier sind in Ausübung ihrer Pflichten zur religiösen Neutralität verpflichtet und müssen in erster Linie Respekt vor den Grundrechten der Bürgerinnen und Bürger zollen. Die Vision der Kirche – hier insbesondere die der Katholischen Kirche – von der viel beschworenen Heiligkeit des Lebens lässt sich lediglich vor dem Hintergrund der Art. 4, 140 GG „denken“ und gehört in einem säkularen Verfassungsstaat dem Reich der Mythen zugewiesen. Jedenfalls folgen aus den Zentraldogmen der Katholischen Kirche keine verbindlichen Handlungsanweisungen für die Parlamentarier, auch wenn in einschlägigen Kirchendokumenten und Lehrbriefen die Abgeordneten zum demokratischen „Ungehorsam“ aufgerufen werden. Selbstverständlich bleibt es den Abgeordneten überlassen, ihre „individuelle Gewissensentscheidung“ zu treffen; hiervon zu unterscheiden sind allerdings die grundrechtlichen Schutzverpflichtungen des Staates, an denen diese mitzuwirken haben. Von daher ist es mehr als bedenklich, wenn die Katholische Kirche kraft ihres vermeintlichen moralischen und ethischen Monopols meint, auf die Volksvertreter insgesamt Einfluss zu nehmen, mal ganz davon abgesehen, dass dies einer demokratischen Kultur abträglich ist.
L. Barth
Verfasst: 16.12.2008, 09:07
von johannes
Wenn nach Herrn Barths Auffassung das Recht auf den eigenen Tod ein öffentliches Recht eines säkularen Staates werden soll, ist zu fragen, wieviel Zeit der Entwicklung eingeräumt wird, daß die Öffentlichkeit bestimmen kann, welches Leben überhaupt noch lebenswert oder sogar "wünschenswert" ist. Vielleicht hätte man die Verbrecher des dritten Reiches nicht so vorschnell hinrichten sollen. Sehr weit sind wir von deren - ebenfalls sehr säkularer - Auffassung von lebenswertem Leben nicht mehr entfernt.
Könnte es sein, daß bald posthum jene verurteilt werden, die Tötung "lebensunwerten Lebens" als menschenverachtend unter Strafe gestellt hatten? Wundern würde es mich nicht angesichts der aktuellen Entwicklung.
Johannes
Zu "platte" Argumentation!
Verfasst: 16.12.2008, 10:12
von Lutz Barth
Guten Morgen.
Mit Verlaub – das ist schlicht grober Unfug!
Es ist genau dieser Diskussionsstil, der eine aufrichtige Debatte mit Blick auf die Reichweite des Selbstbestimmungsrechts verhindert. Hier mag Johannes einen Blick in die Verfassung und die umfangreiche Rechtsprechung des BVerfG riskieren, bevor er sich zu einer solchen unsinnigen Argumentation durchringt. Die Bürgerinnen und Bürger sind bei ihren autonomen Willensentscheidungen nicht verpflichtet, zugleich auch das unsägliche Erbe der typischen deutschen Vergangenheit anzutreten. Hier werden mit Hinweis auf die Euthanasiepraxis Ängste geschürt, die besonders den Sterbehilfe-Gegner gelegen kommen, um so von ihrer inquisitorischen Geisteshaltung ablenken zu können. Unser moderner Staat – und dies steht für mich außer Frage – ist gegenüber den Perversionen des Dritten Reiches – durchaus verfassungsfest.
Andererseits ist es keine Frage: Selbstverständlich darf der Einzelne für sich auch entscheiden, ob er sein Leben (oder Krankheit) für „lebenswert“ erachtet. Er darf hierüber gemäß seiner Biografie und Wertvorstellungen entscheiden, ohne dass diese Wertentscheidung gleichsam zur Fremdbestimmung führt.
Das Selbstbestimmungsrecht ist das ethische Leitprinzip in unserer Verfassungsordnung mit Blick auf die Frage des selbstbestimmten Sterbens und nicht der verklärte Blick in die transzendente Glaskugel – von wem auch immer vorgenommen.
