Statement Pro Pflege ... zur Patientenverfügung - Gesetz

Rechtsbeziehung Patient – Therapeut / Krankenhaus / Pflegeeinrichtung, Patientenselbstbestimmung, Heilkunde (z.B. Sterbehilfe usw.), Patienten-Datenschutz (Schweigepflicht), Krankendokumentation, Haftung (z.B. bei Pflichtwidrigkeiten), Betreuungs- und Unterbringungsrecht

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WernerSchell
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Statement Pro Pflege ... zur Patientenverfügung - Gesetz

Beitrag von WernerSchell » 16.12.2008, 07:57

Aus Forum Werner Schell:
viewtopic.php?t=10290

Statement zur Patientenverfügung - Gesetz
abgedruckt in Zeitschrift CAREkonkret, Ausgabe vom 28.11.2008, Seite 6


Leserbrief: Patientenverfügungen
Kritik an den Gesetzentwürfen

Leserbrief von Werner Schell - Leiter des Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerkes in Neuss, zur Berichterstattung über die unterschiedlichen Gesetzentwürfe zum Umgang mit Patientenverfügungen.

Neuss - Grundsätzlich fällt es in die alleinige Kompetenz der BürgerInnen, darüber zu befinden, welche Behandlungen und Pflege sie zukünftig wollen oder gerade nicht. Dies ergibt sich aus der verfassungsrechtlich garantierten Werteordnung (Art. 1 und 2 Grundgesetz). Diese Werteordnung hat auch der Gesetzgeber zu beachten.
Daher halte ich alle Vorschläge, die darauf abzielen (aus welchen Gründen auch immer), das Entscheidungsrecht der BürgerInnen in Patientenverfügungen einzuschränken, für nicht zulässig, sogar für verfassungsrechtlich problematisch. Auch die Schutzfunktion des Staates lässt es nicht zu, die Autonomie der Menschen in gravierender Weise einzuschränken und ihnen bürokratische Hürden aufzuerlegen (notarielle Beurkundungen mit zwingender ärztlicher Beratung), mit denen sie im alltäglichen Leben nicht zurecht kommen.
Deshalb sind die vorliegenden Gesetzentwürfe, insbesondere der Bosbach-Entwurf, abzulehnen. Sie dürfen nicht Gesetz werden! Selbst der Generalsekretär der CDU, Profalla meint, dass es besser sei, kein Gesetz zu beschließen, als auf der Grundlage der vorliegenden Entwürfe eine Entscheidung zu treffen.
Aus der Patienten- und Selbsthilfesicht muss ein Gesetz zur Patientenverfügung die Patientenautonomie in den Mittelpunkt stellen. Alles andere ist abzulehnen.

Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk
Werner Schell - http://www.wernerschell.de
Zuletzt geändert von WernerSchell am 10.02.2009, 17:19, insgesamt 3-mal geändert.
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
https://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/
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Cicero
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Patientenverfügung Geltung verschaffen !

Beitrag von Cicero » 21.12.2008, 10:31

Hier passt meine Positionsbeschreibung aus
Diskussionsforum: „Leben mit Demenz und Patientenverfügung“
viewtopic.php?p=39753#39753
wohl auch hin:

Vorsorge per Patientenverfügung für die Demenz kann rechtlich nicht ausgeschlossen sein!
Lutz Barth hat geschrieben: ...
(1) Dürfen wir für den Fall einer späteren Demenzerkrankung auch eine Patientenverfügung verfassen? Sollte der Gesetzgeber vielleicht eine patientenautonome Verfügung für den Fall einer späteren Demenzerkrankung ausschließen?

(2) Darf die humane Gesellschaft es zulassen, dass der künftige Demenzpatient für sich ein „Leben mit Demenz“ für nicht „lebenswert“ erachtet? Was folgt hieraus?

(3) Sind wir vielleicht dazu verpflichtet, für den Fall einer späteren Demenzerkrankung überhaupt davon Abstand zu nehmen, einen Patientenverfügung für dieses Krankheitsbild zu verfassen, weil unsere Persönlichkeit sich verändert hat und wir im Zweifel eine „andere Person“ sind, für die wir bereits im Vorfeld unserer Erklärungen Verantwortung zu tragen haben?
...
Guten Morgen allerseits!

ich denke, dass es hier nicht um längere Erklärungen gehen soll. Meine einfachen Antworten:

(1) Das Selbstbestimmungsrecht der Menschen lässt es m.E. zu, auch für den Fall einer Demenz per Patientenverfügung Grenzen in der Therapie aufzuzeigen. Das darf durch eine gesetzliche Regelung nicht ausgeschlossen werden. Das wäre verfassungswidrig. Per Gesetz können allenfalls Vorschriften geschaffen werden, die die Bestimmtheit einer Patientenverfügung betreffen.
(2) Es kann und darf für keine Krankheit / Lebenssituation ausgeschlossen werden, per Verfügung genaue Festlegungen zu treffen (so wie Herr Bosbach ins Auge gefasst hat). Alles andere wäre eine verfassungswidrige Einschränkung der Rechte aus Art. 1 und 2 GG. Der Mensch hat, soweit seine Willensbekundungen bei entsprechender Einsichts- und Steuerungsfähigkeit zustande gekommen ist, klare Grenzlinien zu ziehen. Er darf allerdings nicht andere verpflichten, "Hand anzulegen" (= aktive Sterbehilfe).
(3) Auch bei einer Demenz muss eine Patientenverfügung fortgelten. Alles andere wäre nicht vertretbar. Die Schwierigkeiten können allerdings darin gesehen werden, textlich genaue Bestimmungen vorzugeben, die andere zweifelsfrei verpflichten. Würde man die Demenz aus der Verfügungsgewalt herausnehmen, müssten sich zwangsläufig weitere Fragen bezüglich einschränkender Lebenssituationen stellen. Das kann und darf kein Maßstab sein.

Mit freundlichen Grüßen
Cicero
Politisch interessierter Pflegefan!
Im Gleichklang: Frieden - Ausgleich - Demokratie - und: "Die Menschenwürde ist unantastbar"!

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