Patientenverfügung und Ethik-Kartell!
Wir haben schon des Öfteren darüber berichten müssen, dass mit Blick auf die patientenautonomen Entscheidungen des Patienten in unserem Lande ein erheblicher Normierungsbedarf besteht.
Die einst so lebhaft geführte Debatte um die Patientenverfügung scheint langsam aber sicher aus dem Bewusstsein einzelner Abgeordneten zu schwinden, die eigentlich dazu berufen sind, aktiv an den grundrechtlichen Schutzverpflichtungen des Bundesgesetzgebers mitzuwirken. Das Patientenverfügungsgesetz rückt in die Ferne und es steht zu befürchten an, dass sich keine Mehrheiten hierzu finden lassen. Die Parteien, die das „C“ in ihrem Namen tragen, begeben sich auf die Suche nach Gleichgesinnten, die da meinen könnten, dass die Rechtsfragen um die Patientenautonomie und ein selbstbestimmtes Sterben nicht normierbar seien.
Die große ethische Gemeinschaft, bestehend aus Bundesärztekammer, den Christdemokraten und Christsozialen und freilich den Kirchen, ist im Begriff, konservative Werte in unserem vermeintlich säkularen Verfassungsstaat zu revitalisieren.
Die Folgen stellen sich dann auch prompt ein: Manche Abgeordnete erliegen der ethischen Instrumentalisierung durch die wertkonservativen Denker unserer Zeit und „verweigern“ ihre konstruktive Mitarbeit im Parlament. Die gebotene säkulare Ethik, die unabhängig von Wertedebatten stets dem Geiste unserer Verfassung innewohnt, wird durch ein Ethik-Kartell verdrängt, dass „höhere sittliche Werte generiert“. Der selbstbestimmungswillige Grundrechtsträger in seiner Rolle als autonomer Patient wird mit einer transzendenten Verheißung konfrontiert, die nicht mehr als ein Blick in die ethische Glaskugel ist. Schleichend entziehen sich wohl große Teile der Abgeordneten ihrer „Berufung“ und „Bestimmung“ aus Respekt vor den Kirchen und damit verabschieden wir uns endgültig von der zwingend geboten Neutralität des Staates in Glaubensfragen.
Der „Glaube versetzt nicht nur Berge“ oder ermöglicht die „Speisung der Fünftausend“, sondern er führt im Zweifel auch dazu, dass den Bürgerinnen und Bürger ihrer selbstverständliche Grundrechte verlustig gehen.
Dass die Rechtsfragen rund um die Patientenverfügung normierbar sind, zeigen die entsprechenden Alternativ-Entwürfe und sofern hier einzelne Politiker überfordert sind, mögen diese – wie im Übrigen in anderen Sachbereichen auch – qualifizierten und ggf. außerparlamentarischen Sachverstand einbinden.
Es reicht völlig zu, wenn der Einzelne sich dafür entscheidet, seinen speziellen christlichen Tod zu sterben, um nicht mit dem eisernen Gesetz von der „Heiligkeit des Lebens“ in Konflikt zu geraten. Dieses „Gesetz“ ist allerdings nicht rechtsverbindlich, mag dies auch dem Wunsch der Mitglieder des Ethik-Kartells entsprechen.
Lutz Barth
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