Es bleibt jedem Einzelnen überlassen, dass „Leid anzunehmen“, so wie ihm auch die Möglichkeit offen steht, sich diesem „Leid“ durch einen freiverantwortlichen Suizid oder ggf. durch eine lebensnotwendige/-erhaltende Behandlungsmaßnahme zu entziehen.
Nicht vor den Gefahren einer unsäglichen Euthanasiedebatte ist zu warnen, sondern vielmehr vor den Sendboten einer Sterbekultur, die einer wie auch immer gearteten Heiligkeit des Lebens frönen. Hier ist der Weg zur Instrumentalisierung des Sterbenden resp. Schwersterkrankten nun beileibe nicht mehr weit und dies wäre dann der Untergang der Würde des Menschen. Das sich hier die Katholische Kirche in besonderer Weise schwer tut, ist lediglich vor dem Hintergrund ihrer Zentraldogmen erklärbar, denen allerdings für sich genommen in einem säkularem Staat keine normative Bedeutung beikommen und – mit Verlaub – dies ist auch gut so. Sofern wir die Kirchengeschichte mit dem aktuellen Wertediskurs kontextualisieren, so muss doch auffallen, dass die Kirche allein aufgrund ihres Status nicht mehr den Anspruch erheben kann, in zentralen Fragen das „ethische und moralisch verpflichtende Gewissen“ einer ganzen Nation resp. Welt darzustellen. Hier leidet die Kirche an einem Maß an Selbstüberschätzung, die bar jeder vernunftsbezogenen Betrachtung ist.
Selbstbestimmung ist ein stückweit mehr, als nur ein „Sterben unter dem Kreuz“ gestatten zu wollen.
Es offenbart sich zunehmend eine „Gesinnungsethik“, die letztlich mehr Gefahrenpotenzial für die Freiheitsrechte beinhaltet, als es der Verweis (!) auf die Euthanasiepraxis. Dieses Argument offenbart die Schwäche der Diskutanten, die offensichtlich nicht gewillt sind, das Selbstbestimmungsrecht als das zu respektieren, was es ist: die autonome Willensentscheidung eines Einzelnen fern jedweder ethischen oder moralischen Zwangsverpflichtung!
L. Barth
zu platt?
Verfasst: 18.12.2008, 00:15
von johannes
Sehr geehrter Herr Barth,
Sie argumentieren mit grober Unfug und aufrichtige Debatte. Sie mögen meine Argumentation für unsinnig erachten. Das ist ihr gutes Recht. Sie gestatten mir aber dann auch, Ihre Argumentation als lebensverachtend zu betrachten.
Es gibt in meinen Augen hier keine Sterbehelfer, sondern in diesem Zusammenhang nur Mörder, soweit Dritte sich an der Beendigung von Leben beteiligen.
Ich kann mich nicht erinnern, daß einem Selbstmörder jemals eine Strafe angedroht wurde oder er gar bestraft wurde. Wenn Sie Ihr Leben beenden wollen - bitte sehr. Das steht Ihnen doch frei. Aber andere darin einbeziehen - das ist in meinen Augen Zynismus. Ich betrachte es keineswegs als eine Perversion nur des Dritten Reiches, wenn Dritte in die Beendigung des Lebens einbezogen werden, sondern als eine höchst gefährliche, gegenwärtige Perversion einer immer perverser werdenden Gesellschaftsordnung.
Wie war die Entwicklung in den Niederlanden? Zuerst sprach man von gnädigem Handeln gegen unheilbar Kranke in Gewährung der Selbstbestimmung ihren Tod herbei zu führen. Dann folgte die gesetzliche Legitimierung dieses Handelns. Dann wird das Leben eines nicht mehr unerheblichen Teils schwerkranker Menschen ohne ihre Willenserklärung durch Ärzte beendet. Das ist in meinen Augen Mord. Wie weit ist man damit von der Perversion des Dritten Reiches entfernt?
