Bosbach: Geschäfte mit Selbsttötungen endlich beenden

Rechtsbeziehung Patient – Therapeut / Krankenhaus / Pflegeeinrichtung, Patientenselbstbestimmung, Heilkunde (z.B. Sterbehilfe usw.), Patienten-Datenschutz (Schweigepflicht), Krankendokumentation, Haftung (z.B. bei Pflichtwidrigkeiten), Betreuungs- und Unterbringungsrecht

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Lutz Barth
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Bosbach: Geschäfte mit Selbsttötungen endlich beenden

Beitrag von Lutz Barth » 02.12.2008, 17:00

Bosbach: Geschäfte mit Selbsttötungen endlich beenden

„Es ist gut, wenn die Staatsanwaltschaften die Durchsetzung des geltenden Rechts konsequent in Angriff nehmen. Aber Ermittlungen alleine wegen eines Verstoßes gegen das Arzneimittelgesetz werden dem eigentlichen Unrechtsgehalt der Taten nicht gerecht. Der Staat darf sich nicht von Leuten, die aus der Lebensangst von Menschen ein Geschäft machen, auf der Nase herumtanzen lassen“, so u.a. das aktuelle Statement von W. Bosbach (CDU) in einer Pressemitteilung vom gestrigen Tage (Quelle: CDU/CSU Fraktion im Deutschen Bundestag v. 01.12.08 - html).

Kurze Anmerkung (L. Barth):
Hier darf nachgefragt werden, was denn der CDU-Politiker meint, wenn er vom „eigentlichen Unrechtsgehalt der Taten“ spricht. Der Staat und insbesondere der CDU-Politiker Bosbach wird es aushalten müssen, wenn „Leute dem Staat auf der Nase herumtanzen“, sofern die Sterbehilfe-Befürworter keine strafrechtlich relevanten Handlungen begehen. Wir müssen in der Debatte darauf achten, dass Sterbehilfe-Befürworter über die offensichtlich bereits salonfähig gewordene Stigmatisierung hinaus nicht auch noch kriminalisiert werden, weil hier ein Politiker meint, die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen wegen des möglichen Verstoßes gegen das Arzneimittelgesetz werden dem Unrechtsgehalt von den vermeintlichen Taten nicht gerecht. Herr Bosbach wäre gut beraten, nicht die staatsanwaltlichen Ermittlungen zu kommentieren, zumal derzeit überhaupt nicht klar ist, ob die Ermittlungen etwaige Straftaten resp. Verstöße zutage fördern!

Zugegeben: Bosbach tritt in diesem Zusammenhang stehend für ein konsequentes Verbot geschäftsmäßiger Sterbehilfe ein. Aber ungeachtet dieses „neuen Straftatbestandes“, der noch nicht Gesetz geworden ist, muss es nachdenklich stimmen, wenn ein CDU-Politiker über den eigentlichen Unrechtsgehalt von „Taten“ laut nachdenkt, ohne dass überhaupt eine Tat derzeit vorliegt! Hier scheint der Wunsch der Vater des Gedankens zu sein. Es bleibt zu hoffen, dass die SPD ihrer Linie treu bleibt und an ihrer „Blockade“ – so Bosbach – festhält.

Es wäre vielmehr wünschenswert, wenn Bosbach &. Co. sich intensiver mit dem Recht der Patientenverfügung auseinandersetzen würden, um so einen nachhaltigen Beitrag zum Patientenverfügungsgesetz leisten zu können. Der fraktionsübergreifende Entwurf von Bosbach u.a. ist jedenfalls schlicht untauglich und da könnte es Sinn machen, statt über einen „Unrechtsgehalt“ einer noch nicht bewiesenen „Straftat“ zu philosophieren, letztlich an einem tragfähigen Kompromiss zum Patientenverfügungsgesetz mitzuwirken.

Damit wäre uns sicherlich mehr geholfen, als dass hier Politiker ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren kommentieren und ihr Bedauern zum Ausdruck bringen, dass nicht vielleicht noch „andere Taten“, für die erst die strafrechtlichen Grundlagen geschaffen werden müssen, verfolgt und dann ggf. geahndet werden.

Die Lösung ist denkbar einfach: die Legalisierung der ärztlichen Assistenz bei einem freiverantwortlichen Suizid – aber auch den dürfte es wohl kaum zum „Nulltarif“ geben. Und dass es innerhalb der Ärzteschaft nicht gerade wenige gibt, die sich in bestimmten Situationen auch eine Mitwirkung vorstellen könnten, ist erfreulich und sollte zum weiteren Nachdenken ermutigen, ob nicht die von den Kammern vertretene standesethische Position aufzugeben ist. Es spricht nicht gerade für Realitätsnähe, wenn etwa die BÄK und ihr folgend etliche Landesärztekammern meinen, dass auch der assistierte Suizid nach wie vor und auch in der Zukunft entschieden abgelehnt wird. Die Umfragen belegen dies nicht und es fragt sich, warum die Kammern uns Glauben schenken wollen, dass mit „wir“ die gesamte Ärzteschaft gemeint sein soll?
Wir vertreten nicht immer die herrschende Lehre!

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