Mittlerweile wird die Tötung "lebensunwerter" Kinder zu Hunderten praktiziert - keines dieser Kinder hat seine Einwilligung gegeben. Selbstbestimmung? Fehlanzeige! Der Berater eines französischen Präsidenten hat öffentlich gesagt, daß Euthanasie das Mittel der Wahl werden wird, um künftige soziale Probleme zu lösen.
Krankenkassen wollen jetzt schon bestimmte Leistungen für Menschen über einer bestimmten Altersgrenze nicht mehr erbringen. Wann bekommen die ganz normalen Alten vorgehalten, daß sie nur Ballast sind, Schmarotzer sind sie ja schon in den Augen verschiedener hoher Herren?
Gewiß, eine Frau Zypries hat gesagt, daß es ein Euthanasiegesetz in ihrer Amtszeit nicht geben wird (oder so ähnlich), aber welcher Politiker hält sich schon so lange, daß wir auf absehbare Zeit sicher sind?
Ich mußte mir schon von Volksvertretern sagen lassen, daß Behinderte die öffentliche Ordnung stören und im Zentrum eines Gemeinwesens fehl am Platze sind. Der Schritt zur Endlösung - diesmal nicht der Juden, Roma und Sinthi wie im Dritten Reich - für Kranke, Behinderte und Alte ist gewiß kein großer mehr, wenn man die Geschwindigkeit berücksichtigt, in der in Europa die Tötung unwerten Lebens gesetzlich toleriert wird.
Ich sehe meine Argumentation durchaus nicht als unsinnig an, wenn ich die ganze Entwicklung nüchtern beobachte.
Und dann redet ein Herr Barth davon, daß unser moderner Staat gegenüber der Perversion des Dritten Reiches verfassungsfest ist? Welchen Wert hat denn nach Ihrer Auffassung die Verfassung, wenn die Politiker sie Stück für Stück auflösen (Wenn ich mich nicht irre, hat den jüngsten Anlauf hierzu ein Herr Schäuble unternommen)?
Vielleicht bin ich ja schon alt genug, daß ich die Umsetzung der Horrorvision, die sie mit autonomer Willensentscheidung deklarieren, nicht mehr erleben werde. Aber nur vielleicht!
Entgegnung
Verfasst: 18.12.2008, 08:44
von Lutz Barth
Guten Morgen, Johannes.
Ich bin der festen Überzeugung, dass die Debatte frei von Emotionen und Ängsten zu halten ist. Ich habe natürlich Verständnis dafür, wenn Sie derartige Ängste hegen – aber dennoch: in unserer Gesellschaft werden wir ein stückweit mehr die Grundrechte aller Bürgerinnen und Bürger wieder in das Bewusstsein der politisch Verantwortlichen und freilich auch den verfassten Amtskirchen rücken müssen und da meine ich, dass der Stünker-Entwurf (ggf. mit einem Kompromiss von Zöller/Faust) durchaus ein Weg in die richtige Richtung ist.
Das Selbstbestimmungsrecht ist ein individuelles Grundrecht von eminent hohem Rang – manche Verfassungsrechtler betonen daher nicht ganz zu Unrecht, dass das Selbstbestimmungsrecht unterhalb der Würde des Menschen innerhalb der subjektiven Rechte das höchste Rechtsgut darstellt, welches es zu verteidigen gibt, freilich auch mit der hohen Selbstverantwortung eines jeden Einzelnen. Überdies gilt es zu betonen, dass das Selbstbestimmungsrecht nicht (!) zur Fremdbestimmung eines Anderen, z.B. eines Arztes führt.
Hiervon muss aber die Diskussion um die Frage einer möglichen Rationierung/Priorisierung medizinischer Leistungen strikt getrennt werden, so wie ferner auch das unsägliche Unterfangen mancher Politiker, Grundrechte zu „versenken“. Schäuble ist mit seinem Versuch, aus Gründen der nationalen Sicherheit (Stichwort: Terrorabwehr) ggf. ein bemanntes Passagierflugzeug abschießen zu können, bekanntermaßen vor dem BVerfG gescheitert. Die Debatte der Rationierung medizinischer Leistungen steht noch am „Anfang“ und da gestehe ich gerne ein, dass wir alle diese mit besonders wachen Augen verfolgen müssen. Die gesundheitspolitische und vermeintlich finanzielle Krise rechtfertigt eine solche Vorenthaltung medizinischer Leistungen nicht!
Ebenfalls muss die aufkeimende Diskussion um den „Schwangerschaftsabbruch“ getrennt von der Frage des Selbstbestimmungsrechts des Patienten in einen freiverantwortlichen Suizid resp. Behandlungsabbruch geführt werden, da hier verschiedene Grundrechtskreise betroffen sind und miteinander konfligieren (Recht des Embryo resp. Fötus vs. Rechtstellung der Mutter).
Es ist keine Frage: mit den ethischen Debatten sind höchst schwierige verfassungsrechtliche Entscheidungen und Fragen verbunden, die aber gleichwohl einer Antwort bedürfen.
Die Sterbehilfe ist nur ein gewichtiges Thema und hier ist und bleibt das Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen die maßgebliche Richtschnur. Dies verkennen meines Erachtens insbesondere diejenigen Gegner, die entweder das „Leid“ oder etwa bestimmte Krankheiten (z.B. die Demenz) gleichsam verklären. Mag auch ein „Leben mit Demenz lebenswert, sinnstiftend und bereichernd“ sein, so folgt hieraus nicht die ethische und moralische Verpflichtung des noch gesunden Bürgers für den Fall einer späteren Demenzerkrankung, gleichsam von einer Patientenverfügung Abstand zu nehmen, weil er für die „andere Person“ Verantwortung trägt. Dies ist eine neue Qualität in der Debatte, die in der Gänze das Selbstbestimmungsrecht leugnet und auf`s Schärfste zu kritisieren ist. Solche Botschaften münden dann unversehens in unsägliche Thesen, wonach die „Patientenverfügung den Hospizgedanken zerstöre“ und diejenigen, die eine Patientenverfügung verfassen, „egozentrische Individualisten“ seien.
Hier offenbart sich eine gesinnungsethische Tugend, die weniger eine Tugend als vielmehr eine verklärte Selbstherrlichkeit solcher Exegeten ist – die – mit Verlaub – es im Übrigen verstehen, in ihren Beiträgen und Statements mit keiner Silbe auf die Verfassungsdogmatik einzugehen. Nicht vor einer Patientenverfügung oder einem Gesetz ist zu warnen, sondern vielmehr vor solchen Missionaren, die entgegen ihren Verlautbarungen einen ganz entscheidenden Beitrag dazu leisten, dass der „Mensch zum Objekt“ degradiert wird.
Ein Problem in der Debatte scheint mir deshalb insbesondere zu sein, dass namhafte und mit einer hohen Reputation ausgezeichnete Wissenschaftler die Meinungsführerschaft übernommen haben, ohne allerdings im Ansatz über fundierte verfassungsrechtliche Kenntnisse zu verfügen - und – sofern diese aufgrund des Studiums zu vermuten anstehen – einige Autoren hierzu beredt schweigen, weil sie bei einer wissenschaftlich gebotenen Reflexion der mit der Sterbehilfe-Debatte verbundenen verfassungsrechtlichen Fragen ihre „Mission“ gefährdet sehen. Dies ist höchst ärgerlich, denn nicht der Blick in die „Glaskugel“ ist anbefohlen, sondern in das Grundgesetz.
Nach meinem Eindruck wird derzeit die Debatte in der Öffentlichkeit federführend von Personen bestimmt, die – mit Verlaub – noch nicht einmal über verfassungsrechtliche Basiskenntnisse verfügen und dennoch meinen, ihre Stimme sei von gewichtiger Natur. Nicht selten wird hierbei schlicht und ergreifend „dogmatischer Unsinn“ verkündet und da frage ich mich in der Tat schon mal, warum hier sich die Verfassungsjuristen nicht zu Worte melden, um zumindest eine sachliche Debatte anzumahnen.
Meine persönliche Position hingegen ist durchaus klar und ich nehme hier auch kein Blatt vor dem Mund: es ist für mich unerträglich, mit welcher Leichtigkeit manche Diskutanten über die Errungenschaften in unserem säkularen Verfassungsstaat hinwegschreiten und da wiegt es um so schwerer, wenn es sich dabei auch noch um Rechtswissenschaftler handelt, die sich mehr auf dem Allgemeinplatz der „Ethik und Moral“ tummeln statt sich mit ihrer eigenen Profession auseinanderzusetzen. Aber dies scheint nicht gewollt zu sein, da vielleicht manche glauben, die Verfassungsjuristen belasten eine (intraprofessionelle) Debatte wohlerzogener und wohlmeinender Ethiker. Diejenigen, die da meinen, ohne ein juristisch-vorfachliches Verständnis den Kulturkampf um die Würde des Menschen gewinnen zu können, erweisen sich in erster Linie als Sendboten höherer sittlicher Werte, die ihren Ursprung jedenfalls nicht hier auf Erden haben.
Insgesamt eine unerfreuliche Entwicklung und, Johannes, wir alle werden es sicherlich noch (mit)erleben, dass der derzeitige Kulturkampf um die Würde des Menschen in erster Linie ein Kampf um den säkularen Verfassungsstaat ist.
Schauen Sie bitte ab und an mal auf die einschlägigen Webseiten der Katholischen Kirche, z.B.
www.kath.net . Hier wird ein „Werteverständnis“ proklamiert, dass mich zuweilen nicht sprachlos, aber mehr und mehr ungehalten werden lässt. Zentrale Verfassungswerte werden ungeschminkt zur Disposition gestellt und sofern dann auch noch einige „Lehrbriefe“ in Erinnerung gerufen und interpretiert werden, wird es ganz dramatisch und wenn ich dann davon lese, dass sich Oberethiker unserer Gesellschaft zu einem Spitzengespräch zusammenfinden, bei denen dann die gemeinsame Marschrichtung in der Debatte um die „Sterbehilfe“ vorgegeben wird oder gar Unionspolitiker aus Respekt vor den Kirchen einstweilen davon Abstand genommen haben, ihre Gesetzesentwürfe in die parlamentarischen Gremien einzubringen, dann sitze ich hier am Schreibtisch und frage mich immer wieder: ist dass alles wirklich wahr, was da abläuft?
Keine Frage: mir ermangelt es nicht am gebotenen Respekt vor den Kirchen (Art. 4, 140 GG gebieten einen solchen), aber Kritik – zuweilen auch heftige – muss sich dort regen, wo die Kirche sich in trauter Gemeinschaft mit Ethikern und Moralisten anschickt, Grundrechte im säkularen Verfassungsstaat zu versenken, in der nach wie vor die Maxime gilt: „Nicht Dein, sondern Mein Wille entscheide!“ und diese Maxime gilt es zu verteidigen, zumal das Selbstbestimmungsrecht nicht zur Fremdbestimmung führt.
Lutz Barth
Überschneidungen und Grauzonen
Verfasst: 19.12.2008, 14:57
von thorstein
Überschneidungen und Grauzonen
Bei dieser Debatte wird leider nicht deutlich, worum es eigentlich geht. Aktive Sterbehilfe, passive Sterbehilfe und Patientenverfügungen sind meiner Ansicht nach Themen, die streng voneinander getrennt diskutiert werden müssen, auch und gerade weil es Überschneidungen und Grauzonen gibt.
Wenn die verfassungsrechtlichen Fragen so eindeutig beantwortet werden können, fragt man sich als einfacher Bürger schon, warum dies in den letzten 60 Jahren nicht längst geschehen ist bzw. nicht gleich bei der Verabschiedung des GG klar war. Eventuell muß man dann doch historisch und nicht nur juristisch argumentieren.
Was mich auch wundert, warum ich mich als Bürger bei grundsätzlichen ethischen Fragestellungen - Abtreibung, Todesstrafe, Klonen usw. - an das Votum von Verfassungsrechtlern halten soll. Ist es nicht so, dass in einer Demokratie alle Macht vom Volke ausgeht und daher auch Verfassungsinhalte sich nach dem Willen des Volkes zu richten haben. Warum gibt es in der einen Demokratie die Todesstrafe, in anderen nicht, warum ist in manchen Demokratien die aktive Sterbehilfe erlaubt, in anderen nicht?
Außerdem wage ich die These, dass die Stabilität einer Demokratie von den Heilsversprechungen der freien Marktwirtschaft abhängt. Erst wenn diese nicht mehr erfüllt werden können, wird sich meiner Ansicht nach zeigen, was die Demokratie tatsächlich wert ist. Das Ideal vom mündigen Bürger, der die demokratische Grundwerte verinnerlicht hat, bestätigt sich mir im Alltag nicht.
Die Frage nach Selbst-und Fremdbestimmung stellt sich auch in ganz anderer Weise. Als soziales Wesen sind wir grundsätzlich fremdbestimmt. Die Wahrnehmung zum Beispiel von Alzheimerkranken durch die Gesellschaft bestimmt selbstverständlich die eigene Entscheidung, ob eine solche Krankheit als "lebenswert" betrachtet wird. Das eine Gesellschaft sich der Auseinandersetzung mit Krankheit Sterben und Tod konsequent verweigert, man aber die Entscheidung dem selbstbestimmten Einzelnen überlassen will, sollte auch eine Diskussion wert sein.
Das aktive Sterbehilfe aufgrund des Selbstbestimmungsrechts befürwortet wird, halte ich für unzulässig. Von Dritten kann nicht erwartet werden, dass sie Leben beenden aufgrund eines Selbstbestimmungsrechts. Dafür muß es andere Kriterien geben.
Einge Gedanken ...
Verfasst: 20.12.2008, 19:13
von Lutz Barth
Hallo Thorstein.
Mit Ihrem Kurzbeitrag haben Sie gewichtige Fragen angesprochen, die in der Kürze nicht zu beantworten sind.
Prinzipiell geht es mir persönlich in der Debatte tatsächlich darum, ob etwa die ärztliche Assistenz bei einem freiverantwortlichen Suizid eine ethische Option ist. Klar muss allerdings in diesem Zusammenhang sein, dass das Selbstbestimmungsrecht des Patienten nicht zur Fremdbestimmung des Arztes resp. der Ärztin führen darf. Insofern würde der Rechtsstaat einen gesetzlichen Rahmen zur Verfügung stellen, in dem der Patient und der Arzt eine Option wahrnehmen können, ohne dass hiermit der „Aktive“ mit strafrechtlichen Sanktionen bedroht ist.
Die Frage nach der Reichweitenbeschränkung einer Patientenverfügung ist auch unspektakulär zu lösen: Der Patient hat zu jeden Zeitpunkt das Recht, eine Behandlung abzulehnen oder abzubrechen. Dies gilt freilich auch für den Fall, dass er für bestimmte Situationen in einer Patientenverfügung Vorsorge getroffen hat. In diesem Zusammenhang stehend muss allerdings nachdenklich stimmen, dass insbesondere die Autoren des sog. „Freiburger Appells“ die These nähren, dass im Zweifel wir in gesunden Tagen etwa für den Fall einer späteren Demenzerkrankung für die „andere Person“ in uns Verantwortung zu tragen hätten. Ohne Frage: wenn der Einzelne für sich entscheidet, auch im Falle zusätzlichen Erkrankung die „Demenzerkrankung“ annehmen zu wollen, mag dies so sein. Für einige hingegen mag das „Leben“ so nicht „lebenswert“ zu sein.
Dies führt zum „Demokratieargument. Nach Art. 20 GG geht in der Tat alle Staatsgewalt vom Volke aus und damit nicht von Verfassungsrechtlern. Dies ist allerdings nicht entscheidend, da die Grundrechte (!) in erster Linie subjektive Freiheits- resp. Abwehrrechte sind, so dass es auch einen Kernbereich bei der Reichweite des Selbstbestimmungsrechts gibt, der dem Staat (und damit inzident auch der demokratischen Kultur über ein „kollektiv anbefohlenes Sterben) entzogen ist und bleibt. Hierzu zählt ohne Frage das selbstbestimmte Sterben, so dass es keinen Lebenszwang gibt – gleich, ob hierdurch der Palliativmedizin resp. der Schmerzforschung ein „Bärendienst“ (manche sprechen davon, dass die Patientenverfügung der Fortschritt der Palliativmedizin behindere). Jeder darf für sich seine „Kultur des Todes bzw. Sterbens“ wählen, ohne dass er gehalten wäre, hier der „Heiligkeit des Lebens“, selbst wenn es hierüber einen demokratisch herbeigeführten Konsens geben würde, zu frönen. Die „Todesstrafe“ selbst ist für sich genommen eine gesonderte Diskussion, die hier eher fehlplaziert ist.
Insofern sind die Abgeordneten auch nicht bei der Gesetzgebung frei, sondern sie haben auf eine Regelung zu drängen, die dem Grundrechtsschutz dienlich ist und zwar unabhängig von ihrer „ethischen oder religiösen“ Grundeinstellung.
Komplex ist auch Ihr Hinweis auf das Grundgesetz und seine Entstehung. Nun – hier sei nur darauf verwiesen, dass das GG in der Tat in weiten Teilen auch eine bewusste Reaktion auf das perverse System der nationalsozialistischen Diktatur war. Dies war auch völlig zu Recht erfolgt, wenngleich die „Verfassungswirklichkeit“ voranschreitet. Der Grundrechtsschutz ist nicht auf den status quo beschränkbar und insofern sehen wir uns gegenwärtig und sicherlich auch in der Zukunft Grundrechtsgefährdungen ausgesetzt, die seiner Zeit den „Vätern und Müttern“ des Grundgesetzes nicht klar waren. Mithin wird fortwährend die Verfassung und hier insbesondere die Grundrechte mit „neuem und zusätzlichem Leben“ fortgeschrieben und dies ist dann zunächst eine Aufgabe der Grundrechtlehre resp. der Verfassungsinterpretation, die in allerletzter Konsequenz durch das Bundesverfassungsgericht vorgenommen wird. Der „historischen Auslegung“ eines Grundrechts kommt daher im Zweifel eine wichtige Funktion zu, die allerdings nicht allein maßgeblich ist, mal ganz abgesehen davon, dass es für die Juristen ganz allgemein konsentierte Auslegungsregeln gibt. Entscheidend scheint mir allerdings zu sein, dass ganz generell die Autonomie des Einzelnen verstärkt in den Vordergrund zu rücken ist, zumal bei den existentiellen Fragen des Sterbens. Der BGH hat diesbezüglich mit Blick auf die ärztliche Heilbehandlung bereits in den 50er den Weg gewiesen und wie es scheint, liegt es offensichtlich im Interesse bestimmter gesellschaftlicher Gruppen, das Sterben resp. den Tod für ihre eigenen Zwecke instrumentalisieren zu wollen.
Eigentlich unglaublich – wenn nicht gar unverschämt – ist doch die These, den Patienten als einen „egozentrischen Individualisten“ diskreditieren zu wollen, nur weil diese seine eigenen Vorstellungen über sein Sterben in einer Patientenverfügung festgelegt hat. Dies läuft auf ein „Sterben“ nach einem „ethisch moralischen Expertenstandard“ hinaus, der auf das Schärfste zu kritisieren ist. Es gibt einen Kernbereich, in dem der Patient nicht eine gattungsethische Verpflichtung wahrzunehmen hat. Der Patient ist nicht dazu berufen, einen Beitrag dafür zu leisten, dass im Zweifel die Gesellschaft die Möglichkeit erhält, etwa das Leben eines Demenzkranken für „sinnstiftend, bereichernd und lehrreich“ zu erachten.
Natürlich ist zu begrüßen, wenn die Palliativmedizin ausgebaut und z.B. der Demenzkranke auch in die Mitte unserer Gesellschaft gerückt wird – aber die alles entscheidende Frage, ob deshalb der ggf. von einer späteren Demenz betroffene Patient aus Rücksichtnahme eben diesen gesellschaftlichen Prozesses keine Patientenverfügung verfassen darf, in dem er im Zweifel ein solches Leben für „nicht lebenswert“ erachtet, ist meines Erachtens eindeutig mit JA zu beantworten. Der Patient stirbt seinen eigenen Tod und nicht einen „gesellschaftlich“ akzeptierten. Er darf für sich seine „Wertkategorien“ entscheiden und wenn er meint, ein Leben mit Demenz sei für ihn nicht „lebenswert“, haben wir dies schlicht zu akzeptieren, auch wenn wir vielleicht anderer Meinung sein mögen. Aus der Sicht der Sterbehilfe-Gegner ist gerade diese Debatte höchst willkommen, kann doch vorbildlich dem „Last-Diskurs“ und der „Euthanasie“ das Wort geredet werden und da es sich freilich um Menschen handelt, verfehlt die Debatte auch nicht ihre Wirkung.
Es werden Szenarien gemalt, in denen unsere Gesellschaft vielleicht die „Alten und Dementen entsorgen“ könnten; es wird vom Druck auf die Dementen gesprochen, im Zweifel sich schnellstens aus dem Leben zu verabschieden, damit diese nicht anderen zur Last fallen. Diese Argumente verfehlen nicht ihre Wirkung, auch wenn wir alle wissen, dass gerade diesbezüglich die Erinnerung an die ureigene deutsche Geschichte stets gegenwärtig ist und es gilt, derartige Gedanken bereits im Keime zu ersticken. Aber mit Verlaub: unsere Gesellschaft und hier insbesondere die selbsternannten Oberethiker und Hobbyphilosophen werden es aushalten müssen, dass ein Jeder für sich eine andere Entscheidung treffen kann, wenn es um sein ganz konkretes Leben resp. Sterben geht – dies ist der absolut geschützte Kernbereich des Selbstbestimmungsrechts, dass mit einer hohen Eigenverantwortung wahrzunehmen ist. Mag auch der Mensch als sozialkommunikatives Wesen nicht ein „selbstherrliches Individuum“ sein – aber mit Blick auf seinen Tod darf er es sein und diese verfassungsrechtliche Selbstverständlichkeit sollten wir vergegenwärtigen und uns nicht auf eine „Mission“ begeben, um höheren sittlichen Werten entsprechen zu können, bei denen es nach diesseitiger Überzeugung in erster Linie darum geht, „moralisch und erzieherisch“ auf die Staatbürgerinnen und Bürger einwirken zu können.
Insofern sind die Länder, die die „Sterbehilfe erlauben“, uns ein stückweit voraus: sie akzeptieren die Autonomie ihrer Gesellschaftsmitglieder getreu dem Motto: „Der Wille des Patienten zählt“, mag er auch noch so „unvernünftig“ sein. Wir brauchen keine (neuen) Moralisten, die uns an ihren subjektiven Visionen ihres Sterbens teilhaben lassen – mehr noch, uns hierauf gar verpflichten wollen. Es reicht völlig zu, wenn diese Sendboten sich über ihr eigenes Sterben im Klaren sind, ohne dass wir allerdings gehalten wären, ihr Sterben als „Expertenstandard“ zu akzeptieren.
Lutz Barth